Stephan Heibel-Kolumne |
14.02.2013 10:45:00
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Schweizer Franken weiterhin gefragt
Schauen wir uns also die Sache einmal näher an. Sie erinnern sich an die Immobilienkrise 2007/2008 in den USA, die sich auf die gesamte Finanzwelt ausweitete und in deren Folge „systemrelevante“ Banken weltweit von ihrem jeweiligen Heimatstaat gerettet wurden. Die finanzielle Belastbarkeit vieler Staaten war damit am Limit und jene, deren Haushalt nicht solide aufgestellt war, gerieten schon bald in Schieflage. Es folgte die Euro-Schuldenkrise seit 2010, begonnen mit Griechenland und ausgeweitet auf die PIICS, für deren Rettung die EZB den Zins auf ein Rekordtief senkte und dennoch einen Wertverfall des Euros mit ansehen musste.
Auch in der arabischen Welt gab es einige Währungs- und Staatsschuldenturbulenzen, sodass auch dort die gewünschte Stabilität für große Vermögen angekratzt war. In den USA folgte ein Drama um die Erhöhung der Defizitgrenze (ja, steht uns nun auch wieder bevor) sowie der Wegfall vieler Steuererleichterungen.
All dies führte zu einem Abwärtstrend wichtiger Währungen. Der Goldpreis erreichte seinen Höchststand, und große Vermögen suchten nach Alternativen. In diesem Umfeld war die Schweiz der „Sichere Hafen“, in den Vermögen flossen, deren Wert inzwischen fast das BIP der Schweiz erreicht. Das Geld liegt nun dort auf Konten oder wird zu einem kleinen Teil in Schweizer Immobilien investiert.
Dieser Zustrom an Geld hat die Ermittlung eines vernünftigen Wechselkurses am Markt unmöglich gemacht. Wenn binnen zwei Jahren mehr Geld in das Land fließt, als es an Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und Aktienwerten gibt, dann kann der Wechselkurs nicht mehr ernst genommen werden.
Die SNB startete nach ausführlichen Gesprächen mit der Bundesbank und der US-Notenbank FED ein einmaliges Pilotprojekt: Man werde den Wechselkurs auf maximal 1,20 CHF je EUR begrenzen (ein höherer CHF-Wert würde einen Wechselkurs unterhalb 1,20 CHF/EUR bedeuten) und diese Marke mit allen Mitteln verteidigen, kündigte sie im September 2011 an. Nachdem der Kurs zuvor von 1,68 auf 1,02 CHF/EUR gestiegen war, sprang der Wechselkurs binnen weniger Minuten auf 1,20 CHF/EUR und verharrt dort seither.
Zur „Verteidigung“ dieser Marke hat die SNB inzwischen 500 Mrd. CHF an Währungsreserven angehäuft. Und das geschieht wie folgt: Wenn Sie beispielsweise Ihren Sparstrumpf in die Schweiz überweisen und Franken dafür haben möchten, der Wechselkurs jedoch bereits bei 1,20 CHF/EUR steht, dann würden Sie offensichtlich den Kurs des CHF antreiben. Sie würden von einem anderen Marktteilnehmer weniger als 1,20 CHF für Ihren Euro erhalten und schwups wäre der Kurs unter der Marke.
Um dies zu verhindern, gibt Ihnen die SNB einfach die gewünschten CHF zum Wechselkurs von 1,20 CHF/EUR. Wo sie die hernimmt? Nun, die druckt sie einfach, hätte man früher gesagt. Heute schafft Sie dieses Geld durch einen Knopfdruck am Computer. Früher wie heute wurde das Geld „aus dem Nichts“ geschaffen. Die SNB erhält die Euro, Sie erhalten die Franken und 0% Zinsen darauf. Die SNB legt ihre Euro in deutschen und französischen Staatsanleihen an, inzwischen diversifiziert sie auch in andere Währungen und kauft auch in kleinem Umfang Anleihen der Club-Med Länder an.
Dieser Vorgang ist also seit September 2011 so häufig erfolgt, dass die SNB heute auf Fremdwährungen (also Währungsreserven) in Höhe von 500 Mrd. CHF sitzt.
Nun also zu den beiden Sorgen der Finanzpresse: 1. Inflation
Es handelt sich um Geld, das auf Konten liegt oder das teilweise auch zum Kauf von Immobilien in der Schweiz genutzt wird. Inflation auf dem Immobilienmarkt? Ja, die Gefahr besteht, und hier steuert die SNB bereits mit gezielten Maßnahmen gegen. Doch Inflation, die in der gesamten Bevölkerung zu spüren ist, bei einem Zinsniveau von 0%? Nun, da müssten die großen Vermögen auf den Konten schon dazu verwendet werden, Schokolade, Uhren und Käse zu kaufen.
