28.07.2022 16:04:40

MÄRKTE EUROPA/Schwaches US-BIP relativiert Zinserhöhung

FRANKFURT (Dow Jones)--Leicht im Plus zeigen sich Europas Aktienmärkte am Donnerstagnachmittag. Die Zinserhöhung der US-Notenbank von 75 Basispunkten am Vorabend wird freundlich aufgenommen, auch wenn man der Erleichterungsrally der US-Technologiewerte nicht folgen kann. Der DAX gewinnt 0,4 Prozent auf 13.228 Punkte, der Euro-Stoxx-50 steigt um 0,6 Prozent auf 3.629 Zähler. Dazu gibt es eine Flut an Quartalszahlen - und hier läuft es nicht rund: Im DAX gab es schwache Auslieferungen bei Airbus und sogar Gewinnwarnungen von Fresenius Medical Care und Fresenius.

US-BIP fängt deutsche Inflation auf

Den Aufwärtskurs haben die Aktienmärkte erst nach einem schwachen US-BIP eingeschlagen. Denn zunächst wurden neue Inflationsängste mit den deutschen Verbraucherpreisen (CPI) für Juli geschürt. Sie stiegen in der europaweit vergleichbaren HVPI-Berechnung um 8,5 Prozent. Erwartet waren nur 8,1 Prozent mehr. Die Hoffnungen der EZB auf das Erreichen eines Spitzenwertes zerschlagen sich damit.

Für Entspannung sorgte aber ein schwaches US-BIP: Es gab um 0,9 Prozent im zweiten Quartal nach, was die USA in eine zumindest technische Rezession drückt. Hierüber freute sich der Markt, da damit der Zinsdruck in den USA nachlässt - und somit auch der Zwang zum Nachziehen für die EZB. Auch der Euro erholte sich danach bis auf 1,017 Dollar.

Er litt zuvor unter schlechten Nachrichten von der Wirtschaftsstimmung aus dem Euro-Raum: Der entsprechende Index fiel auf 99,0 Punkte nach 103,5 im Vormonat und damit unter seinen langfristigen Durchschnitt.

US-Notenbank hebt Leitzins um 75 Basispunkte an - Fehlinterpretation möglich

Die Zinserhöhung der US-Notenbank um 75 Basispunkte war vom Markt erwartet worden. Über die folgenden Kommentare zum weiteren Zinspfad gehen die Meinungen der Marktteilnehmer jedoch auseinander. Als "taubenhaft" und Kurstreiber für US-Technologiewerte wurde empfunden, dass keine weitere Erhöhung für die September-Sitzung angekündigt wurde, sondern auf fallweise Entscheidungen je nach Datenlage verwiesen wurde.

Hier könnten sich Marktteilnehmer aber täuschen, stellen einige Strategen fest. So heißt es von der Bank of America, die Fed habe klargestellt, dass Inflationsbekämpfung an erster Stelle komme - alles andere erst dahinter. Damit könnten weitere Zinserhöhungen selbst bei leichten Rezessionszeichen der Wirtschaft erfolgen. Auch von BNY Mellon heißt es, die Fed habe dies dadurch unterstrichen, dass sie selbst auf dem jetzigen, fast neutralen Zinsniveau noch weitere Erhöhungen in Richtung restriktiverer Levels sieht.

Fresenius-Familie bricht ein - FMC kappt Prognose

Mit einem Kurseinbruch von 13 Prozent zeigen sich die Aktien des Dialysedienstleisters Fresenius Medical Care (FMC). Er hat seine Jahresprognose wegen des Arbeitskräftemangels in den USA und hoher Lohnkosten gesenkt. FMC rechnet nun mit einem geringeren Umsatzwachstum und Gewinn. Die Analysten von Jefferies befürchten, dass die Konsenserwartung für 2022 um bis zu 24 Prozent gesenkt werden könnte. Dies hat üblicherweise Kursverluste in gleicher Höhe zur Folge.

Darunter leiden die Aktien von Muttergesellschaft Fresenius: Sie musste ihre Jahresprognose wegen der FMC-Warnung ebenfalls senken, die Aktie verliert 9 Prozent.

Bei Airbus (-3,5%) sind die Quartalszahlen durchwachsen ausgefallen: Während der Umsatz die Erwartungen verfehlte, war der Gewinn etwas besser. Negativ wird jedoch die Senkung der angepeilten Auslieferungen von Verkehrsflugzeugen auf rund 700 von bislang 720 aufgenommen. Der Markt hatte aber mit 720 gerechnet.

Beim Versicherer Scor geht es an der Pariser Börse sogar 15 Prozent nach unten. Die Citigroup spricht von einem signifikanten Verfehlen der Erwartungen.

Gute Daten aus dem Auto-Sektor

Gut kommen die Daten von Volkswagen (+3,2%) an: Im zweiten Quartal verdiente der Autokonzern mehr, obwohl weniger Autos verkauft wurden. Wie schon zuvor bei Mercedes zu sehen, bevorzugen die Wolfsburger die Auslieferung hochpreisiger und damit auch hochmargiger Fahrzeuge vor Kleinwagen mit geringen Margen, heißt es im Handel.

Auch bei Stellantis geht es nach Halbjahreszahlen um 5,1 Prozent nach oben. Diese sind laut RBC sowohl beim operativen Gewinn als auch der Marge über den Konsensschätzungen ausgefallen. Sehr stark hat sich der freie Cashflow entwickelt - mit 5,32 Milliarden Euro lag er mehr als doppelt so hoch wie erwartet.

