"Instrumente in petto" 20.01.2015 11:10:32

EU erwägt wohl Besteuerung von US-Internetkonzernen

Die EU, die die Region mit der Schaffung eines gemeinsamen digitalen Marktes stärken will, erwägt die Einführung einer Steuer für US-Internetkonzerne wie Google. Europa sei derzeit ein "Verlierer" in der Informationstechnologie, sagte Oettinger, EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, in einem Interview. Die Situation könnte allerdings dadurch gedreht werden, dass investiert würde und gleiche Regeln für alle Unternehmen aus der Digitalwirtschaft gelten.

   Oettinger hob zugleich hervor, wie wichtig es sei, den Vorsprung der Region im Automobilsektor zu halten, der durch Internetfirmen bedroht zu werden scheine.

   Die Besteuerung der US-Iternetkonzerne sei eine Option, aber keine beschlossene Lösung, sagte Oettinger in Bezug auf den Plan der EU zur Schaffung eines gemeinsamen digitalen Marktes. Die EU-Kommission wird ihre Pläne dazu den Erwartungen zufolge bis Mai vorstellen. Auf die Frage, ob Google dafür besteuert werden könnte, urheberrechtlich geschütztes Material zu verwenden, antwortete er mit Ja.

   Die Schaffung eines gemeinsamen digitalen Marktes ist ein zentraler Baustein in den Bemühungen der neu berufenen EU-Kommission, die laue europäische Wirtschaft anzukurbeln. Die 28 fragmentierten Märkte der EU seien nicht gut für Investitionen, nicht gut für Start-Ups, nicht gut für die Entwicklung neuer Jobs und nicht gut für den Nutzer, sagte Oettinger.

   Für ausländische Technologiefirmen, die auf dem europäischen Markt mitmischen, habe die EU einige Instrumente in petto, die garantieren sollen, dass die Firmen auf Basis der hiesigen Regeln handeln, sagte Oettinger. Der Kommissar kritisierte die US-Konzerne, die in den europäischen Markt einsteigen, indem sie in Mitgliedsländern mit schwachem Datenschutz investieren und sich dann von dort aus alle Daten aus dem Rest der EU besorgten. Die Lösung seien einheitliche Regeln zum Schutz persönlicher Daten. Oettinger sagte nicht, welche Mitgliedsländer er meinte.

   Ein zentraler Bestandteil des Plans werde es sein, Urheberrechtsregeln für das 21. Jahrhundert zu schaffen. Die bestehenden nationalen Gesetze, die sich deutlich von Land zu Land unterscheiden, seien in Zeiten von Grammophon-Aufnahmen entstanden, als noch für Aufführungen in Konzerthallen komponiert wurde.

   Mehrere europäische Länder haben Möglichkeiten geprüft, um US-Technologiekonzerne wie Google mit Steuern zu belegen. Deutschland hatte vorgeschlagen, Google dafür bezahlen zu lassen, Auszüge aus großen deutschen Zeitungen zu veröffentlichen. Die Suchmaschine stoppte deren Veröffentlichung danach aber einfach. Die französischen Steuerbehörden sind der Ansicht, dass Google ihnen möglicherweise mehr als 1 Milliarde Euro schuldet - unabhängig von einer Konzernstruktur, die viele Firmen in Europa nutzen, um die Besteuerung in einzelnen Ländern zu vermeiden.

   Oettinger warnte, dass es ohne einen besseren Schutz geistigen Eigentums keine nächste Generation kreativer Produzenten geben werde.

   Eine weitere Herausforderung für Europa betrifft laut Oettinger die Automobilindustrie. Die Autohersteller sollten den Wandel in Richtung des Vernetzten Automobils als Chance begreifen, ihr Image zu verbessern und neue Kunden anzulocken. Der EU-Kommissar spielte auf die Möglichkeit an, dass mit dem Internet verbundene und miteinander kommunizierende Fahrzeuge in der Zukunft einmal in der Lage sind, Unfälle zu vermeiden oder gleich eigenständig zu fahren.

   Dieses Feld sei eine große Herausforderung. Um gegenüber Firmen aus dem Silicon Valley vorn zu bleiben, sollten die europäischen Autobauer Dienste von Google, Apple und Facebook integrieren, aber sich nicht von ihnen bei der Entwicklung der nächsten Autogeneration überholen lassen. Oettinger sagte, er stehe in wöchentlichem Kontakt mit Vorstandsmitgliedern aus der gesamten europäischen Autobranche. Er erwarte, dass die europäischen Hersteller in der Lage und willens seien zu überleben. Das technische Können in Europa könnte ein Vorteil in Bezug auf Google, Apple und Facebook sein.

   Auf der Automesse in Detroit vergangene Woche hatte Mercedes mit dem Konzept "F 015 Luxury in Motion" eine Vision der selbstfahrenden Zukunft gezeigt. Nissan, General Motors und Tesla haben allesamt eine begrenzte autonome Funktionalität ihrer Autos vor dem Ende des Jahrzehnts versprochen. Im Silicon Valley fahren Prototypen von Google selbstständig herum.

   Laut Oettinger wird die derzeitige Dominanz der US-Unternehmen im Technologiesektor nicht für immer Bestand haben. Er sei sicher, dass Europa mit Investitionen in Infrastruktur, mit Humankapital, mit Wissenschaft, Bildung und Forschung in Universitäten und mit klaren Strategien zu Finanzierung von Start-Ups ein Comeback schaffen könne.

   Außerdem ging Oettinger auf die jüngsten Anschläge in Paris ein. Demnach sollte das Europäische Parlament nun eher dazu neigen, Maßnahmen der Datenüberwachung zum Schutz vor Terrorismus zu unterstützen.

   Im April 2013 hatte der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europaparlamentes einen Vorschlag zu Weitergabe von Passagierdaten blockiert. Die Maßnahme hätte die Fluggesellschaften verpflichtet, EU-Staaten Daten von Passagieren weiterzugeben, die die EU verlassen oder in die EU einreisen. Damit sollten Behörden bei der Untersuchung und Vermeidung terroristischer Anschläge unterstützt werden.

   Der Zeitpunkt zu Handeln sei "jetzt oder nie", sagte Oettinger im Hinblick auf das Parlament, in dem sich seit der Blockierung durch den Ausschuss zu dem Thema nichts getan hat. Das Parlament solle außerdem im Interesse der Sicherheit einer neuen Direktive zur Vorratsdatenspeicherung zustimmen, sagte er.

   DJG/DJN/mgo/sha

   Dow Jones Newswires

   Von Frances Robinson und Tom Fairless

BRÜSSEL

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