Kaum wurden neue Gespräche von Apple und Samsung in ihrem jahrelangen Patentkrieg bekannt, schon stört der scharfe Ton in frischen Gerichtsunterlagen die Aussicht auf eine Einigung.
Die beiden Smartphone-Marktführer warfen sich gegenseitig vor, sachlichen Verhandlungen im Wege zu stehen. Dem Dokument zufolge liegen die Positionen nach wie vor weit auseinander. Die Streitparteien waren vom kalifornischen Gericht abermals zu Friedensverhandlungen aufgerufen worden und sollten dazu bis Montag Stellung nehmen.
Apple warf Samsung-Anwalt John Quinn vor, mit aggressiven Vergleichen die Stimmung vergiftet zu haben. So habe Quinn in einem Interview von mit Blick auf die Patentverfahren von "Apples Vietnam" gesprochen. Und zu den Gesprächen mit Apple zitierte ihn der Branchendienst "CNET" mit den Worten: "Es ist irgendwie schwer, mit einem Jihadisten über eine Einigung zu sprechen."
Patentkrieg Apple vs. Samsung - Diese Apple-Patente soll Samsung verletzt haben
Patent 5.946.647
System und Methode für das Ausführen von Handlungen mittels Strukturen in computergenerierten Daten
Bei diesem Patent geht es um die automatische Erkennung von E-Mailadressen, Webadressen, Telefonnummern, Datumsangaben oder ähnlichen in einem Text und deren Umwandlung in Links, durch die eine passende Tätigkeit ausgeführt wird, z.B. Öffnen des Kalenders am entsprechenden Tag oder Wählen einer Telefonnummer. Apple behauptet, dass Samsung diese Funktion von iOS geklaut habe.
Patent 6.847.959
Universelle Schnittstelle für das Aufrufen von Informationen in einem Computersystem
Dieses Patent bezieht sich auf die Suchfunktion des Smartphone-Betriebssystems iOS. Dieses durchsucht bei Eingabe eines Suchbegriffs nicht nur den Gerätespeicher des iPhones nach passenden Informationen sondern kann die Suche bei Bedarf auch auf das Internet ausweiten. Apple hat sich diese Suchfunktion patentieren lassen und geht daher gegen Samsung vor, da die auf dem Betriebssystem Android basierenden Smartphones des koreanischen Konkurrenten eine ähnliche Suche anbieten.
Patent 7.469.381
Das Navigieren durch Listen und das Verschieben, Skalieren und Rotieren von Dokumenten auf einem Touchsreen-Display
Mit diesem Patent hat sich Apple unter anderem ein Schutzrecht darauf gesichert, wie sich Inhalte auf dem Smartphone verhalten, wenn sie über den Bildschirmrand gezogen werden: Sie springen dann wieder in ihr ursprüngliche Position. Diese Funktion sowie die ebenfalls patentierte Technik zum Scrollen und Vergrößern von auf dem Touchscreen angezeigten Inhalten, soll Samsung ebenfalls abgekupfert haben.
Patent 7.761.414
Asynchroner Datenabgleich zwischen verschiedenen Geräten
Auch bei der Technologie zur Synchronisierung von Daten mit der Cloud fühlt sich Apple von Samsung bestohlen. Apple hatte sich ein Verfahren patentieren lassen, wonach beispielsweise Notizen noch während des Schreibens mit der Cloud und anderen Geräten synchronisiert werden. Einen solchen Datenabtausch gab es zwar schon vor Apple, allerdings hat sich der iPhone-Hersteller ein besonders schnelles Verfahren patentieren lassen.
Patent 8.046.721
Entsperren eines Gerätes durch Fingerbewegungen auf einem Entsperr-Bildschirm
Mit diesem Patent ist nichts anderes gemeint als die Slide-To-Unlock-Technik, die sich Apple hat patentieren lassen. Auch andere Hersteller nutzten diese Entsperrfunktion für ihre Smartphones. Apple sieht damit sein Patent verletzt, auch wenn beispielsweise bei Android-Smartphones komplexere Gesten ausgeführt werden müssen, als beim iPhone, wo nur einen Regler von links nach rechts geschoben werden muss.
Patent 8.074.172
Methode, System und grafische Darstellung für die Bereitstellung von Wortempfehlungen
Auch seine Autokorrektur und das System, das dahinter steckt, hat sich Apple patentieren lassen. Auch wenn bei Samsung Smartphones die Wortvorschläge anders angezeigt werden als bei iPhone oder iPad, ist Apple der Meinung, dass hier die eigene Idee kopiert wurde, vor allem, da die Wortvorschläge auch bei Samsung per Leertaste akzeptiert werden können.
Design-Schutzrechte
Auch das Design des iPhones wurde geschützt, weshalb Apple auch gegen ähnlich aussehende Smartphones vorgeht. Apples Schutzrechte betreffen die Frontseite mit den Abmessungen und Proportionen des Display-Rahmens, die vordere Glasoberfläche sowie die rechteckige Form mit abgerundeten Ecken. Auch die Anordnung der Apps als Kästchen und der davon abgetrennte untere Bereich des Bildschirms sind per Design-Schutzrecht von Apple geschützt.
Samsung kritisierte im Gegenzug die Forderung des iPhone-Anbieters, eine Voraussetzung für eine Einigung sei, dass der südkoreanische Konzern für die Nutzung von Apples Patenten zahle. Samsung gehe auch nicht davon aus, dass Apple jemals etwas von der gut einen Milliarde Dollar bekommen werde, die US-Geschworene dem Konzern in erster Instanz zugesprochen hatten.
Die Tageszeitung "The Korea Times" hatte am Montag von neuen Gesprächen zwischen Apple und Samsung auf Arbeitsebene berichtet. Das nährte die Hoffnung auf eine Einigung in dem seit Frühjahr 2011 andauernden Konflikt, nachdem am Wochenende Apple und der noch zu Google gehörende Handy-Pionier Motorola ihre Patentklagen zurückgezogen hatten.
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SAN JOSÉ (dpa-AFX)