24.06.2016 16:14:55

MÄRKTE EUROPA/Brexit beschert Börsen einen Black Friday

   Von Benjamin Krieger

   FRANKFURT (Dow Jones)--Mit Turbulenzen historischen Ausmaßes haben die Finanzmärkte am Freitag auf das britische "Nein" zur EU reagiert. Das Pfund Sterling ist zum US-Dollar auf den tiefsten Stand seit Mitte der achtziger Jahre eingebrochen. Der Dax brach zum Handelsbeginn um 10 Prozent oder mehr als 1.000 Punkte ein. Am Nachmittag liegt der DAX noch mit 6,3 Prozent im Minus bei 9.615 Punkten. Der Euro-Stoxx-50 sackt um 7,9 Prozent auf 2.799 Punkte ab.

   Investoren flüchten sich in sichere Anlagen: Zehnjährige Bundesanleihen sind auf den höchsten Stand aller Zeiten gestiegen, sie rentieren nur noch mit minus 0,07 Prozent. Im Tief lag die Rendite sogar bei minus 0,17 Prozent. Der Preis für die Feinunze Gold ist in der Spitze auf 1.358,70 Dollar nach oben geschossen. Am Nachmittag wird sie 4,7 Prozent höher bezahlt mit 1.321 Dollar.

Flucht in Sicherheit birgt Gefahr von Verzerrungen "Wir sehen aktuell eine massive Flucht in sichere Häfen wie Gold. Investoren fordern nun höhere Risikoprämien für Investments in Großbritannien und Europa", sagt Felix Herrmann von Blackrock, die nach eigenen Angaben 4,6 Billionen US-Dollar an Assets verwaltet. Angesichts der Kursturbulenzen spricht Herrmann von "Fehlbepreisungen und Verzerrungen" an den Märkten.

   Die Europäische Zentralbank steht nach dem Brexit-Votum in Alarmbereitschaft. Sie stehe in engem Kontakt mit anderen Notenbanken und sei für zusätzliche Liquiditätsmaßnahmen bereit, auch in fremder Währung, erklärte die EZB. Geldmarkthändler vermuten, dass europäische Banken sich in den kommenden Wochen verstärkt auch mit Dollar-Liquidität eindecken wegen der hohen Wertverluste des Pfund und des Euro.

   Besonders unter Druck sind nach der Entscheidung für einen "Brexit" die Aktienmärkte der Eurozone-Peripherie geraten. Die Mailänder Börse bricht um 11 Prozent ein, die Börse in Madrid um 12 Prozent und in Athen geht es um 14 Prozent nach unten. Für Louise Cooper von CooperCity spiegelt sich hierin ein "bedeutendes Ansteckungsrisiko für den Rest von Europa" wider nach dem Sieg der "Brexit"-Befürworter in Großbritannien.

   Auch in den kommenden Wochen dürften Investoren auf Nummer sicher gehen. "Wir rechnen damit, dass mehr Mittel in Gold und in Geldmarktpapiere fließen", sagt Ioannis Angelakis von der Bank of America-Merrill Lynch. Aus Aktien und schwankungsanfälligen Anlagen wie hochverzinsten Anleihen dürfte dagegen weiter Geld abfließen.

Pfund Sterling wird zerbröselt Am Devisenmarkt ist das Pfund Sterling der große Verlierer und der US-Dollar einer der großen Gewinner. Das auch "Cable" genannte Pfund/Dollar-Paar ist im Tagestief um fast 18 US-Cent auf den tiefsten Kurs seit 30 Jahren regelrecht zermalmt worden. Bis zum Nachmittag hat sich das Pfund wieder ein wenig auf gut 1,37 Dollar stabilisiert.

   Der Euro sackte im asiatischen Handel zum Dollar in der Spitze um 5 US-Cent ab auf 1,09 Dollar. Anschließend hat sich die Gemeinschaftswährung wieder ein klein wenig erholt auf 1,1060 Dollar. "Quer über alle Assetklassen kommen mutige Käufer an die Märkte", sagt Louise Cooper von CooperCity.

   Das Votum der Briten habe jedoch weltweit politische, ökonomische und finanzielle Verunsicherung ausgelöst. "Die Märkte werden also extrem volatil bleiben", sagt die Analystin. Die Notenbanken rund um den Globus dürften daher "die Schmerzen mit reichlich billigem Geld lindern".

Enormer Kursdruck auf Europas Banken Als großer Verlierer an den Aktienmärkten gelten die Banken. Zum Einen leiden sie unter dem extrem niedrigen Zinsniveau, das nach dem Votum der Briten noch weiter sinken dürfte. Denn die Bank of England könnte die Zinsen senken, um die wirtschaftlichen Folgen eines Austritt des Landes aus der EU abzufedern. Die Kurse der Großbanken Barclays, RBoS und Lloyds Banking brechen zwischen 17 und 21 Prozent ein.

   Deutsche Bank und Commerzbank sind mit Abschlägen von 15,4 bzw. 12,7 Prozent die größten Verlierer im DAX. Noch stärker unter Druck geraten sind die Kurse italienischer und spanischer Geldhäuser, sie büßen 20 Prozent und mehr ein. Neben niedrigen Zinsen belasten die stark steigenden Risikoprämien am Anleihemarkt der Eurozone-Peripherie. Dort hat sich die Zinsdifferenz zwischen Bundesanleihen einerseits und italienischen und spanischen Anleihen andererseits um ein Fünftel erhöht.

