Schiedsgericht |
14.11.2024 14:04:00
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OMV erstreitet gegen GAZPROM über 230 Millionen Euro - Aktie steigt marginal
Denn die OMV habe inzwischen alternative Gasversorgung aus nicht-russischem Gas sowie weitere Gas-Lieferkapazitäten aufgebaut. Insbesondere mit Gas aus Norwegen und Flüssiggas (LNG). "OMV bekräftigt, dass das Unternehmen die vertraglich zugesicherten Gasmengen an seine Kunden auch im Fall einer möglichen Lieferunterbrechung von GAZPROM beliefern kann", so die Aussendung. Auch seien die Gasspeicher der OMV derzeit zu über 90 Prozent gefüllt.
In diesem Streit ging es um unregelmäßige Lieferungen von GAZPROM Export sowie um die gänzliche Einstellung der Lieferungen im September 2022 in Deutschland. Der zugesprochene Schadenersatz werde positiv zum Ausgleich des im Jahr 2022 entstandenen finanziellen Schadens beitragen, so die OMV heute. Sollte GAZPROM in Reaktion auf die Verrechnung des Schadenersatzes die Lieferungen einstellen, käme es bei der OMV zu geringen einmaligen Hedging-Verlusten, die aber von dem zugesprochenen Schadenersatz "deutlich überwogen" werden. Potenziell seien Gaslieferungen von 5 TWh pro Monat betroffen.
Bereits im Juli hatte OMV-Chef Alfred Stern gesagt, die OMV sei auf das russische Gas nicht mehr angewiesen. Die OMV habe den Bezug von russischem Gas bereits deutlich reduziert. Allerdings kann die OMV nach eigenen Angaben nicht aus dem langfristigen Liefervertrag aussteigen, der sie verpflichtet, das Gas aus Russland auf jeden Fall abzunehmen. Sollte GAZPROM ihrerseits ihre Lieferungen einstellen, wäre das für die OMV die Chance, den Bezug von russischem Gas zu stoppen. Auch wenn, wie von der Ukraine angedroht, ab Jahreswechsel kein russisches Gas mehr durch die Ukraine fließen sollte, würde Russland vertragsbrüchig und die OMV könnte aus dem inzwischen ungeliebten langfristigen Liefervertrag aussteigen. Das Szenario, dass kein Gas aus Russland mehr nach Österreich kommt, hat inzwischen seinen Schrecken verloren.
OMV-Chef Stern: GAZPROM liefert, OMV aber auf Lieferstopp vorbereitet
Die OMV erhält derzeit planmäßig Erdgas vom russischen Gasriesen GAZPROM, im Falle eines Lieferstopps sieht sich der teilstaatliche Energiekonzern aber gut gerüstet. "Die OMV bereitet sich auf das jetzt seit knapp drei Jahren vor", sagte OMV-Chef Alfred Stern im APA-Gespräch. Am Mittwoch waren dem Konzern im Streit mit GAZPROM mehr als 230 Mio. Euro Schadensersatz zugesprochen worden, die OMV will den Anspruch mit Zahlungsverpflichtungen an den Gaslieferanten aufrechnen.
Die OMV hat mehrere laufende Schiedsverfahren mit GAZPROM, in diesem Streit ging es um unregelmäßige Lieferungen von GAZPROM Export sowie um die gänzliche Einstellung der Lieferungen im September 2022 in Deutschland. Der daraus entstandene Schaden werde mit den zugesprochenen 230 Mio. Euro plus Zinsen und Kosten zum Großteil abgedeckt.
"Dieser Schadensersatz wurde uns mit einer schuldbefreienden Wirkung zugesprochen, das bedeutet, dass wir das aufrechnen können gegen eine ausstehende Zahlungsverpflichtung an die GAZPROM", erklärte Stern. Das will das Unternehmen auch tun. Stern rechnet dadurch mit einem positiven Einfluss auf den Cashflow und den operativen Gewinn im vierten Quartal 2024.
Ob und wann GAZPROM als Reaktion auf die Verrechnung des Schadenersatzes die Lieferungen einstellen wird, lässt sich laut Stern schwer vorhersagen. "Ich kann sagen, dass heute die Gasflüsse aufrecht sind, so wie gestern auch, und es bisher keine Reaktion gegeben hat". Für den Fall eines Lieferstopps sei der Gaskonzern jedenfalls vorbereitet. "Wir können alle unsere Kunden jederzeit auch mit nicht-russischem Gas beliefern", betonte der OMV-Chef.
Die OMV bezieht pro Monat etwa 4 bis 5 Terawattstunden (TWh) Gas aus Russland, die nun zugesprochenen 230 Mio. Euro entsprechen in etwa dieser Menge. Zu den Zahlungsformalitäten hielt sich der OMV-Chef bedeckt, Energieexperten der österreichischen Energieagentur und des Datenanalyseunternehmens ICIS sagten, die nächste OMV-Zahlung an GAZPROM sei am 20. November fällig.
Das alternative Gas komme etwa aus Norwegen, teilweise aus eigener Produktion oder in Form von LNG. Auch die Pipeline-Kapazitäten seien gesichert und die OMV-Speicher in Österreich seien zu über 90 Prozent gefüllt. Im Fall eines Lieferstopps könne der Energiekonzern sofort darauf zugreifen, "das war Teil unserer Strategie, dass wir diese Mengen ja bereits heute beziehen, aber nicht langfristig Lieferverpflichtungen eingegangen sind, das heißt, wir haben das tageweise verfügbar", erklärte Stern.