Ich persönlich kann sehr viel Schokolade und Käse essen, aber spätestens bei der Uhr muss ich passen: Mehr als eine kommt nicht an mein Handgelenk. Spaß beiseite, die Schweiz verfügt auch über Industrien. In den vergangenen Jahren hat sich die Exporttätigkeit stark erhöht. Die großen Vermögen auf den Konten bleiben dort liegen und werden nicht in die Konjunktur, in das BIP der Schweiz eingreifen. Ich sehe auf absehbare Zeit keinen übermäßigen Inflationsdruck für die Schweiz.
2. Verlust des Volksvermögens
Wenn Sie verstanden haben, wie die Währungsreserven entstanden sind, dann werden Sie auch verstehen, wie die SNB damit umgehen wird, wenn das Geld mal wieder abgezogen wird: Irgendwann werden die großen Vermögen wieder in die Heimat zurückgeholt. Mag sein, dass dies bereits Mitte Januar begonnen hat, als der CHF plötzlich auf 1,25 CHF/EUR stieg. Da haben also Anleger ihr Konto in der Schweiz geräumt und zurück in Euro getauscht. Die SNB steht am Markt bereit, um mit ihren Währungsreserven (500 Mrd. CHF) solche Vermögensabzüge zu bedienen. Sie wird also die vorhandenen Euro wieder zurückgeben und erhält ihre früher aus dem Nichts geschaffenen Franken wieder.
Was wird sie mit diesen Franken machen? Nun, sie wird sie wieder in das Nichts befördern. Denn genauso wie die Notenbank Geld erschaffen kann, so kann sie das Geld auch wieder vernichten.
Vielleicht ist sie mal nicht schnell genug, und so steigt der Wechselkurs (sinkt der Wert des CHF) auf vorübergehend 1,25 CHF/EUR. Aber dann wird sie am Markt aktiv und ihre eigenen Währungsreserven so lange eintauschen, bis der Kurs wieder bei 1,20 CHF/EUR steht oder bis sie ihre Währungsreserven auf ein vernünftiges Maß zurückgefahren hat.
Daraus können Sie nun also die Angst um das Volksvermögen anders betrachten: Es ist egal, zu welchem Kurs die SNB das aus dem Nichts geschaffene Geld wieder ins Nichts zurückführt. Wichtig für die SNB ist am Ende nur, wieviel Währungsreserven übrig bleiben, wenn die Bewegung der vergangenen zwei Jahre wieder ausgeglichen ist. Und je nach Aggressivität des eigenen Vorgehens kann Sie diese Ziffer selbst mit beeinflussen.
Fazit:
Kurzfristig kann es immer wieder kurze Ausschläge auf 1,25 oder sogar 1,30 CHF/EUR geben. Mittelfristig sollte der Kurs sodann stets wieder in Richtung 1,20 CHF/EUR zurückkehren. Und langfristig ist natürlich auch die Wirtschaftsentwicklung der Schweiz im Verhältnis zur EU eine Determinante des Wechselkurses – und derzeit sieht es gut aus in der Schweiz, sodass die verteidigte Extremgrenze von 1,20 CHF/EUR vielleicht in zwei oder drei Jahren als fair angesehen werden kann.
In meinem Börsenbrief Heibel-Ticker verzichte ich daher auf Spekulationen in der Schweizer Währung. Auf der Suche nach einem „Sicheren Hafen“ gehe ich daher regelmäßig auf Unternehmensanleihen und Aktien mit hoher Dividendenrendite ein. Sie können sich gerne kostenfrei und unverbindlich in meinen Verteiler eintragen.
Stephan Heibel ist Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes und Betreiber der Finanzinformationsdienste Aktien-Meldungen und animusX. Seine Kunden sind Privatanleger, die mit einem vertretbaren Zeitaufwand ihre Anlageentscheidungen selber treffen möchten.
Mit dem Heibel-Ticker wird Hintergrundwissen über die Börsen vermittelt sowie aus einer Vielzahl an Informationen das für Privatanleger Wesentliche herausgefiltert. Stephan Heibel sagt dazu: "Die Heibel-Ticker Kundschaft fluktuiert kaum, sie wächst stetig."
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