   Auch die einbrechenden Aktienkurse und die Ungewissheit über den Finanzplatz London, an dem die Banken stark vertreten sind, lasten auf den Bankenbranche.

   Aktien der Deutschen Börse verlieren 7,6 Prozent. Der Kurs der London Stock Exchange (LSE) fällt in London um 8,8 Prozent zurück. Die Deutsche Börse und die London Stock Exchange (LSE) sehen zwar ihre Fusion durch einen Brexit nicht gefährdet. Analysten zufolge dürfte das Zusammengehen der beiden Börsenplätze nach einem Brexit jedoch erheblich komplizierter, zeitaufwendiger und teurer werden.

   Der Londoner Leitindex FTSE-100 schneidet mit einem Minus von 3,5 Prozent deutlich besser ab als die übrigen europäischen Börsenindizes. Denn mit dem extrem schwachen Pfund verbessert sich die Lage der Exporteure ganz massiv. Der Spirituosenkonzern Diageo beispielweise erlöst ein Viertel seines Umsatzes mit weltweit vertriebenem Whiskey. Auf den Konzern kommen nun hohe zusätzliche Erträge aus Währungseffekten zu. Die Diageo-Aktie steigt um 3,7 Prozent.

Schweizer Notenbank verkauft Franken Die Schweizer Notenbank hat am Vormittag bereits an den Devisenmärkten interveniert angesichts des stark aufwertenden Schweizer Franken. Auf der Suche nach Sicherheit haben Investoren den als sicheren Währungshafen geltenden Franken gekauft, was den Kurs auf breiter Front nach oben treibt. "Die Schweizerische Nationalbank hat am Devisenmarkt interveniert, um die Lage zu stabilisieren, und sie wird im Markt aktiv bleiben", heißt es in einer Erklärung der Notenbank in Bern.

   Am Londoner Geldmarkt sind Dollar-Papiere gesucht. Auch hier flüchten sich Anleger in Sicherheit. Für Ausleihungen unter Banken in Dollar mit einem Tag Laufzeit, der sogenannte Overnight, wird ein annualisierter Zins von 2 bis 2,5 Prozent verlangt. Zum Vergleich: Der Leitzins der Federal Reserve liegt bei 0,25 bis 0,5 Prozent. "Auch am Money Market wurden viele Akteure auf dem falschen Fuß erwischt", sagt ein Geldhändler.

Henkel nach Zukauf einziger Gewinner im DAX Am deutschen Aktienmarkt handeln Henkel knapp behauptet und sind damit stärkster Titel im DAX. Die Düsseldorfer übernehmen den amerikanischen Wasch- und Reinigungsmittelkonzern The Sun Products für 3,2 Milliarden Euro inklusive Schulden. "Strategisch ist die Transaktion durchaus sinnvoll", sagt Thorsten Strauß von der NordLB. Henkel verbessere die Marktposition in Nordamerika, dem weltgrößten Markt für Wasch- und Reinigungsmittel, deutlich.

   VW büßen fast 10 Prozent ein. Im Skandal um manipulierte Abgaswerte ist Volkswagen in den USA Agenturberichten und Kreisen zufolge bereit, eine Entschädigungssumme von rund 10 Milliarden US-Dollar zu zahlen, um Klagen von Fahrzeugbesitzern beizulegen.

INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD Euro-Stoxx-50 2.799,21 -7,86 -238,65 -14,33 Stoxx-50 2.725,17 -6,07 -176,07 -12,10 DAX 9.615,25 -6,26 -641,78 -10,50 MDAX 19.874,77 -4,32 -896,97 -4,33 TecDAX 1.585,93 -3,39 -55,69 -13,37 SDAX 8.866,25 -3,01 -274,97 -2,55 FTSE 6.114,39 -3,53 -223,71 -2,05 CAC 4.119,42 -7,76 -346,48 -11,16

DEVISEN zuletzt +/- % Fr, 8.41 Uhr Do, 17.30 Uhr % YTD EUR/USD 1,1048 -0,12% 1,1062 1,1363 +1,7% EUR/JPY 112,99 -0,23% 113,25 120,15 -11,4% EUR/CHF 1,0798 +0,05% 1,0793 1,0881 -0,7% GBP/EUR 1,2445 +0,46% 1,2388 1,3025 -8,4% USD/JPY 102,27 -0,20% 102,48 105,80 -12,9% GBP/USD 1,3747 +0,35% 1,3699 1,4796 -6,8%

ROHOEL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 47,84 50,11 -4,5% -2,27 +14,2% Brent/ICE 48,31 50,91 -5,1% -2,60 +14,8%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.321,28 1.261,47 +4,7% +59,81 +24,6% Silber (Spot) 17,89 17,29 +3,5% +0,60 +29,5% Platin (Spot) 990,75 964,00 +2,8% +26,75 +11,1% Kupfer-Future 2,11 2,16 -2,5% -0,05 -1,9% Mitarbeit: Brian Blackstone

   Kontakt zum Autor: benjamin.krieger@dowjones.com

   DJG/bek/cln

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   June 24, 2016 09:44 ET (13:44 GMT)

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