SIC-Vermerk in Akte 27.03.2015 11:48:00

Germanwings-Copilot musste zu regelhaften medizinischen Checks

Einem solchen Hinweis entsprechend musste er sich "besonders regelhaften medizinischen Untersuchungen" unterziehen. Ein Behördensprecher konnte aber nicht sagen, ob dies im Zusammenhang mit möglichen psychischen Problemen des Copiloten steht, der am Dienstag den Airbus mit 150 Menschen an Bord nach Angaben der französischen Staatsanwaltschaft bewusst zum Absturz gebracht haben soll.

"Wir haben eine Pilotenlizenz und ein Tauglichkeitszeugnis", sagte Behördensprecher Holger Kasperski zu Dow Jones Newswires. "Da gibt es den Hinweis SIC." Dieser Vermerk bedeutet laut dem Sprecher, dass eine regelmäßige ärztliche Kontrolle geboten ist: "SIC heißt, besonders regelhafte medizinische Untersuchungen sind erforderlich." Mehr wisse die Behörde nicht.

Zuletzt sei der entsprechende Vermerk im Juli 2014 ins Tauglichkeitszeugnis des Copiloten gesetzt worden, der als der 27-jährige Andreas Lubitz identifiziert worden ist. Das Tauglichkeitszeugnis werde jährlich erneuert, sagte Kasperski.

Was sich hinter dem Vermerk verberge, werde aus datenrechtlichen Gründen nicht mitgeteilt. "Das liegt dann voll und ganz in der Verantwortung des Mediziners", sagte der Sprecher. Dieser müsse ein zugelassener Flugmediziner sein.

Die Bild-Zeitung hatte geschrieben, der Vermerk in der Akte des Copiloten deute auf massive psychologische Probleme hin. Der Behördensprecher konnte dies nicht bestätigen.

Die Bundesregierung wollte zu dem Vermerk des Copiloten keine konkreten Details nennen. "Ich werde hier jetzt nicht bestätigen oder kommentieren, was gegebenenfalls im Flugtauglichkeitszeugnis dieses Piloten vermerkt ist, weil das natürlich Gegenstand der laufenden behördlichen Ermittlungen ist", sagte Verkehrsministeriumssprecher Ingo Strater bei einer Pressekonferenz in Berlin. Der Vermerk SIC bedeute besondere regelhafte medizinische Untersuchungen, sagte auch er.

Das Luftfahrtbundesamt verwalte die Lizenzen der Piloten und deren Tauglichkeitszeugnisse, die aus regelmäßigen Tauglichkeitsuntersuchungen bei flugmedizinischen Zentren oder Sachverständigen resultierten. "In der Lizenz oder in den Tauglichkeitszeugnissen können bestimmte Auflagen oder Einschränkungen eingetragen sein", erklärte er, ohne sagen zu wollen, "was dort in diesem Fall eingetragen ist". Die Regierung könne keine Informationen bereitstellen, die sich zunächst die Ermittlungsbehörden ansehen müssten, sagte Strater zur Begründung.

Auch zu den möglichen Konsequenzen aus einem SIC-Vermerk wollte sich der Sprecher nicht festlegen. "Wenn dort Vermerke eingetragen sind, solche Untersuchungen durchzuführen, werden sie von den Flugmedizinern regelhaft gemacht", konstatierte er, "aber was das im Einzelfall bedeutet, kann ich nicht sagen". Dies obliege den Flugmedizinern.

Lufthansa-Personalvorstand Kay Kratky hatte zuvor bestätigt, dass das Luftfahrtbundesamt entsprechende Akten angefordert hat.

"Das Luftfahrtbundesamt hat im Rahmen der Untersuchung die Akten angefordert, das stimmt", sagte das Mitglied im Vorstand Passagiergeschäft der Lufthansa im ARD-Morgenmagazin. "Aber zu den Abstimmungsergebnissen haben wir zurzeit noch keine Information."

Der Lufthansa-Manager sprach sich zudem dafür aus, noch am Freitag eine für alle Airlines geltende Lösung für die Sicherheitsvorschriften im Cockpit festzulegen. Derzeit säßen die Experten der Fluggesellschaften mit dem Luftfahrtbundesamt und dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft zu Gesprächen zusammen. Der Sprecher des Luftfahrtbundesamtes bestätigte dies und sagte, über einen Beschluss dazu werde gegebenenfalls das Bundesverkehrsministerium informieren. In den Diskussionen geht vor allem um die Vorschrift, dass immer mindestens zwei Personen im Cockpit anwesend sein müssen.

Nach derzeitigem Ermittlungsstand hatte der Copilot einen Sinkflug eingeleitet, an dessen Ende der Airbus A320 der Lufthansa-Tochter Germanwings am Dienstag in den französischen Alpen zerschellte. Die Maschine war auf dem Flug von Barcelona nach Düsseldorf mit 150 Personen an Bord. Unter den Toten sind nach letzten vorliegenden Informationen vermutlich 75 Deutsche und viele Spanier. Die Maschine verunglückte nahe der Ortschaft Seyne in einem schwer zugänglichen Gebiet in den südfranzösischen Alpen.

Der Stimmenrekorder der Maschine wurde schnell nach dem Absturz gefunden. Aktuell läuft die Suche nach der zweiten Blackbox des Germanwings-Flugzeugs, mit dem sich die Ermittler weiteren Aufschluss über das Unglück erhoffen. Dieser zweite Teil enthält alle Flugdaten wie Druck, Flughöhe oder Temperatur.

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hat bereits unmittelbar nach der Bekanntgabe der Auswertungsergebnisse durch die Staatsanwaltschaft betont, es lägen keine Hinweise auf einen möglichen Terrorakt vor. Ein Sprecher de Maizieres betonte am Freitag, an der Sachlage habe sich nichts verändert. "Es gibt keinerlei Anlass für uns, von einem terroristischen Hintergrund welcher Art auch immer auszugehen", sagte er bei der Pressekonferenz in Berlin.

   Mitarbeit: Andreas Kißler

  DJG/DJN/ank/jhe

   Dow Jones Newswires

 Von Andrea Thomas

BERLIN

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