30.04.2014 09:43:31

UPDATE: Alstom will an General Electric verkaufen

   (NEU: weitere Details, Hintergrund)

   Von Dana Cimilluca, Stacy Meichtry und Inti Landauro

   Im politisch aufgeheizten Bieterkampf um das Energiegeschäft des französischen Konzerns Alstom ist Siemens ins Hintertreffen geraten. Der US-Konzern General Electric (GE) hat bereits eine Offerte für das Energiegeschäft von Alstom vorgelegt und sich mit den Franzosen grundsätzlich geeinigt, wie diese am Mittwochmorgen meldeten. Aus dem Rennen ist Siemens, das am Dienstag ebenfalls offiziell Interesse bekundet hatte, allerdings noch nicht.

   Das Angebot von GE liegt bei 12,35 Milliarden Euro, teilte Alstom am Mittwoch mit. Der vorläufigen Einigung zufolge soll nun ein Ausschuss die Offerte bis Ende Mai prüfen. Sollten die Franzosen allerdings den Deal mit GE ausschlagen, müsste Alstom eine Strafgebühr über 1,5 Prozent des Preises zahlen.

   Der deutsche Rivale Siemens kann trotz der Übereinkunft von GE und Alstom noch mitmischen. Alstom könne zwar nicht aktiv alternative Angebote suchen. Allerdings werde der Konzern noch Angebote in Erwägung ziehen, die von außen an das Unternehmen herangetragen werden.

   Siemens hatte am Dienstag erklärt, die Bücher des französischen Wettbewerbers durchsehen und dann ein offizielles Angebot für Alstoms Energiegeschäft vorlegen zu wollen. Dafür will sich Siemens vier Wochen Zeit nehmen. Alstom erklärte nun, dass die Münchener Zugang zu den Büchern erhalten würden, wenn ein verbindliches Gebot vorgelegt werde.

   Aus einem Brief von Siemens-Chef Joe Kaeser an Alstom-Chef Patrick Kron war am Wochenende hervorgegangen, dass die Münchener den Unternehmenswert der drei Alstom-Sparten - Thermal Power, Renewable Power und Grid Divison - auf 10 bis 11 Milliarden Euro schätzen.

   Alstoms Ja zum verbindlichen Angebot von GE drängt den Rivalen Siemens zunächst einmal ins Abseits. Die Münchener waren von der französischen Regierung ins Spiel gebracht worden, weil ihr ein europäischer Käufer für Alstoms Geschäft lieber wäre.

   Alstom musste vor einem Jahrzehnt mit Staatsgeld vor der Pleite gerettet werden und strauchelt finanziell noch immer. Doch der Konzern bleibt ein Symbol-Unternehmen in Frankreich, wo er die Hochgeschwindigkeitszüge TGV sowie Turbinen für die Atomkraftwerke des Landes fertigt.

   Vergangene Woche war bereits die Nachricht durchgesickert, dass GE das Energiegeschäft von Alstom kaufen wolle, das 70 Prozent von Alstoms Umsatz ausmacht. Daraufhin brach eine politische Großdebatte aus. Alstoms Schicksal ist ein hochsensibles Thema in Frankreich, wo Politiker - aus den Reihen der sozialistischen Regierung unter Präsident François Hollande ebenso wie aus der Opposition - von Unternehmern eine gewisse Unterwürfigkeit erwarten.

   Der US-Konzern GE argumentiert vor französischen Regierungsbeamten, dass er schon seit Jahren in dem Land investiere. Dort beschäftigt das Unternehmen 10.000 Menschen und will weiter wachsen. In einem Brief teilte GE-Chef Jeff Immelt dem französischen Präsidenten mit, dass er vier globale Geschäftssparten, darunter die Wasserkraft und die Dampfturbinen, in Frankreich halten werde.

   "Wir verpflichten uns, die Zahl unserer Angestellten zu erhöhen, insbesondere die Fachkräftestellen im Bereich Ingenieurwesen und Produktion", schrieb Immelt. Zudem versprach er, sich dafür einsetzen zu wollen, dass GE einen französischen Unternehmenslenker in seinen Verwaltungsrat holt. Mit dem Brief reagiert GE unmittelbar auf die Bedenken der französischen Regierung. Am Montag hatte Hollande gesagt, ihn interessiere vor allem, dass ein wie auch immer gearteter Deal in Frankreich Jobs schaffe.

   Der französische Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg sagte am Dienstag, er habe die französische Aktienmarktaufsicht gebeten sicherzustellen, dass Alstom sämtliche Angebote angemessen berücksichtigt.

   Alstom ist wegen seiner dürftigen Finanzlage in die derzeitige politische Bredouille geraten. Ende 2013 war die Finanznot in dem Konzern so groß, dass ein Verkauf von Unternehmensbestandteilen als einzige Möglichkeit erschien, um frisches Kapital zu beschaffen. Alstom hatte zunächst vor, sein Eisenbahngeschäft an die Börse zu bringen, das ein Drittel des Konzernumsatzes einbringt, entschied sich aber Anfang dieses Jahres dagegen. Stattdessen beschloss Alstom, GE als Käufer für sein Energiegeschäft zu gewinnen.

