Überraschend gut |
04.08.2016 08:35:40
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Siemens hebt Gewinnprognose an nach starkem Quartal
Bereits nach dem Auftaktquartal des laufenden Geschäftsjahres 2015/16, das im September endet, hatte sich der DAX-Konzern optimistischer gezeigt und den Ergebnisausblick damals auf 6,00 bis 6,40 Euro je Anteilsschein erhöht.
An der Börse wurden die Zahlen des DAX-Schwergewichts begeistert aufgenommen. Analysten sprachen durch die Bank von überzeugenden Zahlen über den Erwartungen. Gegen Mittag notierte die Siemens-Aktie rund 4,1 Prozent fester und übersprang die 100-Euro-Marke. So viel war die Aktie zuletzt im April 2015 wert.
Zum dritten Mal keine wesentlichen Projektbelastungen
Zum dritten Mal in Folge konnte Siemens ein Quartal abschließen, ohne dass hohe Belastungen für Probleme und Verzögerungen bei Großprojekten anfielen, sagte Finanzvorstand Ralf Thomas nicht ohne Stolz. Diese "Charges" hatten dem Industriekonzern in der Vergangenheit regelmäßig das Ergebnis verhagelt.
Thomas sagte auch, er sehe momentan keine Zeichen, warum Siemens sein industrielles Geschäft im laufenden Geschäftsjahr nicht erfolgreich abschließen sollte. Das kurzzyklische Geschäft, etwa die Automatisierungstechnik, sei aber immer noch schwer vorherzusagen, so der Finanzvorstand.
Siemens-Chef Joe Kaeser, der mit seiner Vision 2020 eben auch dieses Siemens-typische Problem mangelnder Projektexekution bekämpfen wollte, dämpfte trotzdem möglicherweise aufkommende Feierlaune in der Belegschaft. "Trotz eines ordentlichen Quartals wachsen die Bäume noch nicht in den Himmel." Auch Thomas betonte, dass es naiv wäre, zu glauben, dass Projekt-Belastungen bei Siemens nun für immer der Vergangenheit angehören würden.
Kaeser: Der jahrelange Wachstumsverfall ist gestoppt
Auf der anderen Seite sagte Kaeser nicht ohne Stolz: "Der jahrelange Wachstumsverfall ist gestoppt." Und: "Im Marktvergleich haben wir überzeugt." Dies spiegeln die Zahlen des dritten Quartals klar wider. Der Auftragseingang, der eine Indikation für künftige Umsätze ist, legte im Juni-Quartal um 6 Prozent auf 21,06 Milliarden Euro zu. Insgesamt hat Siemens jetzt Aufträge im Gesamtwert von 116 Milliarden Euro in den Büchern stehen, ein neuer Rekordwert.
Stützend beim Auftragseingang wirkten aber auch Großaufträge, vor allem in den Bereichen Power and Gas sowie Wind Power and Renewables. Per Ende Juni lag die Book-to-Bill-Ratio bei 1,06. Im Gesamtjahr will Siemens die Kennziffer, die das Verhältnis von Neu-Aufträgen und Umsatz angibt, weiterhin "klar über 1" halten. Beim Umsatz steht ein Plus von 5 Prozent auf 19,8 Milliarden Euro. Werden Portfolioveränderungen und Währungsschwankungen herausgerechnet, stieg der Auftragseingang im Vorjahresvergleich um 9 Prozent, während der Umsatz um 7 Prozent zulegte.
Das operative Ergebnis des industriellen Geschäfts legte um 20 Prozent auf 2,19 Milliarden Euro zu. Das entspricht einer Marge von 10,8 Prozent, die damit im oberen Bereich der von Siemens für das Geschäftsjahr angestrebten 10 bis 11 Prozent liegt.
Große Lücke bei Pensionsverpflichtungen, aber keine Nachschuss-Notwendigkeit
Unterm Strich verdiente der DAX-Konzern 1,64 Euro je Aktie, nach 1,65 Euro im Vorjahr. Das Nettoergebnis belief sich auf 1,33 Milliarden Euro nach 1,36 Milliarden im Vorjahr. Das bessere operative Ergebnis wurde durch Faktoren außerhalb des operativen Geschäfts aufgezehrt. Dazu zählen unter anderem höhere Zinsaufwendungen und Steueraufwendungen sowie Rückbau- und Stilllege-Verpflichtung für die Brennelemente-Fabrik im hessischen Hanau. Eine Milliarden-schwere Lücke tut sich auch bei den Pensionsverpflichtungen auf. Thomas stellte aber klar, dass dies dem Niedrigzins-Nivaeu geschuldete Finanz-Mathematik sei und momentan keine Nachschuss-Pflicht seitens des Konzerns bestehe.
Acht Divisionen erfüllen ihre Margenerwartungen
Gute Geschäfte machte Siemens im zurückliegenden Quartal insbesondere in den Divisionen Power and Gas sowie Wind Power and Renewables. Bei ersterem profitiert Siemens von einem Großauftrag aus Ägypten. Hier legte der Auftragseingang um 26 Prozent, der Umsatz um 32 Prozent und das Ergebnis gar um 69 Prozent zu. Im Windgeschäft, wo Siemens mit der spanischen Gamesa fusionieren will, ließen Großaufträge aus Großbritannien und Deutschland den Auftragseingang vervielfachen, während der Umsatz um 22 Prozent und das Ergebnis um 178 Prozent zulegte, worin sich die gestiegene Profitabilität widerspiegelt.
Acht der insgesamt neun Divisionen erreichten im zurückliegenden Quartal ihre Margen-Zielbänder, eine eben nicht: die Prozessautomatisierung-Divivison Process and Drives. Dort wurden, wie einst im Handy-Geschäft oder beim Telefonanlagen-Bau, Innovation-Zyklen verpasst, was teilweise auch der zunehmenden Digitalisierung geschuldet ist. Und Siemens-Chef Kaeser fand mahnende Worte: "Es besteht akuter Handlungsbedarf, Abwarten ist keine Option." Rund 2.500 Stellen sollen abgebaut werden. Im zurückliegenden Quartal wurden bereits 40 Millionen Euro an Restrukturierungskosten gebucht, 200 bis 300 Millionen Euro sollen im laufenden Schlussquartal folgen, kündigte der Finanzchef an.
Geopolitische Spannungen bereiten Siemens Sorgen
Auch mit der geplanten Kostensenkung, die 1 Milliarde Euro bringen soll, kommt Siemens laut Thomas gut voran. Möglicherweise schon im laufenden Geschäftsjahr könnte das Einsparziel durch Abbau von Stellen vornehmlich in der Verwaltung erreicht werden, sagte der Finanzchef.
Einen Ausblick auf das in knapp zwei Monaten beginnende Geschäftsjahr 2016/17 mochte Kaeser noch nicht geben und verwies auf die im November anstehende Bilanzvorlage. Kaeser ging in einer Telefonkonferenz mit Journalisten aber ausführlich auf die geopolitischen Spannungen ein. "Als wir im vergangenen November unsere Prognose für dieses Jahr abgegeben haben, waren wir die ersten, die auf geopolitische Spannungen hingewiesen haben. Und ich hätte mit gewünscht, wir hätten unrecht behalten", sagte Kaeser./men/fbr
Dow Jones Newswires
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