GELD-Magazin 04.01.2017 09:30:00

Neues Erbrecht bringt Änderungsbedarf für Privatstiftungen

Kolumne

Die Ansprüche übergangener Pflichtteilsberechtigter stellen für Privatstiftungen ein großes Risiko dar, da Pflichtteilsberechtigte mitunter bei Ermittlung ihrer Pflichtteilsansprüche auch die Vermögenswerte in der Stiftung zugrunde legen dürfen. Bei unzureichendem Nachlass können Vermögenswidmungen an Privatstiftungen zurückgefordert werden. Auf diesem Weg kann bis zu 50 Prozent des Stiftungsvermögens nach Ableben des Stifters gefährdet sein.

An dieser Rechtslage hat sich grundsätzlich auch nach der Erbrechtsreform nichts geändert; solange der Stifter sich wesentlich Einflussrechte in der Stiftung vorbehält (etwa ein Änderungs- oder Widerrufsrecht), ist das Stiftungsvermögen bei der Ermittlung der Pflichtteilsansprüche zu berücksichtigen. Allerdings muss sich ein Pflichtteilsberechtigter ab Jänner 2017 alles auf seinen Anspruch anrechnen lassen, was er als Begünstigter einer Privatstiftung schon zu Lebzeiten, aber auch aus Anlass des Todes des Erblassers und danach erhält.

Im Folgenden werden überblicksartig die wesentlichen Änderungen der Rechtslage dargestellt

Eignung einer Begünstigtenstellung zur Pflichtteilsdeckung Im Rahmen einer Liberalisierung der bislang sehr strengen Regelungen darüber, welche Zuwendungen zur Pflichtteilsdeckung geeignet sind, wird im neuen Erbrecht erstmals auch die Einräumung einer Begünstigtenstellung in Privatstiftungen explizit erwähnt. Nach bisherigem Recht war es vereinfacht gesagt so, dass nur solche Zuwendungen zur Pflichtteilsdeckung geeignet waren, die dem Pflichtteilsberechtigten sofort zukamen. Nunmehr ist gesetzlich verankert, dass auch Zuwendungen, die dem Pflichtteilsberechtigten erst über einen längeren Zeitraum liquide zufließen, grundsätzlich zur Pflichtteilsdeckung geeignet sind; so auch die Begünstigtenstellung in einer Privatstiftung.

Damit eine Begünstigtenstellung pflichtteilsdeckend ist, bedarf es einer konkreten Ausgestaltung in der Stiftungserklärung, sodass die Begünstigtenstellung einer Bewertung zugänglich ist. Stiftern ist daher zu empfehlen, die Begünstigtenregelungen in der Stiftungserklärung allenfalls neu zu gestalten. Schenkungsanrechnung neu Wie bereits bisher kann ein Pflichtteilsberechtigter verlangen, dass dem Nachlass bestimmte Schenkungen, die der Verstorbene bereits zu Lebzeiten oder von Todes wegen gemacht hat, hinzugerechnet werden. Darunter fallen Vermögenswidmungen an Privatstiftungen und (nunmehr explizit erwähnt) die Einräumung der Stellung als Begünstigter einer vom Erblasser errichteten Stiftung.

Reicht der Nachlass nicht aus, um den rechnerisch um die Schenkungen erhöhten Pflichtteil zu erfüllen, kann der verkürzte Pflichtteilsberechtigte von den Beschenkten, im konkre­ten Fall die Privatstiftung und die Begünstig­ten, die Ergänzung seines Pflichtteiles fordern. Ein solcher Anspruch kann - je nach familiärer und vermögensrechtlicher Situation des Stifters und Ausgestaltung der Stiftungserklärung - die Hälfte des gesamten Stiftungsvermögens betreffen.

Stiftern und Privatstiftungen ist daher zu empfehlen, mögliche pflichtteilsrechtliche Risiken für die Stiftung abzuklären, um eine böse Überraschung zu vermeiden.

Neue Auskunftsverpflichtung für Privatstiftungen Bislang scheiterten viele dieser gerade erwähnten Pflichtteilsergänzungsansprüche daran, dass der verkürzte Pflichtteilsberechtigte nicht wusste, an wen und in welcher Höhe Schenkungen getätigt wurden. Der bisher im Zivilrecht vorgesehene Auskunftsanspruch richtete sich nämlich nur gegen den Erben, nicht aber gegen dritte Geschenknehmer. Dies ist nun anders: Der Pflichtteilsberechtigte kann von allen Geschenknehmern Auskunft da­rüber verlangen, ob sie Zuwendungen des Erblassers erhalten haben und wenn ja, in welcher Höhe. Privatstiftungen - als Geschenknehmer des durch den Stifter gewidmeten Stiftungsvermögens - werden daher in Zukunft vermehrt mit solchen Auskunftsansprüchen konfrontiert werden.

Situation des Stiftungsvorstandes

Der Stiftungsvorstand ist durch drohende Pflichtteilsergänzungsansprüche in einer unangenehmen Situation. Es besteht einerseits das Risiko, durch Pflichtteilsergänzungsansprüche bis zur Hälfte des Stiftungsvermögens zu verlieren. Andererseits muss er unter gewissen Umständen diese drohende Gefahr auch bei der Gewährung von Zuwendungen im Rahmen der Zuwendungssperre des § 17 Abs 2 PSG berücksichtigen. Andernfalls drohen haftungsrechtliche Konsequenzen

Müller Partner Rechtsanwälte / Gastbeitrag im GELD-Magazin, 22.12.2016

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