Hollandfonds 51 betroffen 10.04.2015 17:12:00

Raiffeisen-Hollandfonds insolvent - MPC-Anlegern droht Totalverlust

Der Hollandfonds 51 ist insolvent, berichtet der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Das bereits einbezahlte Kapital ist damit futsch. Der VKI wirft der Treuhänderin TVP schwere Pflichtverletzung vor und kündigt eine Klagsaktion an.

"Still und leise" sei am 31. März 2015 vom Amtsgericht Niebüll das Insolvenzverfahren über den MPC-Immobilienfonds Holland 51 eröffnet worden. Dieser sei exklusiv für österreichische Raiffeisenbank-Kunden aufgelegt worden, so der VKI zur APA. Die Anleger, technisch gesehen Gesellschafter des Fonds, seien bisher weder von Raiffeisen noch von der Treuhandgesellschaft TVP informiert worden. "Wir haben dieses Produkt von MPC an Kunden vermittelt. Für die Informationen zur Entwicklung dieses Produktes ist die Treuhandgesellschaft TVP verantwortlich", hieß es dazu von der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien zur APA. TVP ist eine 100-Prozent-Tochter von MPC und hält die Fondsbeteiligungen.

Laut VKI hat die Muttergesellschaft MPC Capital AG am 19. Dezember 2014 zusätzlich einen langjährigen "Gewinnabführungsvertrag" mit der TVP aufgekündigt. "Das bedeutet, dass man zwar über die Jahre die Gewinne der Treuhänderin an die MPC weitergeleitet hat, nun aber nicht für die Ansprüche der Anleger gegen die Treuhänderin einstehen will", so die Konsumentenschützer.

MPC bestätigt die Kündigung und begründet dies mit der Neuaufstellung des Finanzhauses - nun konzentriert man sich auf professionelle Anleger. "Der Ergebnisabführungsvertrag mit der TVP ist im Rahmen der Restrukturierung des MPC-Capital-Konzerns aufgehoben worden. Im Zuge der Neuausrichtung der MPC Capital auf institutionelle Investoren wird das frühere Bestandsgeschäft mit Privatanlegern - unter anderem aus regulatorischen Gründen - stärker vom institutionellen Sektor entkoppelt", erklärte Unternehmenssprecher Stefan Zenker der APA in einer schriftlichen Stellungnahme.

VKI-Rechtsvertreter Sebastian Schumacher indes wirft der TVP "schwere Pflichtverletzungen" vor, da für den Vertrieb in Österreich irreführende Verkaufsprospekte verwendet worden seien. Schumacher hat bereits zahlreiche Anlegerklagen gegen die TVP eingebracht; kürzlich erging ein - nicht rechtskräftiges - Handelsgerichtsurteil gegen Raiffeisen. "Das ist wohl eine der Ursachen dafür, dass sich die MPC aus der Verantwortung nehmen will", so der Anwalt zur APA.

Um das zu verhindern, sollten Betroffene bis Mitte Juni handeln. "Wer seine Ansprüche gegen die TVP bis spätestens 19. Juni 2015 von der MPC besichert verlangt, bewahrt sich die Chance, auch von der MPC Schadenersatz zu bekommen."

Das bereits einbezahlte Geld ist jedenfalls weg. "Mit der Insolvenz ist der Totalausfall eingetreten", sagte VKI-Rechtschef Peter Kolba zur APA. Zusätzlich könnte nun der Insolvenzverwalter des Holland 51 die Anleger auffordern, die erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen. Das waren über einige Zeit 38 Prozent des eingebrachten Kapitals.

Die Konsumentenschützer kritisieren das Geschäftsmodell von Anbietern geschlossener Fonds wie MPC massiv. Im Lichte der Unterlagen und Beratungsgespräche hätten die Anleger angenommen, dass es sich bei den Ausschüttungen um Gewinne bzw. Zinsen handle. Tatsächlich waren es aber nur Rückzahlungen des eigenen eingebrachten Kapitals. Nach deutschem Handelsrecht können diese spätestens bei einer Insolvenz zurückgefordert werden. Laut VKI müssen sich die Anleger des MPC-Hollandfonds 51 auf einen Totalverlust ihres Kapitals einstellen.

Das deutsche Emissionshaus MPC Münchmeyer Petersen Capital AG hat in Österreich ab dem Jahr 2000 über Banken oder Vermögensberater sogenannte geschlossene Fonds großflächig an den Mann und die Frau gebracht. Im Programm hatten die Hamburger Schiffsfonds, Immobilienfonds in Holland - meist handelte es sich um Bürohäuser - und Lebensversicherungsfonds. In den vergangenen Jahren gerieten einige dieser Fonds gehörig unter Wasser, sodass bereits erfolgte Ausschüttungen zurückgefordert wurden.

Allein in Kühl- und Containerschiffe oder Tanker haben in den Jahren 2004 bis 2008 geschätzte 10.000 Österreicher 700 Mio. Euro via Fonds investiert. Neben MPC tummelten sich auch andere deutsche Emissionshäuser am Markt. "Damals, als die Wirtschaft geboomt hat, wurden im Stakkato Fonds aufgelegt", so Kolba. Zu Beginn seien die versprochenen hohen Ausschüttungen tatsächlich ausgezahlt worden. "Offensichtlich hatten sie das Kalkül, die Menschen in Wohlfühlstimmung zu versetzen", so der Verbraucherschützer.

Mit der Wohlfühlstimmung ist es nun aber vorbei. Die Schifffahrt taumelt seit Ausbruch der Finanzkrise. In Deutschland sind mehr als 450 Schiffsfonds pleite, bei mindestens ebenso vielen zittern die Anleger um ihr Geld.

MPC hat bereits im Sommer 2012 eine Pleite hinnehmen müssen: Der exklusiv für Österreich aufgelegte und ebenfalls von der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien verkaufte Schiffsfonds Merkur Sky musste Ende Juni 2012 Insolvenz anmelden. Mit der nunmehrigen Einundfünfzigste Sachwert Rendite-Fonds Holland GmbH & Co. KG ist Kolba zufolge der erste Hollandfonds der MPC pleite.

Laut VKI sind 700 bis 800 Raiffeisen-Kunden betroffen. "Der VKI wird die geschädigten MPC-Anleger nicht im Regen stehen lassen. Wir betreiben ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen juristische und natürliche Personen im MPC-Imperium", so Kolba. 2.000 Anleger, die sich geschädigt fühlen, hätten sich dem Verfahren bereits als Privatbeteiligte angeschlossen.

Daneben bereitet der VKI eine zivilrechtliche Klagsaktion gegen MPC vor. Details dazu wollen die Konsumentenschützer nächste Woche bekannt geben.

Kürzlich ging in Sachen Hollandfonds ein Urteil gegen die RLB NÖ-Wien. Das Handelsgericht (HG) gab einem klagenden Anleger recht, der in die MPC-Hollandfonds 50 und 54 investiert hatte. Das Gericht sah mehrere schwere Beratungsfehler, so habe die Bank ihren Kunden zum Beispiel nicht über das Totalverlustrisiko aufgeklärt oder darüber, dass es sich bei den Ausschüttungen nicht um Gewinne handelte. "Die Beklagte haftet für sämtliche Schäden, die aus der Falschberatung resultieren", konstatierte das HG (59 Cg 1/14h) Anfang April. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. "Wir prüfen das Urteil derzeit, gehen aber davon aus, dass wir dagegen berufen werden", sagte Raiffeisen-Sprecher Peter Wesely auf APA-Anfrage.

(Schluss) snu/sp

WEB http://www.konsument.at http://www.raiffeisenbank.at

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