22.06.2020 16:20:40

MÄRKTE EUROPA/Europas Börsen bauen Verluste aus

FRANKFURT (Dow Jones)--Europas Börsen bauen die Verluste am Montagnachmittag wieder aus. Im Handel ist von "normaler Volatilität" die Rede. Fundamental belastet die Sorge vor neuen Wellen von Corona-Ausbreitungen und damit einhergehenden neuen Abriegelungen - zumindest auf regionaler Ebene. Der DAX büßt 0,5 Prozent ein auf 12.270 Punkte, der Euro-Stoxx-50 gibt um 0,7 Prozent auf 3.245 Punkte nach.

Verwiesen wird unter anderem auf den Fall des Fleischverarbeiters Tönnies in Deutschland, wo mittlerweile über 1.300 Neuinfektionen festgestellt wurden. Neue Lockdown-Maßnahmen wurden deshalb zwar noch nicht verfügt, sie könnten aber noch kommen. Denn insgesamt steigt die Infektionsrate in Deutschland wieder. Auch aus anderen Teilen der Welt wird immer wieder von neuen Infektions-Brennpunkten berichtet.

"Entscheidend ist und bleibt die Frage, ob und in welchem Umfang es bei einer zweiten Infektionswelle zu erneuten Lockdowns kommt", sagt Martin Utschneider vom Bankhaus Donner & Reuschel. Als etwas stimmungsbelastend stufen die Marktstrategen der Helaba auch ein, dass die Beratungen der EU-Staats- und Regierungschefs über den milliardenschweren Wiederaufbaufonds am Freitag ohne Ergebnis zu Ende gegangenen sind. Der Euro zeigt sich davon aktuell aber nicht mehr belastet - im Gegentgeil, er erholt sich leicht.

Verschwundene Wirecard-Milliarden gibt es wohl gar nicht

Der Skandal um die verschwundenen Milliardenbeträge von Wirecard auf Konten in Asien hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Der Bezahldienstleister hat eingeräumt, dass es ausgewiesene Bankguthaben von 1,9 Milliarden Euro "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit" nicht gibt. Neben dem Jahresabschluss 2019 hat Wirecard deswegen den Erstquartalsbericht und die Jahresprognose für 2020 zurückgezogen. Auch die "Vision 2025" gilt nun nicht mehr.

Die Ratingagentur Moody's hat schnell reagiert. Zunächst wurden die Anleihen von Wirecard auf Ramschniveau abgestuft, dann das Rating ganz zurückgezogen. Die vorliegenden Informationen seien zu unzureichend oder inadäquat, um die Bewertung beizubehalten, teilte Moody's am Montagmittag mit.

Das verweigerte Testat der Wirtschaftsprüfer könnte bei Wirecard einen Zahlungsausfall und einen hohen Refinanzierungsbedarf bewirken, heißt es. Außerdem geht die Sorge um, dass Kunden abspringen. Wirecard brechen um weitere 41,3 Prozent ein auf 15,15 Euro, lagen im Tagestief aber auch schon bei 13,00 Euro ein.

Nanogate kommen sogar auf ein Minus von 84,8 Prozent. Das Unternehmen steht vor der Zahlungsunfähigkeit. Verhandlungen mit den Banken über ein Finanzierungskonzept zur Stärkung der in der Coronakrise geschwächten Liquidität sind gescheitert. Damit droht nun die Insolvenz.

Unter Druck steht auch die erstmals nur noch im MDAX notierte Lufthansa-Aktie, sie verbilligt sich um 4 Prozent. Hier gibt es viel Verunsicherung vor der Aktionärsversammlung am Donnerstag. Großaktionär Heinz Hermann Thiele hält 15 Prozent der Lufthansa-Aktien und hat damit gedroht, sein Veto gegen eine schon beschlossene Staatsbeteiligung von 20 Prozent einzulegen.

Damit könnte die erforderliche Mehrheit für den Staatseinstieg verfehlt werden, zumal für die Hauptversammlung nur 38 Prozent des Lufthansa-Kapitals angemeldet sind und eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sich nun eingeschaltet und laut Bild am Sonntag Lufthansa-Chef Carsten Spohr und Thiele zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen. Sollte das Treffen Sorgen aus dem Markt nehmen, der Rettungsplan könnte auf der Hauptversammlung scheitern, wäre das für die Aktie positiv, heißt es im Handel. Möglicherweise werde der Bund statt 20 nur 10 Prozent übernehmen.

Die Aktie des Nachrückers für Lufthansa in den DAX, Deutsche Wohnen, notiert unterdessen 0,5 Prozent höher. Der MDAX-Aufrücker Ströer steht 2 Prozent im Plus.

