Pandemiegewinner |
06.07.2021 11:27:39
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Zalando-Aktie mit starkem Lauf: Kein Ende des Booms in Sicht
LAGE BEI ZALANDO:
Die Berliner haben im ersten Quartal da angeknüpft, wo sie im vergangenen Jahr aufgehört haben: Der Online-Boom treibt die Geschäfte. Gleich nach den ersten drei Monaten erhöhte Zalando daher die Prognose für das laufende Jahr. Trotz der sinkenden Infektionszahlen und der Öffnung der Geschäfte ging das Management zuletzt auch nicht von einem Ende der Goldgräberstimmung aus. "Den Nachfragetrend hin zu Online haben wir schon in den vergangenen zehn Jahren beobachtet", hatte Finanzchef David Schröder bei der Vorstellung der Quartalszahlen im Mai erklärt. "Dieser Trend hat sich in der Krise beschleunigt und ist definitiv noch nicht am Ende."
Nachdem das Unternehmen zu Beginn der Krise 2020 zunächst schwächelte, wächst es seither wieder rasant. Im ersten Quartal stiegen die Erlöse um fast 47 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Im schwachen Vorjahresquartal hatte die Corona-Krise erstmals zugeschlagen und kurzzeitig die Kauflust der Verbraucher getrübt. Inzwischen gehört Zalando zu den Profiteuren der Pandemie. Die Zahl der aktiven Kunden ist in den ersten drei Monaten dieses Jahres auf fast 42 Millionen gestiegen. Das war rund ein Drittel mehr als noch vor einem Jahr. Das Unternehmen ist inzwischen mehr als nur ein Modehändler.
Zalando bedient inzwischen auch die steigende Nachfrage nach gebrauchter Kleidung und hat vor einem Jahr eine eigene Second-Hand-Plattform ins Leben gerufen. Rund 250 000 Artikel seien im ersten Quartal darüber verkauft worden, hieß es vom Unternehmen. Wie groß der Anteil am Gesamtumsatz ist, blieb unbekannt. Wer seine gebrauchte Kleidung dort anbietet, kann den Kaufpreis spenden oder bekommt ihn als Gutschein. So hält Zalando die Kunden im System.
Auch das 2018 gestartete Kosmetikgeschäft baut Zalando aus. So schloss das Unternehmen jüngst eine Partnerschaft mit dem zum französischen Luxusgüterkonzern LVMH gehörenden Kosmetikhändler Sephora. Dieser werde über die Zalando-Plattform Produkte von vielen Marken anbieten, hieß es. Starten soll die Kooperation im vierten Quartal in Deutschland, ab 2022 sollen weitere europäische Länder folgen. Sephora ist in 35 Ländern mit weltweit 2000 Filialen vertreten, davon mehr als 1000 in Europa.
"Der Online-Markt für Beauty-Produkte ist in Europa noch kaum erschlossen", erläuterte Co-Vorstandschef David Schneider den Schritt. Mode und Kosmetik ergänzen sich immer mehr. Auch Börsenneuling ABOUT YOU verkauft online Kosmetik. Damit dringen die Modeplattformen verstärkt in das Geschäft der Platzhirsche wie der Parfümeriekette Douglas ein.
Zalando wirbt zunehmend um Marken und stationäre Händler, die auf der Plattform ihre Produkte anbieten. Die von der Krise gebeutelten Einzelhändler erhalten so die Möglichkeit, online mit hoher Reichweite zu verkaufen. Auf Provisionen für Händler hatte Zalando im vergangenen Jahr sowie im ersten Quartal noch verzichtet. Nun sollen diese nach und nach wieder eingeführt werden. Inzwischen tragen Marken und Händler rund ein Viertel zum sogenannten Warenwert bei, also dem Wert aller Waren nach Abzug von Retouren und Stornierungen. Langfristig soll dieser Anteil auf 40 Prozent steigen.
Zalando bietet den Geschäftskunden auch an, Versand und Logistik zu übernehmen. Dafür baut das Unternehmen die eigene Infrastruktur weiter aus. Bis 2023 will Zalando sein Logistiknetzwerk von aktuell 10 auf 15 Zentren erweitern. Auch in Deutschland soll ein weiterer Standort hinzukommen.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Marktexperten sind gegenüber Zalando positiv gestimmt und empfehlen die Aktie mehrheitlich zum Kauf. Die neue Kooperation mit Sephora kommt gut an.
Die Zusammenarbeit des Online-Händlers mit dem Kosmetikanbieter sei vielversprechend, erklärte Analyst Christian Salis von der Privatbank Hauck & Aufhäuser. Gerade Kosmetika seien ein äußerst interessanter Sektor. Die strategische Kooperation sei ein wichtiger Schritt, analysierte Volker Bosse von der Baader Bank. Damit eröffne sich für Zalando die Chance, die Markenwahrnehmung bei Schönheitsprodukten auf ein neues Niveau zu heben.