Die Geschäftszahlen von Traton (+3,3%) sind ebenfalls besser als befürchtet. Vor allem Lkw-Hersteller MAN hat überzeugt, NAV entwickelte sich dagegen unterdurchschnittlich. Die operative Marge wäre ohne zwischenzeitlichen Produktionsstopp sogar noch höher ausgefallen.

Hoffen auf US-Klimagesetz treibt Windbranche

Kräftig im Plus zeigen sich die Aktien der Windanlagen-Hersteller. Bei Vestas geht es um fast 18 Prozent nach oben, bei Nordex um 14 Prozent. "Das US-Klimagesetz könnte ein Game Changer für die Branche werden", sagt ein Händler. Investitionen von rund 370 Milliarden Dollar könnten in der nächsten Dekade in die Erneuerbaren Energien gepumpt werden. Die Citi-Analysten schätzen, dass Windfarmen schon 2025 operativ laufen müssten, um von Subventionszahlungen zu erhalten. Daher müssten sie schon 2024 gebaut werden, was auf eine große zusätzliche Nachfrage schließen lasse.

Zahlen quer durch alle Branchen

Weitere gute Nachrichten gibt es aus dem Chip-Sektor: So hat STMicro (+2,4%) starke Geschäftszahlen für das zweite Quartal vorgelegt, auch der Umsatzausblick wurde erhöht. Nicht nur lag der Umsatz über Erwartung, auch die hohe Bruttomarge von 47,4 Prozent übertraf die Schätzung.

Auch bei Aixtron (+2,2%) und Wacker Chemie (+11%) geht es dank starker Geschäftszahlen nach oben.

Nestle geben nach ihren Quartalsdaten 1 Prozent ab. Bei Jefferies heißt es dazu, das Unternehmen sei ein Schiff auf ruhigem Kurs in schwierigem Fahrwasser. Nachdem die Preiserhöhungen zu einer Anhebung der Umsatzprognose geführt haben, wird dies durch eine etwas vorsichtigere Sichtweise bei der Marge ausgeglichen.

Heidelbergcement (+0,5%) hat im zweiten Quartal mit Hilfe deutlicher Preissteigerungen dem Anstieg der Energiekosten besser getrotzt als erwartet. Auch Air Liquide und Linde ziehen mit einem guten Ausblick über 1 Prozent an.

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Aktienindex zuletzt +/- % absolut +/- % YTD

Euro-Stoxx-50 3.628,96 +0,6% 21,18 -15,6%

Stoxx-50 3.620,79 +0,3% 10,04 -5,2%

DAX 13.227,93 +0,5% 61,55 -16,7%

MDAX 26.762,24 +1,0% 270,33 -23,8%

TecDAX 3.047,30 +0,3% 10,51 -22,3%

SDAX 12.536,58 +0,8% 99,47 -23,6%

FTSE 7.332,51 -0,2% -15,72 -0,5%

CAC 6.301,32 +0,7% 43,38 -11,9%

Rentenmarkt zuletzt absolut +/- YTD

Dt. Zehnjahresrendite 0,82 -0,13 +1,00

US-Zehnjahresrendite 2,66 -0,13 +1,15

DEVISEN zuletzt +/- % Do, 8:51h Mi, 17:25 Uhr % YTD

EUR/USD 1,0147 -0,5% 1,0209 1,0126 -10,8%

EUR/JPY 136,61 -1,9% 138,35 138,32 +4,4%

EUR/CHF 0,9716 -0,7% 0,9796 0,9753 -6,4%

EUR/GBP 0,8366 -0,3% 0,8394 0,8421 -0,4%

USD/JPY 134,62 -1,4% 135,51 136,60 +17,0%

GBP/USD 1,2129 -0,2% 1,2164 1,2024 -10,4%

USD/CNH (Offshore) 6,7471 +0,0% 6,7438 6,7691 +6,2%

Bitcoin

BTC/USD 22.888,48 +0,7% 23.151,18 20.837,45 -50,5%

ROHOEL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD

WTI/Nymex 97,88 97,26 +0,6% 0,62 +36,8%

Brent/ICE 107,29 106,62 +0,6% 0,67 +43,2%

GAS VT-Schluss +/- EUR

Dutch TTF 203,85 205,00 -0,7% -1,38 +240,2%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD

Gold (Spot) 1.753,40 1.734,14 +1,1% +19,26 -4,2%

Silber (Spot) 19,73 19,18 +2,9% +0,56 -15,4%

Platin (Spot) 890,50 890,10 +0,0% +0,40 -8,2%

Kupfer-Future 3,49 3,43 +1,7% +0,06 -21,4%

YTD zu Vortagsschluss

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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/mod/cln

(END) Dow Jones Newswires

July 28, 2022 10:04 ET (14:04 GMT)

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Analysen zu Fresenius Medical Care (FMC) St.mehr Analysen

17.12.24 Fresenius Medical Care Sell Warburg Research
12.12.24 Fresenius Medical Care Market-Perform Bernstein Research
11.12.24 Fresenius Medical Care Underperform Jefferies & Company Inc.
06.12.24 Fresenius Medical Care Buy Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
04.12.24 Fresenius Medical Care Market-Perform Bernstein Research
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