Glencore mit Problemen im Kongo - Diageo verschiebt Veröffentlichung der Zahlen

Aber nicht nur Lufthansa liegen schlecht im Markt, sondern der Reisesektor insgesamt. Grund sind die steigenden Coronavirus-Infektionszahlen weltweit, wobei sich der Markt vor allem an der Entwicklung in den USA stören dürfte. Damit nimmt die Sorge vor einer zweiten Infektionswelle zu verbundenen möglichen neuen Stillständen: Air France verlieren 3,5 Prozent, IAG 4,5 Prozent, Tui 3,2 Prozent und Carnival 6,5 Prozent.

Glencore verlieren 3,1 Prozent. Edward Sterck von BMO Capital Markets verweist darauf, dass nun auch Behörden in der Schweiz wegen Korruptionsvorwürfen im Kongo gegen das Rohstoffunternehmen ermitteln. Zwar sei das keine Überraschung, weil solche Ermittlungen auch von Behörden in Großbritannien und in den USA geführt werden. Bei einem Schuldspruch in der Schweiz könnte die potenzielle Strafsumme aber deutlich zunehmen, so der Analyst.

Für Diageo geht es an der Londoner Börse um 3,3 Prozent nach unten. Der Konzern hat die Veröffentlichung der Geschäftszahlen um fünf Tage verschoben auf den 4. August. Das könnte bei einigen Anlegern negativ aufstoßen. Jefferies sieht darin derweil kein Problem: Das Unternehmen nutze damit eine wegen Covid-19 eingeführte Regelung der Börsenaufsicht. Die Verschiebung sei nachvollziehbar.

RTL kommen um 1,8 Prozent zurück. Der Sender hatte am Wochenende nach 30 Jahren den Ausstieg aus der Formel 1 mitgeteilt. "Die Entwicklung ist nachvollziehbar", sagt ein Händler. Das Zuschauerinteresse habe zuletzt bereits deutlich abgenommen. Nun werde RTL einen Kostenblock los. Zwar könnten Marktteilnehmer die Entwicklung zunächst negativ bewerten, nachhaltig bewegen dürfte die Entscheidung den Kurs aber nicht, sagt er.

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Aktienindex zuletzt +/- % absolut +/- % YTD

Euro-Stoxx-50 3.245,05 -0,74 -24,05 -13,35

Stoxx-50 3.029,45 -0,67 -20,48 -10,98

DAX 12.269,98 -0,49 -60,78 -7,39

MDAX 26.020,25 -0,86 -225,75 -8,10

TecDAX 2.953,10 -1,78 -53,54 -2,05

SDAX 11.396,18 -0,57 -65,21 -8,92

FTSE 6.265,20 -0,44 -27,40 -16,57

CAC 4.955,06 -0,49 -24,38 -17,11

Rentenmarkt zuletzt absolut +/- YTD

Dt. Zehnjahresrendite -0,49 -0,03 -0,73

US-Zehnjahresrendite 0,68 -0,02 -2,00

DEVISEN zuletzt +/- % Mo, 8:30 Fr, 17:03 % YTD

EUR/USD 1,1245 +0,52% 1,1194 1,1195 +0,3%

EUR/JPY 120,12 +0,54% 119,69 119,61 -1,5%

EUR/CHF 1,0663 +0,14% 1,0647 1,0642 -1,8%

EUR/GBP 0,9042 -0,12% 0,9047 0,9043 +6,8%

USD/JPY 106,81 +0,02% 106,90 106,93 -1,8%

GBP/USD 1,2436 +0,65% 1,2372 1,2371 -6,2%

USD/CNH (Offshore) 7,0584 -0,30% 7,0741 7,0706 +1,3%

Bitcoin

BTC/USD 9.468,26 +1,53% 9.406,76 9.358,01 +31,3%

ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD

WTI/Nymex 39,91 39,75 +0,4% 0,16 -32,2%

Brent/ICE 42,35 42,19 +0,4% 0,16 -32,8%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD

Gold (Spot) 1.762,01 1.744,15 +1,0% +17,87 +16,1%

Silber (Spot) 18,02 17,60 +2,4% +0,42 +0,9%

Platin (Spot) 832,25 817,55 +1,8% +14,70 -13,8%

Kupfer-Future 2,66 2,61 +1,9% +0,05 -5,5%

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Kontakt zum Autor: manuel.priego-thimmel@wsj.com

DJG/mpt/flf

(END) Dow Jones Newswires

June 22, 2020 10:20 ET (14:20 GMT)

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