2021 starkes Gewinnwachstum 10.03.2022 17:45:00

Lenzing-Aktie schließt auf rotem Terrain: Sielaff wird neuer CEO von Lenzing - sieht sich gut aufgestellt

Lenzing-Aktie schließt auf rotem Terrain: Sielaff wird neuer CEO von Lenzing - sieht sich gut aufgestellt

Im Branchenvergleich sei das Energie-Exposure gering. Bei den Materialien wirke sich die Struktur speziell bei den neuen Werken positiv aus, hieß es am Donnerstag im Bilanzpressegespräch. Bei den Rohstoffen sei man durch Mehrfachlieferanten abgesichert, die Energieverteuerungen versuche man sofern möglich weiterzugeben.

"Durch die Rückwärtsintegration", also vorgelagerte Fertigungsstufen, "stehen wir besser da als die Konkurrenz", sagte Interims-CEO Cord Prinzhorn. Das gelte speziell für Zellstoff. Durch das Hochfahren des neuen Werks in Brasilien jetzt im ersten Halbjahr werde man bei Zellstoff auch dort "long", also nicht knapp dran sein. Die Preisentwicklung sehe man bei Baumwolle eher positiv für Lenzing. Bei Energie sei das Exposure im Gesamtkonzern mit 20 Prozent "überschaubar", und durch die eigene Energieerzeugung sei die Abhängigkeit geringer als am Markt. "Da sind wir sehr gut aufgestellt", wurde betont. An Standorten, wo man bei Energie "long" sei, trete man sogar als Verkäufer auf.

Die wirtschaftliche Betroffenheit durch den Ukraine-Krieg sei "überschaubar" und "nicht materiell", das Exposure "nicht sehr hoch", meinte Finanzvorstand Thomas Obendrauf: "Die größte Auswirkung, die wir haben, ist die persönliche Betroffenheit. Wir haben keine Operation in Russland oder der Ukraine." Der Krieg werde die Weltwirtschaft negativ beeinflussen, hatte Lenzing in der Früh im Ausblick erklärt. Es erhöhe sich dadurch - wie für die gesamte Industrie - die Gefahr weiter steigender Energie- und Rohstoffkosten sowie negativer Effekte auf die Kapitalmärkte. Durch die hohe Unsicherheit bei Energie, Rohstoffen und Logistik sei die Visibilität für die nächsten Monate eingeschränkt, so der CEO.

2022 konzentriere man sich voll auf die Kommerzialisierung der beiden Schlüsselprojekte, das Anfang März eröffnete Lyocell-Werk in Thailand mit 100.000 t Jahreskapazität und den noch im ersten Halbjahr geplanten Produktionsstart eines großen Zellstoffwerks in Brasilien, mit vollen 500.000 t/Jahr ab Ende 2022. Mit der Thailand-Anlage, der weltweit größten ihrer Art, stärke Lenzing die führende Position als Anbieter umweltverträglicher Spezialfasern weiter: "Das ist ein Meilenstein auf dem Weg in eine CO2-freie Zukunft", betonte Prinzhorn. Für das neue Werk in Thailand (Bauzeit zweieinhalb Jahre) wurden knapp 400 Mio. Euro investiert, für Brasilien (wo man 51 Prozent in einem Joint-Venture mit Dexco hält und sich als Kostenführer sieht) dem CEO zufolge 1,38 Mrd. Dollar (derzeit 1,26 Mrd. Euro).

Den Weg zur Kreislaufwirtschaft wird Lenzing fortsetzen. Durch die Kooperation mit Södra, einer schwedischen Forstindustriegruppe, die sich klimaschonenden Produkten verschrieben hat, sollen laut Prinzhorn bis 2025 jährlich 25.000 t Textilabfälle verarbeitet werden, um die Textilrecycling-Quote zu erhöhen. Außerdem zeigte sich der CEO erfreut, dass es gelungen sei, die biologische Abbaubarkeit von Lenzing-Fasern erneut nachzuweisen. Binnen 30 Tagen seien holzbasierte Zellulosefasern in Ozeanen abbaubar, damit trage man sehr zu einer ökologischen Textillösung bei.

Im Vorjahr hat Lenzing ihre Ergebnisse trotz der speziell im zweiten Halbjahr spürbaren Kostenanstiege bei Energie, Rohstoffen und Logistik deutlich verbessert. Der Jahresüberschuss betrug 127,7 Mio. Euro, nach einem Fehlbetrag von 10,6 Mio. Euro 2020. Das Ergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) stieg um 89 Prozent auf 362,9 Mio. Euro, das Betriebsergebnis (EBIT) versechsfachte sich auf 200,6 Mio. Euro. Für 2022 peilt Lenzing noch deutlich mehr EBITDA an.

Die Umsatzerlöse des Unternehmens mit zuletzt fast 7.960 Mitarbeitern kletterten um 34 Prozent auf 2,195 Mrd. Euro. Je die Hälfte vom Umsatzplus habe man durch höhere Mengen bzw. höhere Preise erreicht, sagte Prinzhorn. Profitiert habe man 2021 vom Fokus auf holzbasierte Spezialfasern. Positiv gewirkt hätten der anhaltende Preisaufschlag von holzbasierten Spezialfasern gegenüber Standardfasern wie Baumwolle und Polyester. Die zunehmend optimistische Textil- und Bekleidungsindustrie habe vor allem zu Jahresbeginn für einen starken Anstieg der Nachfrage und Preise am globalen Fasermarkt gesorgt. Ihre Investitionen (CAPEX) erhöhte Lenzing um 26 Prozent auf 844,3 Mio. Euro.

Dass nach zwei dividendenlosen Jahren für 2021 pro Aktie 4,35 Euro ausgeschüttet werden sollen, ist bereits seit Dezember bekannt. Als neue "Basisdividende" wollte das CFO Obendrauf auf Anfrage nicht sehen. In den letzten drei Jahren seien zusammen 9 Euro Ergebnis je Aktie erwirtschaftet worden, davon schütte man nun 4,35 Euro je Aktie aus. Die Hauptversammlung befindet darüber am 26. April. Mehrheitseigentümer von Lenzing ist die B&C-Industrieholding.

Zum neuen Lenzing-CEO per 1. April wurde am Mittwoch vom Aufsichtsrat der bisherige Technikvorstand Stephan Sielaff bestellt. Prinzhorn zeigte sich erfreut über die interne Nachbesetzung. Er selbst wird seine Funktion als Interims-CEO aufgeben und in den Aufsichtsrat zurückkehren. Dort übernimmt er den Vorsitz, da AR-Chef Peter Edelmann mit Ende der kommenden Hauptversammlung dafür nicht mehr zur Verfügung steht. Dadurch schrumpft der Vorstand von fünf auf vier Personen. Zudem verlängert CFO Obendrauf seinen bis Juni laufenden Vertrag nicht, was Prinzhorn bedauerte. Für einen neuen Finanzvorstand arbeitet der Aufsichtsrat an einer zeitnahen Nachbesetzung.

Die Lenzing-Aktie war am Donnerstagmorgen zunächst angestieg, zum Handelsende verzeichnete das Papier an der Wiener Börse dann aber einen Abschlag von 2,61 Prozent auf 89,50 Euro.

sp/ivn

APA

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Bildquelle: Lenzing Markus Renner/Electric Arts,Markus Kirchgatterer / Lenzing AG,Lenzing Mitarbeiter

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