17.06.2018 14:32:40
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Presse/Streit über Wehretat: Union und FDP attackieren Finanzminister Scholz
BERLIN (dpa-AFX) - Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen will nach einem Bericht viel mehr Geld für die Bundeswehr, als Finanzminister Olaf Scholz (SPD) dafür eingeplant hat. Die beiden Minister liegen für den Zeitraum bis 2022, dem Ende der Wahlperiode, um 25 Milliarden auseinander, berichtete die "Bild"-Zeitung (Samstag). Der "Spiegel" zitiert zudem aus einem internen Dokument der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, wonach die mittelfristige Finanzplanung des Vizekanzlers aus Sicht der Unionsabgeordneten gegen den Koalitionsvertrag verstößt.
Von der Leyen (CDU) verlangt nach "Bild"-Informationen bis Ende der Wahlperiode (2021) rund 15 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr als eingeplant. Für 2022 wolle sie noch einmal 10 Milliarden Euro zusätzlich, berichtete die Zeitung unter Berufung auf einen ihr vorliegenden vertraulichen Bericht des Verteidigungsministeriums. Darin heiße es, dass ohne zusätzliches Geld "mehr als 200 neue Vorhaben" nicht realisierbar seien, darunter Gemeinschaftsprojekte wie die "Eurodrohne". Zum "gewaltigen Modernisierungsbedarf" der Truppe kämen die angestrebte Personalaufstockung und andere Kostenfaktoren hinzu.
Ein Ministeriumssprecher wollte die "Bild"-Angaben am Samstag nicht bestätigen. Er sagte jedoch, bei dem zitierten Papier könnte es sich möglicherweise um ein fast über drei Monate altes internes Planungsdokument handeln. "Diese Papiere werden natürlich ständig aktualisiert", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Die aktuelle Haushaltsaufstellung läuft noch, diese sollten wir abwarten."
Der Wehretat ist schon jetzt der zweitgrößte Posten im Bundeshaushalt. Für das laufende Jahr sind 38,5 Milliarden Euro vorgesehen, für das kommende 41,5 Milliarden Euro. Von der Leyen fordert jedoch schon seit Längerem, dass ihr Etat auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigt - rund 60 Milliarden Euro jährlich. Zudem fordert US-Präsident Donald Trump, dass Deutschland als Nato-Partner spätestens 2024 sogar 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investiert.
In dem vom "Spiegel" zitierten Papier der Unionsfraktion heißt es: "Die derzeitigen Pläne von Minister Scholz ignorieren den dringend notwendigen Bedarf der Bundeswehr" und gefährdeten die internationale Handlungsfähigkeit Deutschlands. Demnach würde der Wehretat in den Jahren nach 2021 sogar wieder sinken. "Eine solche mittelfristige Finanzplanung widerspricht eindeutig dem Koalitionsvertrag", sagte Fraktionsvize Johann Wadephul (CDU) dem Nachrichtenmagazin.
Der SPD-Verteidigung- und Haushaltspolitiker Johannes Kahrs warf der Union beim Thema Verteidigung "Versagen auf ganzer Linie vor". Er wies auf Twitter auf die bekannten Ausrüstungsprobleme der Truppe hin und erklärte: "Mehr Geld bringt erst mal nix." Sein Parteikollege Rolf Mützenich warf der Ministerin vor, ihre Forderungen seien nicht gedeckt. "Was die Verteidigungsministerin weder beim damaligen CDU-Finanzminister noch bei den Koalitionsverhandlungen durchsetzen konnte, lastet sie jetzt anderen an", erklärte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. "Im Fußball nennt man so etwas "grobes Foul"".
Die FDP rief Scholz auf, sich der Realität zu stellen. Die Bundeswehr müsse endlich modernisiert werden und dafür bedürfe es eines angemessenen Etats, erklärte die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. "Den Verteidigungsetat auf Kosten der Soldaten zum Spielball der Koalitionsstreitigkeiten zu machen ist ein Sicherheitsrisiko für Deutschland", betonte sie.
Als überzogen bezeichneten die Grünen von der Leyens angemeldeten Geldbedarf. Der grüne der Sicherheits- und Haushaltspolitiker Tobias Lindner warf von der Leyen Maßlosigkeit vor. "Einfach mal alle möglichen Beschaffungsvorhaben aufzuschreiben, die der Ministerin in den Sinn kommen, ist nicht nur unbezahlbar, sondern hat auch mit vernünftigen Prioritäten für die Ausstattung der Bundeswehr nichts zu tun", sagte er.
Abgeordnete von Union und SPD sprachen sich zudem dafür aus, die Mitbestimmungsrechte des Bundestags bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu beschneiden und so eine bessere Zusammenarbeit mit Streitkräften anderer EU-Länder zu ermöglichen. "Ich kann die Skepsis der Franzosen gegenüber dem deutschen Parlamentsvorbehalt verstehen, insbesondere wenn wir die notwendige gemeinsame strategische Kultur entwickeln wollen", sagte der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter dem "Spiegel".
Der SPD-Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu äußerte sich ähnlich: "Wenn Deutschland international verlässlich sein will, müssen unsere Partner uns abnehmen, dass wir im Fall des Falls auch schnell handlungsfähig sind." Dem widersprach sein Parteikollege Mützenich. Die dem Parlament vom Bundesverfassungsgericht zugewiesenen Mitspracherechte dürften nicht aufgeweicht werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die Bundeswehr nur mit Zustimmung der Bundestages im Ausland eingesetzt werden darf./ro/DP/stw
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