Für die weitere Entwicklung zeigten sich die beiden Analysten ebenfalls optimistisch. So geht Bosse von einer anhaltend starken Entwicklung im zweiten Quartal aus und hält eine weitere Erhöhung der Jahresziele für möglich. Zalando sei in der Branche in einer stärkeren Position als jemals zuvor, kommentierte er. Experte Salis schätzt, dass die zunehmenden Lockerungen und der neu belebte Tourismus die Nachfrage nach Mode anheizen dürften. Davon profitierten sowohl der stationäre als auch der Onlinehandel.
Viele Analysten schätzen die Chancen auch nach Corona als gut ein. Die jüngsten Wachstumszahlen stimmten auch für die Zeit nach dem Lockdown optimistisch, so Richard Edwards von Goldman Sachs. Etwas vorsichtiger ist Morgan-Stanley-Analystin Miriam Adisa. Sie mache sich bei dem Online-Händler weiter Sorgen um das Wachstum in einer Zeit nach der Pandemie. Zalando bleibt aber in ihren Augen ein Gewinner von Marktanteilen.
Für DZ-Bank-Experte Thomas Maul hat die Pandemie die Wettbewerbsposition des Online-Händlers im europäischen Modemarkt sogar verbessert. Mit dem Rückzug des langjährigen Mehrheitsaktionärs Kinnevik und der damit einhergehenden Erhöhung des Streubesitzes verbesserten sich die Aufstiegschancen in den bald aus 40 Werten bestehenden Leitindex DAX.
Von den 13 im dpa-AFX Analyser erfassten Experten, die sich seit der Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal geäußert haben, empfehlen neun die Aktie zum Kauf. Vier von ihnen haben eine neutrale Einstellung - Verkaufsempfehlung gibt es keine. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei knapp 110 Euro und damit leicht über dem aktuellen Niveau.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die Aktie gehört auch 2021 zu den Gewinnern, wenn auch der Zuwachs bislang nicht mehr so hoch ausfällt wie in den beiden Jahren zuvor. Mitte Februar hatte das Papier erstmals die Marke von 100 Euro übersprungen. Die Ankündigung des Großaktionärs Kinnevik, seine 21-prozentiges Aktienpaket an seine Anteilseigner zu verteilen, stoppte den Rekordlauf - zumindest zunächst.
Kinnevik wolle sich wieder stärker auf jüngere, wachstumsträchtige Beteiligungen konzentrieren, die in zunehmenden Maße noch nicht börsennotiert seien, hieß es zur Begründung. Das Papier verlor in Folge dessen kurzzeitig massiv an Wert, auch sahen Anleger eine gute Gelegenheit, Gewinne mitzunehmen. Bis Anfang März stürzte das Papier auf gut 80 Euro ab.
Zalando hatte erklärt, der Vorstand unterstütze die Entscheidung der schwedischen Beteiligungsgesellschaft. Kinnevik sei ein "maßgeblicher Investor" gewesen. Die Entscheidung sei nun ein "logischer, nächster Schritt". Kinnevik hatte bereits in der Vergangenheit die Beteiligung reduziert, war aber weiter der größte Aktionär geblieben. Die Schweden waren 2010 bei Zalando eingestiegen und damit vor dem Börsengang des 2008 als Schuh-Onlinehändler gegründeten Unternehmens. Die Übertragung der Aktien an die Aktionäre wurde Ende Juni abgeschlossen.
Inzwischen hat sich das Papier erholt. Nach positiv aufgenommenen Zahlen ging es nach und nach wieder aufwärts. Seit der Prognoseerhöhung im Mai sprang die Aktie stärker an, überwand Ende Juni wieder die Marke von 100 Euro und stieg auf ein Rekordhoch von 103,35 Euro. Am Dienstag liegt der Kurs bei 102,80 Euro und somit nur knapp darunter.
Im laufenden Jahr stieg der Zalando-Kurs gut 13 Prozent. Damit liegt das Papier mal nicht im Spitzenfeld des MDAX; anders als in den beiden Jahren davor. 2019 und 2020 hatte die Aktie mit einem Kursplus von jeweils etwas mehr als 100 Prozent im Spitzenfeld des Index gelegen. Noch höher fallen die Gewinne mittel- und längerfristig aus. Seit dem Börsengang im Herbst 2014 summiert sich das Kursplus auf fast 400 Prozent.
Aktuell kommt Zalando auf eine Marktkapitalisierung von fast 27 Milliarden Euro - damit ist das Unternehmen heißer DAX-Kandidat, wenn dieser im September von 30 auf 40 Werte erweitert wird.
/nas/knd/jha/zb
BERLIN (dpa-AFX)
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