Dieselprozess |
15.02.2024 15:50:00
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VW-Aktie im Plus: Vernehmung von Ex-VW-Chef Winterkorn geht weiter - Neuwagen stecken in den USA fest
In dem Prozess wird seit 2018 über möglichen Schadenersatz für Investoren verhandelt, die nach dem Auffliegen des Skandals Kursverluste erlitten hatten. Derzeit geht es rund 4,4 Milliarden Euro. Winterkorn ist nach Herbert Diess und Matthias Müller der dritte frühere VW-Chef, der zur Sache vernommen wird.
Tausende Neuwagen stecken in den USA fest
Bauteile aus dem Westen Chinas sorgen bei Europas größtem Autokonzern Volkswagen jetzt auch für Probleme in den USA: An dortigen Häfen stecken mehrere Tausend Neuwagen fest, weil darin Teile aus dem Westen Chinas, zu dem auch die Region Xinjiang zählt, verbaut wurden. "Wir arbeiten daran, eine zollbedingte Verzögerung bei der Auslieferung bestimmter Fahrzeugmodelle des Volkswagen-Konzerns von US-Häfen an die Händler zu beheben", erklärte ein Konzernsprecher am Donnerstag auf Anfrage der dpa. Die betreffende Komponente werde in den Fahrzeugen nun ausgetauscht. Zuvor hatten "Financial Times" und "Handelsblatt" berichtet.
"Die Auslieferung der Fahrzeuge läuft weiter, es kann aber leider zu Verzögerungen kommen", fügte der Konzernsprecher hinzu. "Grund ist ein kleines elektronisches Bauteil einer größeren Steuereinheit, die bei den betroffenen Fahrzeugen ausgetauscht wird, sobald die benötigten Teile verfügbar sind." Betroffen sind laut "Handelsblatt" 13 000 Neuwagen der Konzerntöchter Audi, Porsche und Bentley.
VW prüft Konsequenzen gegen Zulieferer
Der "Financial Times" zufolge stammt das fragliche Bauteil aus Westchina und dürfe in den USA wegen eines dortigen Gesetzes gegen Zwangsarbeit nicht verwendet werden. Volkswagen selbst habe aber keine Kenntnis von der Herkunft gehabt. Es sei von einem Zulieferer in einem größeren Bauteil verbaut worden. Volkswagen habe davon erst durch einen Hinweis des Zulieferers erfahren und dann selbst die US-Behörden informiert. "Wir klären den Sachverhalt auf und leiten geeignete Maßnahmen ein", erklärte der VW-Sprecher. "Dazu kann auch die Beendigung der Lieferantenbeziehung gehören, wenn unsere Untersuchungen schwerwiegende Verstöße bestätigen."
Volkswagen steht seit Langem wegen seiner Aktivitäten in Westchina in der Kritik. In der dortigen Region Xinjiang betreibt der Konzern zusammen mit seinem chinesischen Partner Saic ein Auslieferungswerk und eine Teststrecke. Am Mittwoch hatte Volkswagen angekündigt, mit Saic "über die künftige Ausrichtung der Geschäftsaktivitäten in der Provinz Xinjiang" zu sprechen. "Derzeit werden verschiedene Szenarien intensiv geprüft." Zuvor hatte der Chemiekonzern BASF angekündigt, Anteile an seinen beiden Gemeinschaftsfirmen im chinesischen Korla im Zentrum der Region Xinjiang zu verkaufen, und dabei auch auf jüngste Berichte über mögliche Menschenrechtsverletzungen verwiesen.
Uiguren, Angehörige anderer Minderheiten und Menschenrechtsorganisationen berichten seit Jahren, dass Hunderttausende Menschen in Xinjiang gegen ihren Willen in Umerziehungslager gesteckt, zum Teil gefoltert und zu Zwangsarbeit gezwungen würden. Die chinesische Regierung bestreitet diese Vorwürfe.
Winterkorn vor Gericht: Hat mich geärgert, dass keiner was gesagt hat
Ex-VW-Vorstandschef Martin Winterkorn hat bei seiner Vernehmung zur Dieselaffäre angegeben, rückblickend wohl anders zu handeln. "Aus heutiger Sicht hätte ich vertieft nachfragen sollen. Das habe ich nicht getan" sagte der 76-Jährige am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht Braunschweig. Dort ist Winterkorn als Zeuge im Zivilprozess zu den Abgasmanipulationen beim Wolfsburger Autobauer geladen.
Tags zuvor hatte der frühere Topmanager bereits jede Verantwortung für Schummelsoftware von sich gewiesen. "Wäre mir ein vollständiges Bild von den internen Vorgängen in den verantwortlichen Fachabteilungen vermittelt worden, hätte ich nicht gezögert, die Vorgänge direkt anzugehen und aufzuklären", hatte Winterkorn in einem Eingangsstatement gesagt. Diese Botschaft wiederholte er am zweiten Tag, als es um konkrete Treffen, Schriftwechsel und Gespräche in den Monaten vor dem Auffliegen des Skandals ging.
Es habe Berichte über Probleme in den USA gegeben, sagte Winterkorn. Auf seine Nachfragen hin sei ihm aber vermittelt worden, "es gibt zwar noch Diskussionen mit den Behörden, aber wir kriegen das hin". Auch ein Beispiel für aus seiner Sicht ungenügende Informationen nannte Winterkorn. So sei er noch kurz vor Bekanntwerden der Manipulation in Florida mit vielen hochrangigen Kollegen betroffene Autos Probe gefahren. "Das hat mich im persönlich geärgert, weil in Tampa keiner was gesagt hat", berichtete Winterkorn in seinem Rückblick. Niemand habe ihn vor Ort über die noch fehlende Zulassung informiert.
Vor Gericht unterstrich der frühere Konzernchef außerdem, dass der Vorstand bei VW auch im Sommer 2015 mit mehreren Problemen weltweit konfrontiert gewesen sei. Noch kurz vor der Veröffentlichung beschäftigte ihn demnach unter anderem ein möglicher Rückruf eines Porsche-Modells und wegen schwerer Probleme mit Hinterachsen reiste er zur chinesischen Regierung nach Peking. Die Botschaft dahinter: Der US-Markt war wichtig, aber in den Sommermonaten 2015 eben nur ein Schauplatz von vielen für einen Weltkonzern.
In dem Prozess nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMug) wird seit 2018 über möglichen Schadenersatz für Investoren verhandelt, die nach dem Auffliegen des Skandals Kursverluste erlitten hatten. Derzeit geht es rund 4,4 Milliarden Euro. Winterkorn ist nach Herbert Diess und Matthias Müller der dritte frühere VW-Chef, der zur Sache vernommen wird. Sollte die Vernehmung Winterkorns andauern, sind weitere Termine für Ende Februar geblockt.
Die VW-Vorzugsaktie steigt via XETRA zeitweise um 0,88 Prozent auf 118,82 Euro.
/bch/DP/men
BRAUNSCHWEIG (dpa-AFX)
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