   GE hat immer schon gesagt, lediglich an unkomplizierten Geschäften im Wert zwischen 1 und 4 Milliarden Dollar interessiert zu sein. Aber Alstom klopfte bei GE an, als dessen Chef Immelt unter Druck stand, die Industriegewinne des Unternehmens zu steigern und weniger stark von der Finanzsparte abzuhängen.

   In einem Analystentelefonat nach der Bekanntgabe der Quartalszahlen Mitte April sagte Immelt, GE würde größere Zukäufe in Betracht ziehen, sofern sie gut zum Konzern passten und nicht zu teuer seien.

   Beide Unternehmen wussten laut Insidern, dass sie auf politische Risiken stoßen würden. Trotzdem hätten sie im Geheimen einen Übernahmeplan ausgekungelt, ohne die französische Regierung einzuweihen. Dieses Vorgehen geriet zum Bumerang, als die Nachricht von den Verkaufsplänen vergangene Woche an die Öffentlichkeit geriet.

   Die Tatsache, dass Alstoms Vorstandsvorsitzender Patrick Kron hinter dem Rücken des eigenen Verwaltungsrates und der französischen Regierung mit GE über einen Spartenverkauf verhandelte, brachte ihm in den Reihen des Hollande-Kabinetts tiefes Misstrauen ein.

   Am Dienstag wetterte der französische Wirtschaftsminister Montebourg im französischen Parlament, dass Kron Frankreich den Rücken gekehrt habe. Montebourg, der dafür bekannt ist, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, sagte, er habe den Vorstandschef seit Februar mehrfach gesprochen. Und jedesmal hätte ihm Kron versichert, dass Alstom in keinster Weise eine Allianz plane.

   "Muss der Wirtschaftsminister erst einen Lügendetektor in seinem Büro installieren für die Chefs der Blue-Chip-Unternehmen, denen das grundlegende Verständis der Bürgerpflicht fehlt, ihre Regierungen zu warnen?" fragte Montebourg. Tags zuvor hatte Montebourg Kron öffentlich vorgeworfen, einen "Bruch nationaler Ethik" verübt zu haben.

   Weder Alstom noch eine Sprecherin Krons wollten sich in der Sache äußern.

   Das Geschäft zwischen Alstom und GE muss noch von den Gewerkschaftsvertretern des französischen Konzerns und den Aktionären gebilligt werden. Sollte es zustande kommen, wäre es eines der größten, das Immelt in seiner bisherigen Amtszeit vollbracht hätte.

   GE würde sich mit dem Zukauf ein Portfolio an Turbinen für Kohle- und Atomkraftwerke einverleiben sowie eine Sparte, die Ausrüstung für Stromnetze verkauft. Das Unternehmen würde zudem eine bedeutende bestehende Geschäftsbasis in Westeuropa und in Schwellenländern übernehmen, die es dann für Dienstleistungen, Ersatzteile und Reparaturarbeiten ausnutzen könnte.

   Im Gegenzug würde Alstom nach dem Verkauf zu einem wesentlich kleineren Konzern zusammenschrumpfen und sich künftig auf den Bau von Pendlerzügen und Eisenbahninfrastruktur konzentrieren. Der deutsche Rivale Siemens hat durchblicken lassen, dass er bereit wäre, Teile seines eigenen Eisenbahngeschäfts zum Tausch anzubieten, um den französischen Konzern in dieser Branche zu stärken.

   GE werde mit der vorläufigen Zustimmung in der Hand nun wohl die französische Regierung weiter bearbeiten, sagt eine mit der Sache vertraute Person. GE-Manager hätten sich diese Woche bereits mit Spitzenbeamten der französischen Regierung getroffen, und das Unternehmen habe den Eindruck, "auf dem richtigen Weg" zu sein, sagt die informierte Person.

   Alstom hat es indes eilig, einen Deal unter Dach und Fach zu bringen. Vor zwei Wochen erst hatten Gewerkschaften den Konzern für einen umfangreichen Restrukturierungsplan kritisiert, der Jobverluste und mögliche Verkäufe von Unternehmensteilen vorsieht. Daraufhin traf sich Alstom-Chef Kron hinter verschlossenen Türen mit Gewerkschaftsvertretern, um eine entschiedene Warnung auszusprechen: "Wenn Ihr die Dinge hinauszögert, werden wir beim nächsten Treffen über den Bankrott dieses Unternehmens sprechen", habe Kron gesagt, erzählt Christian Garnier, ein Gewerkschaftsvertreter, der bei dem Treffen dabei war.

   -Mitarbeit: Ted Mann und Kate Linebaugh

   DJG/DJN/kla

   (END) Dow Jones Newswires

   April 30, 2014 03:10 ET (07:10 GMT)

   Copyright (c) 2014 Dow Jones & Company, Inc.- - 03 10 AM EDT 04-30-14

Analysen zu Siemens AGmehr Analysen

06.01.25 Siemens Buy Deutsche Bank AG
06.01.25 Siemens Buy Deutsche Bank AG
06.01.25 Siemens Outperform Bernstein Research
06.01.25 Siemens Buy Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
03.01.25 Siemens Overweight JP Morgan Chase & Co.
Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!

Aktien in diesem Artikel

Alstom S.A. 20,01 -1,77% Alstom S.A.
Siemens AG 196,20 0,47% Siemens AG