24.03.2015 21:33:53

UPDATE5/Germanwings-Absturz über Südfrankreich kostet 150 Menschenleben

   --Experten am Unfallort eingetroffen

   --Unglücksmaschine hatte offenbar am Vortag technische Probleme

   --Lufthansa-Sprecher: Problem bei Bugradklappe wurde am Montag vollständig beseitigt

   --Lufthansa-Sprecher: Einige Crews von Germanwings wollen Dienst nicht antreten

   --Pilotengewerkschaft warnt vor Spekulationen, will auf weitere Streiks aber vorerst verzichten

   (NEU: Weitere Aussagen von Germanwings, Medienberichte über technische Probleme an der Unglücksmaschine, Reaktion der Pilotengewerkschaft)

   Von Hendrik Varnholt und Archibald Preuschat

   KÖLN/FRANKFURT (Dow Jones)--Eine Maschine der Lufthansa-Tochtergesellschaft Germanwings ist am Dienstag über den südfranzösischen Alpen abgestürzt. Das Unglück des Fluges 4U 9525 hat vermutlich allen 150 Menschen an Bord, 144 Passagieren und 6 Besatzungsmitgliedern das Leben gekostet.

   Die Maschine vom Typ Airbus A320 war gegen 10 Uhr im spanischen Barcelona gestartet und auf dem Weg nach Düsseldorf. Sie habe um 10.45 Uhr ihre übliche Reiseflughöhe von 38.000 Fuß, etwa 11.600 Meter, erreicht, sagte Germanwings-Chef Thomas Winkelmann. Nur eine Minute später habe sie diese Höhe wieder verlassen. Um 10.53 Uhr sei der Funkkontakt zu der Maschine mit der Kennung D-AIPX in einer Höhe von rund 6.000 Fuß abgerissen.

   Die Absturzstelle liegt in der Nähe des 300-Seelendorfes Meolans-Revel, inmitten der französischen Alpen, umgeben von 3.000 Meter hohen Bergen. Zum Unglückszeitpunkt herrschte nach Angaben des AccuWeather-Meteorologen Eric Leister in der Nähe der Absturzstelle rund 100 Kilometer nördlich von Nizza gutes Wetter. Es war heiter bis wolkig und es wehte ein schwacher Wind.

   Unter den Verunglückten dürften sich 67 Deutsche befunden haben, sagten die Germanwings-Vertreter. Winkelmann bestätigte nun auch, dass unter den Opfern eine Schülergruppe aus der nordrhein-westfälischen Stadt Haltern ist. Über Opfer aus anderen Ländern, insbesondere Spanien, wollte Germanwings auch am Dienstagabend keine Angaben machen, da man noch nicht alle Angehörigen der Opfer erreichen konnte.

   Der Airbus A320, der 1991 an die Lufthansa übergeben wurde und seit dem vergangenen Jahr für die Tochtergesellschaft Germanwings flog, stand nach Informationen von Spiegel Online im sogenannten AOG-Modus ("Aircraft on Ground") am Montag in Düsseldorf am Boden, weil es ein "Problem an der "Nose Landing Door" gegeben habe. Bei geöffneter Nose Landing Door kann das Bugrad ein- und ausgefahren werden. Ein Lufthansa-Sprecher bestätigte, dass das Problem bei der Unglücksmaschine aufgetreten war. Er betonte auch, dass es sich nicht um ein sicherheitsrelevantes Problem gehandelt habe, das eine Maschine zum Absturz bringen könnte, sondern lediglich um ein störendes Geräusch. Auch sei das Problem mit der Bugradklappe bei einer Reparatur am Montag vollständig beseitigt worden. Der Sprecher der Germanwings-Muttergesellschaft bestätigte auch, dass einige Crews den Dienst nicht antreten wollten und es deshalb zu Flugausfällen komme.

   Auf der ersten Pressekonferenz von Germanwings am Nachmittag hieß es lediglich, dass das abgestürzte Flugzeug erst einen Tag vor dem Unglück in Düsseldorf einem Routinecheck unterzogen worden sei. Die letzte größere Prüfung der Maschine, ein sogenannter C-Check, sei im Jahr 2013 vorgenommen worden. Germanwings will den Angaben zufolge nun eigene Experten in das Unglücksgebiet schicken. Die Absturzstelle sei schwer zugänglich, berichteten die Vertreter der Fluggesellschaft. Am Unfallort sind auch Experten der französischen Flugsicherung BEA sowie des Herstellers Airbus.

   Politiker aus Spanien, Frankreich und Deutschland zeigten sich bestürzt über das Unglück, ebenso wie Lufthansa-Vorstandsvorsitzender Carsten Spohr, der von einem "schwarzen Tag" sprach. Es war das erste Unglück in der Geschichte der 2002 gegründeten Germanwings überhaupt. Der letzte Absturz bei einer deutschen Fluglinie ereignete sich laut einem Sprecher der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung im Juli 2002 bei Überlingen am Bodensee. Bei der Konzernmutter Lufthansa liegt der letzte Unfall, bei dem Menschen starben, laut der Datenbank Aviation Safety Network mehr als 20 Jahre zurück: Im September 1993 verunglückte ein Airbus A320, der in Frankfurt startete, bei der Landung auf dem Flughafen Warschau. Zwei Menschen kamen dabei ums Leben. In den vergangenen 40 Jahren starben bei Unfällen von Lufthansa-Maschinen insgesamt neun Menschen.

   Bereits am Dienstagnachmittag reisten der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verkehrsminister Alexander Dobrindt in die Unglücksregion. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am morgigen Mittwoch mit der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zur Absturzstelle reisen.

   "Wir appellieren an die Öffentlichkeit, sich mit Spekulationen zurückzuhalten, da diese besonders schmerzhaft für die Hinterbliebenen und einer objektiven Unfalluntersuchung nicht dienlich sind", so Jörg Handwerg, Pressesprecher der Vereinigung Cockpit, der Pilotengewerkschaft, die noch in der vergangenen Woche zu Streiks bei der Lufthansa aufgerufen hatte, um gegen Kürzungspläne des Konzerns bei der Vorruhestandsregelung zu protestieren. Dem Berliner Tagesspiegel sagte Handwerg, dass angesichts des Absturzes der Germanwings-Maschine zunächst auf weitere Streikdrohungen verzichtet werde. "Der Arbeitskampf ist für uns aktuell kein Thema mehr", sagte Handwerg. Nach der Absturzkatastrophe "reden wir über ganz andere Themen".

   Germanwings und Eurowings sind wichtiger Bestandteil der Strategie von Lufthansa-Chef Spohr, die Kosten zu senken, um so besser mit Konkurrenten wie Ryanair und Easyjet sowie Airlines aus der Golfregion konkurrieren zu können.

   Kontakt zu den Autoren: archibald.preuschat@wsj.com, hendrik.varnholt@wsj.com

   DJG/apr/mgo

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   March 24, 2015 16:03 ET (20:03 GMT)

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