Umsätze rückläufig |
03.08.2017 13:41:00
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Siemens-Aktie fällt tief: Siemens-Wachstum bleibt unter den Erwartungen
Vorstandschef Joe Kaeser, dessen Vertrag am Mittwoch vorzeitig verlängert worden war, sprach von einem soliden Quartal, verhehlte jedoch nicht, dass die Luft auf dem Niveau dünner werde, auf dem sich der Konzern inzwischen bewege. Das fulminant laufende kurzzyklische Geschäft werde nicht immer so weiter gehen. Im Geschäft mit Großturbinen stehe Siemens angesichts der Energiewende vor einem strukturellen Wandel.
Belastungen durch Gamesa und Mentor
Die viel beachtete Marge im Industriegeschäft lag mit 10,4 Prozent unter dem angepeilten Korridor von 11 bis 12 Prozent. Grund dafür sind Belastungen im Zusammenhang mit der Integration von Gamesa (36 Millionen Euro) und dem übernommenen US-Softwareunternehmen Mentor Graphics (77 Millionen Euro). Beides zusammen schmälerte die Marge um 60 Basispunkte.
Bei Mentor Graphics seien auch im vierten Quartal Belastungen in vergleichbarer Größenordnung zu erwarten, kündigte Finanzvorstand Ralf Thomas in einer Telefonkonferenz an. Ansonsten laufe die Integration des US-Softwareunternehmens aber nach Plan.
Sieben von neun Bereichen im industriellen Geschäft lieferten höhere Ergebnisbeiträge. Besonders stark lief es in der Digital Factory und bei dem inzwischen selbstständigen Medizintechnikgeschäft Healthineers, sie lieferten den größten Beitrag und das größte Wachstum. Schwäche zeigten dagegen die Geschäfte mit der Windenergie, mit der konventionellen Kraftwerkstechnik und im Energiemanagement. In Power & Gas brach das Ergebnis bei 12 Prozent weniger Umsatz um 23 Prozent ein, in Energy Management trotz Wachstums um 14 Prozent. Siemens machte dafür einen ungünstigen Produktmix verantwortlich.
Kostensenkungen im Visier
Die Schwäche in diesen Bereichen wird sich nach Einschätzung von Finanzvorstand Ralf Thomas im laufenden Quartal fortsetzen. Er kündigte Maßnahmen zur Kostensenkung an, um die Probleme zu adressieren. Das gilt auch für Siemens Gamesa. Die Siemens-Tochter sei deutlich unter ihren Möglichkeiten geblieben, sagte der zuständige Vorstand Michael Sen.
Insgesamt übertraf das DAX-Schwergewicht im industriellen Geschäft mit 2,25 Milliarden Euro das Ergebnis aus dem Vorjahr um 3 Prozent. Der Konzernumsatz stieg auf 21,4 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieben 1,5 Milliarden Euro Gewinn, ein Plus von 7 Prozent.
Dass es für Siemens nicht leichter werden wird, zeigt der Auftragseingang. Er ging auf vergleichbarer Basis um 9 Prozent auf 19,8 Milliarden Euro zurück, vornehmlich, weil Großaufträge ausgeblieben sind. So vermeldete Siemens im Kraftwerksgeschäft einen Rückgang der neuen Orders um 41 Prozent. Finanzvorstand Thomas rechnet im laufenden vierten Quartal jedoch mit einer Besserung.
Analysten hatten Siemens nach Daten von Factset im Schnitt 10 Prozent Umsatzwachstum, 2 Prozent mehr Nettogewinn und um 2 Prozent steigende Auftragseingänge zugetraut.
Die Prognosen bestätigte Siemens. Danach peilt das Management für das Geschäftsjahr 2016/17 geringes Umsatzwachstum und eine Marge im industriellen Geschäft von 11 bis 12 Prozent an. Das unverwässerte Ergebnis je Aktie soll zwischen 7,20 und 7,70 Euro liegen.
Das größte Vorhaben in nächster Zeit wird der bereits seit längerem angepeilte Börsengang der Medizintechnik sein. Siemens legte dazu einen Zeitplan vor. Danach ist ein klassisches Initial Public Offering (IPO) im ersten Halbjahr 2018 geplant, bei dem Aktien am Markt verkauft werden. Siemens will allerdings die Kontrolle über das Unternehmen behalten. Unklar ist noch, ob der Börsengang in Frankfurt oder in New York stattfindet. In den USA seien die meisten Peer-Unternehmen gelistet, sagte der zuständige Manager Sen.
(Vorerst) keine News zu Fusionsplänen im Bahngeschäft
Keine Neuigkeiten gab es zu einer möglichen Fusion des Bahngeschäfts, nachdem am Mittwoch noch Spekulationen die Runde machten, Siemens und Bombardier stünden unmittelbar vor einer Ankündigung. Siemens-Finanzchef Thomas sagte, man könne die Entwicklung in China nicht ignorieren. Dort ist durch eine Großfusion ein Anbieter entstanden, der größer ist als alle drei führenden Wettbewerber in Europa - Siemens, Bombardier und Alstom - zusammen.
Derzeit sieht sich Siemens mit seinem Bereich Mobility allerdings technisch und wirtschaftlich führend. Siemens-Chef Kaeser sagte, natürlich werde man auf Dauer eine starke Nummer zwei am Markt bauen. Auf eine schnelle Fusion im Eisenbahnsektor würde er allerdings nicht wetten.
Kaeser äußerte sich auch zu den Folgen der neuen Geschäftspolitik im Russlandgeschäft, wo Siemens künftig auf bestimmte Aufträge verzichten will, die durch Sanktionen betroffen sein könnten, nachdem vier Turbinen des Konzerns entgegen den EU-Sanktionen auf der von Russland völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel Krim gelandet sind. 100 bis 200 Millionen Euro Jahresumsatz würden dadurch verloren gehen, schätzt Kaeser. Aktuell macht der Konzern jährlich 1 Milliarde Euro Umsatz mit Russland.
Am Markt löste vor allem der Auftragseingang Verkäufe aus. Die Siemens-Aktie fiel auf die bisher niedrigsten Notierungen in diesem Jahr. Bis zum späten Vormittag verliert der Kurs 3,1 Prozent auf 112,40 Euro. Händler sprechen von Stop-Loss-Verkäufen. "Angesichts der guten Industriekonjunktur ist das eine negative Überraschung", sagt Heino Ruland von Ruland Research zu den Auftragsdaten. "Der starke Nettogewinn wird davon überschattet", meinte er.
Andere Marktteilnehmer werteten negativ, dass der Börsengang der Healthcare-Sparte erst 2018 komme. Die Analysten der UBS setzen immerhin darauf, dass die Vertragsverlängerung für Joe Kaeser und Details zum Börsengang den Kurs wieder nach oben treiben.
MÜNCHEN (Dow Jones)
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