Frankenkurs unter der Lupe 29.01.2016 15:10:00

Neues Jahrestief: Der Schweizer Franken und die Mär vom sicheren Hafen

Der Franken gilt an der Börse traditionell als sicherer Hafen in unsicheren Zeiten. Es ist deshalb erstaunlich, dass er gerade in diesen Krisentagen an Wert verliert. Schließlich rutschten die europäischen Börsen in den vergangenen Wochen mehrfach ab und zeigten sich wegen der Ölpreisschwäche volatil wie selten.

Ist der Schweizer Franken keine Krisenwährung mehr?

Als Krisenwährung müsste der Franken jetzt eigentlich an Stärke gewinnen, so wie manch anderes Krisenbarometer: Der Goldpreis stieg seit Jahresbeginn um fünf Prozent auf annähernd 1.120 US-Dollar. Auch der Yen, der trotz der hohen japanischen Staatsschulden noch immer als Krisenwährung gilt, notierte in den vergangenen Wochen fester.

Ganz anders der Franken: Dessen Kurs war am Donnerstag kräftig abgerutscht und ist am Freitag gefallen - erstmals in diesem Jahr rutschte die Währung der Eidgenossen unter 0,90 Euro. Bei 0,8955 markierte der Franken ein neues Jahrestief im Vergleich zum Euro und notierte damit so schwach wie zuletzt vor der Franken-Freigabe im Januar 2015. Vor einem Jahr hatte die Schweizer Nationalbank (SNB) die Kopplung des Franken an den Euro aufgehoben, der Kurs der Schweizer Währung war daraufhin in einen Höhenflug übergegangen und hatte innerhalb weniger Stunden von 0,83 Euro auf über 0,97 Euro aufgewertet. Seitdem hatte sich das CHF/EUR-Verhältnis zwischen 0,93 und 0,95 Euro eingependelt. Doch nun rutscht der Frankenkurs plötzlich weiter ab. Warum? Was setzt den Franken so unter Druck? Hat die Schweizer Währung nun ihren Status als sicherer Hafen verloren?

Schweizer Unternehmen freuen sich über schwachen Franken

Aus Sicht der Schweiz ist ein etwas schwächerer Franken eigentlich vorteilhaft - für Schweizer Unternehmen werden so Exporte günstiger. Und die Eidgenossen sind - wie allseits bekannt - sehr von ihrer exportorientierten Industrie abhängig. Diese kontinuierliche Schwächephase des Franken seit Anfang dieses Jahres ist jedoch sehr ungewöhnlich. War der Schweizer Franken Anfang Januar 2016 noch 0,9198 Euro wert, büßte die Währung seither 1,8 Prozent ein.

Eine belastbare Erklärung für den Kursverlust haben die Analysten der Commerzbank derzeit nicht. Denn die Ankündigung der Europäischen Zentralbank, ihre Geldschleusen möglicherweise im März noch weiter zu öffnen, sollte tendenziell den Euro schwächen und damit im Gegenzug die Schweizer Währung stärken. Das ist aber nicht passiert. Offenbar ist der Franken im laufenden Jahr als Fluchtwährung einfach nicht mehr so gefragt.

Ist die SNB schuld am Kursverfall des Franken?

Spannend ist in diesem Zusammenhang die Erklärung der Valiant Bank. Die Experten führen die Schwäche des Franken unter anderem auf die Maßnahmen der SNB zurück, den Franken für Investoren unattraktiv zu machen. Dabei setzen die Notenbanker auf Negativzinsen von derzeit minus 0,75 Prozent - bei Bedarf greifen sie außerdem zusätzlich am Devisenmarkt ein.

Die Talfahrt des Franken dürfte bei der Schweizer Nationalbank für Freudensprünge sorgen. Erst vor zwei Wochen hatte SNB-Präsident Thomas Jordan den Franken als überbewertet bezeichnet. Um eine zu hohe Bewertung der eidgenössischen Währung zu verhindern, hatte er Eingriffe am Devisenmarkt in Aussicht gestellt. Die jüngste Schwächephase des Franken schreiben die Analysten der St. Galler Kantonalbank - ähnlich wie die Experten der Valiant Bank - deshalb auch der SNB zu. Die Nationalbank scheine "die aktuelle Schwächephase des Franken auszunutzen und die Bewegung mit Direkteingriffen im Markt noch anzutreiben", so die Experten der Kantonalbank.

Der Franken und seine Abhängigkeit von der Weltwirtschaft

Auf das beschriebene Szenario deuten auch die wöchentlich veröffentlichten Sichtguthaben der SNB hin. Diese legten im Januar so stark zu wie zuletzt im vergangenen Sommer. Dennoch will die US-Großbank Citigroup dieser Argumentation nicht folgen. Hinter der Schwächephase des Franken sehen die Citi-Analysten nicht verdeckte Interventionen der Nationalbank, sondern vielmehr einen Rückgang des Wirtschaftswachstums in der Welt. Dieser treffe die exportorientierte Wirtschaft der Schweiz besonders hart. Darunter leidet dann natürlich auch der Franken.

Außerdem: Warum sollte die Nationalbank urplötzlich einen Zielkurs von 1,10 Euro oder 1,11 Euro pro Schweizer Franken verfolgen? Das ist sehr unwahrscheinlich und spricht für die Citi-These. Den Schweizer Exporteuren kann letztendlich egal sein, warum der Franken an Wert verliert. Für sie ist nur wichtig, dass sie ihre Produkte im Ausland zu einem attraktiveren Preis anbieten können. Und die Anleger müssen wohl oder übel einen anderen sicheren Hafen suchen - offensichtlich verliert die Schweizer Währung diesen Status gerade. Falls sie ihn nicht schon längst verloren hat ...



Von Markus Gentner/finanzen.at



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