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Christoph Kanzler-Kolumne 09.12.2013 16:30:00

Wenn Einfachheit Vollendung bedeutet

Kolumne

Diese Erkenntnis findet sich in gewisser Weise auch in den Ausführungen eines Nobelpreisträgers wieder. Konfuzius meinte einmal, dass das Leben sehr einfach sei, wir es aber unbedingt verkomplizieren wollten. Diese Erkenntnis von Chinas Vorzeigephilosoph lässt sich auch auf die Geldanlage übertragen.

So sind etwa Investments oft komplex. Eine Komplexität, die nicht selten mit fehlender Transparenz einhergeht. Die hoch entwickelten und sich über mehrere Ebenen erstreckenden Finanzderivate, die zur globalen Finanzkrise vor fünf Jahren beigetragen haben, sind gute Beispiele dafür. Diese Produkte waren für viele Investoren problematisch, da sie so komplex waren, dass nur sehr schwer zu verstehen war, wie sie konzipiert und bepreist waren und ob ihre Renditen überhaupt zum Bedarf des Anlegers passen würden. Der Anreiz für viele Finanzdienstleister und die Medien, Investments so kompliziert wie möglich erscheinen zu lassen, war klar; einige Investmentbanken etwa nutzten die Komplexität als Rechtfertigung für überhöhte Preise.

Im Vergleich damit sind die zugrundeliegenden Aktien und Anleihen, die jeden Tag auf den öffentlichen Kapitalmärkten gehandelt werden, wo sich die Kurse aufgrund von Nachrichten sowie Ebbe und Flut in Angebot und Nachfrage ständig ändern, mit weit weniger Geheimnissen behaftet. Der Wert dieses äußerst wettbewerbsorientierten Marktes für die meisten Investoren besteht darin, dass die Kurse rasch neue Informationen widerspiegeln und umfangreiche Informationen zu Risiko und Rendite liefern.

Aus diesen Millionen an Wertpapieren können diversifizierte Portfolios um bekannte Renditegrößen entsprechend dem Appetit und Bedarf jedes Einzelnen gebildet werden. Die wettbewerbsorientierte Ausrichtung der öffentlichen Kapitalmärkte, die Effizienz der Preisbestimmung und die Schwierigkeit, sich einen Vorteil zu erarbeiten, sind das, was die "Hypothese über effiziente Märkte" von Professor Eugene Fama, der kürzlich den Nobelpreis für Wirtschaft erhielt, untermauert. Die praktische Schlussfolgerung aus Famas Arbeit ist im Wesentlichen folgende: Der Anleger tut besser daran, den Markt für sich arbeiten zu lassen, als zu versuchen, ihn mit komplexen, teuren und letztendlich zwecklosen Strategien zu schlagen.

In seinem Artikel in der Financial Times zum Nobelpreis schrieb der Ökonom und Kolumnist Tim Harford, dass Fama Millionen Menschen geholfen habe, indem er ihnen die Vergeblichkeit der Auswahl von Aktien, der Suche nach Mehrwert generierenden Managern oder von Market Timing zum eigenen Vorteil vor Augen geführt habe. "Wenn mehr Investoren effiziente Markttheorien ernst genommen hätten, wären sie gegenüber Subprime-Werten, die irgendwie als sehr sichere Anlagen mit hohen Erträgen galten, äußerst skeptisch gewesen", so Harford.

Im "Sydney Morning Herald" meinte der Journalist und Ökonom Peter Martin sogar, dass die Welt tief in der Schuld Famas stehe. Fama habe konsequent gezeigt, "dass, falls die Menge im Supermarkt groß genug ist oder es genügend Fahrzeuge auf den Autobahnen gibt, man keinen Vorteil hat, wenn man die Warteschlange an der Kasse oder die Fahrspur wechselt. Jeder, dem geholfen hätte werden können, hat sich bereits selbst geholfen."

Vielen Menschen mag das widersinnig erscheinen. Schließlich ist das Geheimnis für den Erfolg in vielen Bereichen unseres Lebens, wie beispielsweise im Beruf, hart zu arbeiten, aggressiven Wettbewerb zu führen und ständig nach einem Vorsprung vor unseren Wettbewerbern zu suchen.

Einer der beiden anderen Wissenschaftler, mit denen sich Fama den Nobelpreis in diesem Jahr geteilt hat – Robert Shiller – vertritt die Ansicht, dass Märkte irrational sein können und menschlichem Versagen unterliegen. Damit wird er oft als philosophischer Gegner Famas bezeichnet. Praktisch gesehen sind sich aber beide Autoren einig darüber, dass es für einen durchschnittlichen Investor sehr schwierig ist, mit den öffentlich verfügbaren Informationen am Markt zu handeln und damit reich zu werden. Die meisten Menschen handeln zu viel oder unterschätzen die Unvorhersehbarkeit der Kursentwicklung. So kauften sich beispielsweise viele Investoren während der Finanzkrise in raffinierte Handelsstrategien ein, die sie im Zuge der anschließenden Erholung, die die Kurse auf manchen Märkten mittlerweile auf Mehrjahres- oder sogar Rekordhochs getrieben hat, an den Rand gedrängt hat.

Das "einfache" Konzept beinhaltet, drei Kernprinzipien zu beherzigen: Die Märkte reflektieren die kumulierten Erwartungen der Investoren in Bezug auf Risiken und Rendite, die Diversifizierung reduziert Unsicherheiten und der Anleger kann durch die Strukturierung eines Portfolios auf der Basis bekannter Marktprämien Mehrwert generieren. Für den einzelnen Investor sind wesentliche Eigenschaften wie Disziplin und die Gebühren und Kosten niedrig zu halten essentiell.

Das alles mögen ziemlich einfache Gedanken sein. Aber – um einen anderen Philosophen, nämlich Leonardo da Vinci, zu zitieren – Einfachheit ist die höchste Stufe der Vollendung.



Christoph R. Kanzler ist Leiter der Niederlassung Deutschland, Österreich und Schweiz von Dimensional Fund Advisors. Die Fondspalette von Dimensional umfasst mehr als 100 Aktien- und Anleihenportfolios weltweit. Das Unternehmen ist global aktiv und hat aktuell 265 Milliarden US-Dollar Assets under Management.
Vor seiner Tätigkeit bei Dimensional war Kanzler Leiter Business Development bei der quirin Bank, zuvor besetzte er verschiedene Positionen bei der Citigroup, Credit Suisse und DAB Bank.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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