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Stephan Heibel-Kolumne 10.04.2013 13:00:00

First Solar ruft Boden für Solarbranche aus

Kolumne

1. First Solar kauft TetraSun und vollzieht damit einen Strategiewechsel von Dünnschichtmodulen hin zu den herkömmlichen kristallinen Solarmodulen.
2. Die Umsatzprognose für 2013 fiel mit 3,8 bis vier Milliarden US-Dollar deutlich höher aus als die von Analysten erwarteten 3,1 Milliarden Dollar. Auch die Gewinnprognose übertraf mit vier bis 4,50 Dollar je Aktie die erwarteten 3,51 Dollar je Aktie deutlich.
3. Die Kosten per Watt Stromerzeugung werden laut First Solar in den kommenden vier Jahren um weitere 40 Prozent von derzeit 66 auf dann 40 Cents fallen. Noch vor vier Jahren lagen die Kosten über einem US-Dollar.

Jede der drei Nachrichten allein ist schon eine kleine Sensation. Gehen wir die Bedeutung einmal im Einzelnen durch:

Zu 1.: First Solar hat sich einen eigenen Markt erschlossen: Dünnschichtmodule. Diese Technologie ist billiger und weniger effizient. Sie eignet sich für große Solarparks, bei denen Fläche keine Rolle spielt. Insbesondere Solarkraftwerke werden also mit Dünnschichtmodulen ausgestattet und erzielten trotz der geringeren Effizienz aufgrund des großen Kostenvorteils günstigere Herstellungskosten für die Stromerzeugung.

TetraSun hingegen bietet die herkömmlichen, hocheffizienten aber teuren kristallinen Solarmodule an, wie sie auch von Solarworld, von SunPower, Trina Solar, Yingli Green Energy und LDK Solar verwendet werden.

Ab Ende 2014 will First Solar dann dank der Übernahme von TetraSun eigene kristalline Solarmodule anbieten und tritt somit in direkte Konkurrenz zu den anderen Solarunternehmen. First Solar verlässt die eigene Nische und tritt als zusätzlicher und äußerst kapitalstarker Wettbewerber in den herkömmlichen Solarmarkt. Der Wettbewerb wird sich verschärfen.

Als Grund für diesen Schritt nannte First Solar die Erkenntnis, dass Dünnschichtmodule niemals für die speziellen Anforderungen in Städten und Ballungsgebieten eingesetzt werden können, wo die verfügbare Fläche gering ist und daher eine hohe Effizienz bei der Solarstromgewinnung erzielt werden muss. Eine Erkenntnis, die nicht neu ist. Die Solarunternehmen mit kristallinen Modulen haben dies „schon immer gesagt“. Doch First Solar hat mit seinem Produkt zwischenzeitlich so gut verdient, dass es nun über Barliquidität von über eine Milliarde Dollar verfügt und somit als finanzstarker Wettbewerber in den Markt der kristallinen Module eintritt. Dort sind viele Solarunternehmen bereits insolvent gegangen und viele weitere kurz stehen kurz davor.

Zu 2.: Fist Solar sprach von einer Bodenbildung in der Solarbranche. Bodenbildung beim Preiswettbewerb. Insbesondere die chinesischen Solarunternehmen konnten jahrelang aufgrund der heimischen Förderungen weltweit günstige Preise anbieten. Der Zugang zu günstigen Krediten und günstigen Produktionskosten in China drängte andere Solaranbieter aus dem Markt.

Es ist noch ungewiss, ob die neue chinesische Regierung diese günstigen Bedingungen für die Solarbranche beibehalten wird. Einige Beobachter gehen davon aus, dass auch die chinesische Solarbranche künftig stärker dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt wird. Die Überkapazitäten, die in den Boomzeiten des Solarhypes geschaffen wurden, seien nach Aussage von First Solar inzwischen fast vollständig abgebaut.

Zu 3.: Wir haben uns an die fallenden Kosten für die Solarstromerzeugung gewöhnt. Vielfach spricht man auch hier von einer angepassten Version von Gordon Moores Law: Alle 18 Monate verdoppelt sich die Geschwindigkeit und Kapazität von Computern. Für die Solarbranche spricht man zwar nicht gleich von Verdopplung, aber die Effizienzsteigerung und gleichzeitige Kostenreduktion wird immer weiter gehen.

Doch lange haben wir keinen neuen Impuls mehr erhalten, zu viele Solarunternehmen stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Chinesen haben die Führung in der Solarbranche übernommen und senken die Kosten überwiegend durch steigende Skalenerträge, sprich Massenproduktion.

Der Eintritt von First Solar in den Markt der kristallinen Module und die gleichzeitige Ankündigung, die Kosten in den kommenden vier Jahren um weitere 40 Prozent zu senken, ist ein willkommener Impuls für die fast schon festgefahrene Solarbranche. Eigentlich nichts Neues, aber viele Marktbeobachter hatten schon die Befürchtung, dass die Kostensenkungen zu einem baldigen Ende kommen könnten.

Die Folgen:
Nachdem wir uns die drei Neuigkeiten näher angeschaut haben, ist es leicht zu beurteilen, wer davon profitieren wird und wer nicht. Anbieter kristalliner Solarmodule erhalten einen zusätzlichen Wettbewerber, der zudem über eine starke Bilanz und hohe liquide Mittel verfügt. Der ruinöse Preiskampf wird sich dennoch abschwächen, da die Überkapazitäten der vergangenen Jahre weitgehend abgebaut sind. Es bleibt jedoch dabei, dass Solarunternehmen weiter in Forschung und Entwicklung investieren müssen, um mit den Effizienzsteigerungen Schritt zu halten.

Für einen ausgebombten Markt ist das sehr positiv, daher die heutigen Kurssprünge in der deutschen Solarbranche um bis zu 15 Prozent. Doch ich gehe davon aus, dass hier viele Shortseller auf dem falschen Fuß erwischt wurden und somit den Kurssprung verstärkt haben. Das dürfte in den kommenden Tagen in der einen oder anderen Aktie noch fortgesetzt werden. Hier habe ich insbesondere die Solarworld, SMA Solar und Wacker Chemie im Auge.

Doch mittelfristig muss insbesondere die Solarworld zeigen, dass sie trotz ihrer inzwischen schwachen Kapitaldecke mit den Innovationen der Wettbewerber Schritt halten kann. Da ist es in meinen Augen verfrüht, die Aktie kräftig in die Höhe zu jubeln. Andere Unternehmen profitieren da stärker von diesem Ereignis, ich denke da beispielsweise an die Anbieter von Produktionsanlagen für die Solarindustrie. In diesem Bereich werde ich in den kommenden Tagen stärker forschen, um die wahren Profiteure eines wiederbelebten Solarmarktes zu finden.

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Stephan Heibel ist Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes und Betreiber der Finanzinformationsdienste Aktien-Meldungen und animusX. Seine Kunden sind Privatanleger, die mit einem vertretbaren Zeitaufwand ihre Anlageentscheidungen selber treffen möchten.
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