Zur Frage, ob das Gas aus alternativen Quellen teurer ist als jenes aus Russland, sagte der OMV-Chef: "Diese Gaslieferverträge sind immer an die Börsenpreise geknüpft", der Preis werde durch Angebot und Nachfrage bestimmt. "Wenn die Lieferungen ausfallen, wäre kurzfristig zu erwarten, dass es möglicherweise zu einer Erhöhung der Börsenpreise kommt, weil die Lieferquelle ersetzt werden muss", sagte Stern, die OMV sei darauf aber mit den Lieferverträgen aus anderen Quellen vorbereitet.
Je nachdem, wie die GAZPROM reagiert, könne es zu sogenannten Hedging-Verlusten kommen, die jedoch "klein sein werden, im Vergleich zu diesen 230 Millionen", so Stern am Donnerstag.
Bei der Bekanntgabe ihres Quartalsergebnisses Ende Oktober hatte die OMV erklärt, dass die finanziellen Auswirkungen im Falle eines Lieferausfalls auf eine einmonatige Forward-Hedge-Position begrenzt wären. Die OMV müsste die monatliche Mengen dann am Spotmarkt kaufen. Bei einer angenommenen Preissteigerung von 5 Euro pro Megawattstunde (MWh) würde sich dies mit 25 Mio. Euro auf das bereinigte CCS-Betriebsergebnis auswirken.
E-Control erwartet keinen Gasmangel
Die Energieregulierungsbehörde E-Control erwartet keine Gasmangellage in Österreich. Sollte die OMV nach dem Schiedsgerichtsspruch Zahlungen einbehalten und Gazprom Export die Lieferungen stoppen, seien die Maßnahmen in Österreich ausreichend, um die Gasversorgung für die nächsten beiden Winter zu sichern, sagte E-Control-Vorstand Alfons Haber zur APA. Die Gasspeicher in Österreich und anderen EU-Ländern seien zu über 90 Prozent gefüllt.
Österreich könne statt Pipeline-Gas via Ukraine mit Flüssigerdgas aus Deutschland und Italien beliefert werden. Ob und wie stark die Gaspreise bei einem Lieferstopp steigen könnten, wollte Haber nicht prognostizieren. Aktuell kostet eine Megawattstunde Erdgas an der Börse rund 45 Euro. Preise von über 300 Euro wie Mitte 2022 seien nicht zu erwarten.
Nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine sei die Gasversorgung diversifiziert und eine strategische Gasreserve angelegt worden. Die Pipelinekapazitäten aus Deutschland und Italien reichten aus, um russische Erdgasmengen zu ersetzen.
Der frühere E-Control-Vorstand Walter Boltz, Berater von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), sagte im "Ö1-Mittagsjournal": "Wenn die OMV die 230 Millionen von ihren Zahlungen an die Gazprom abzieht, dann bin ich nahezu sicher, dass das russische Unternehmen kaum eine andere Wahl hat als die Lieferungen einzustellen."
Gewessler schrieb Mittwochabend auf X, die Entscheidung sei "ernst zu nehmen, aber keine unmittelbare Gefährdung für unsere Versorgungssicherheit". Österreich könne und werde ohne russisches Gas auskommen. "Trotzdem ist klar, dass eine plötzliche Lieferunterbrechung auf den Gasmärkten für Anspannung sorgen könnte". Daher seien alle Gasversorgungsunternehmen aufgerufen, von russischem Gas unabhängig zu werden.
Das alternative Gas kommt laut OMV-Chef Stern aus Norwegen, teilweise aus eigener Produktion oder in Form von Flüssigerdgas (LNG) per Schiff in den LNG-Terminals in der deutschen oder italienischen Küste an.
Die österreichische Energieagentur hatte mit der E-Control im Juni 2024 Prognosen für den Wegfall des Gastransits durch die Ukraine per 1. Jänner 2025 erstellt. Demnach reichten die derzeitigen Importkapazitäten aus Deutschland und Italien selbst bei Mitversorgung der östlichen Nachbarländer Slowakei, Ungarn und Slowenien aus, um durch zwei sehr kalte Winter zu kommen. Der Speicherstand würde dann bis Mai 2026 auf rund 50 Prozent sinken.
Ein Aus der russischen Gaslieferungen durch die Pipeline, die via Ukraine und Slowakei am niederösterreichischen Gasknoten Baumgarten ankommen, steht seit längerem im Raum. Die Ukraine hatte mehrmals angekündigt, den Gastransitvertrag mit Russland, der am 31. Dezember 2024 endet, nicht verlängern zu wollen. Sie hat sich aber bereit erklärt, den Transit unter bestimmten Bedingungen und mit Beteiligung von EU-Unternehmen fortzusetzen.
Obwohl die russischen Gasimporte in die Europäische Union wegen des Ukraine-Kriegs größtenteils gestoppt sind, sind einige EU-Länder in Zentraleuropa teilweise noch auf Gas aus Russland angewiesen, das durch die Ukraine fließt. Österreich bezieht den Großteil seines Gases über diese Route. Derzeit fließen unter dem Transitvertrag noch jährlich rund 15 Milliarden Kubikmeter bzw. 150 TWh russisches Gas nach Europa. 2022 floss in Summe zehn Mal so viel russisches Erdgas in die EU.
Die OMV-Aktie notiert an der Wiener Börse zeitweise 1,66 Prozent höher bei 38,02 Euro.APA
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