Licht und Schatten 28.07.2013 03:00:02

Deutsche Post: Der Netzriese

von Peer Leugermann, Euro am Sonntag

Jedes Jahr gönnt Post-Chef Frank Appel sich selbst und dem DAX-Konzern ein kleines Geschenkpäckchen. Angefangen hat es 2010 mit Nugg.ad, dann kamen Ad­Cloud, IntelliAd und in diesem Jahr Optivo. Hinter den kryptischen Namen verbergen sich kleine Unternehmen, deren Spezialgebiet die ­Onlinewerbung ist. Appels Ziel: Die Übernahmen sollen wichtige, aber schrumpfende Geschäftsbereiche stabilisieren.

Mit dem Briefversand sowie den als Dialogmarketing bezeichneten Postwurfsendungen leiden gleich zwei Ertragssäulen seit Jahren unter sinkenden Umsätzen. 2012 reduzierte sich der Umsatz beim Briefversand um vier Prozent auf 5,2 Milliarden Euro. Die Geschäfte mit Postwurfsendungen fielen um vier Prozent auf knapp 2,5 Milliarden Euro.

Unangenehme Entwicklung
Verantwortlich dafür ist — neben dem 2008 gekippten Briefmonopol — die Digitalisierung. Der Trend zur E-Mail schmerzt, denn der Bereich Brief bringt den Bonnern hohe Margen. Der Anteil am Konzernumsatz liegt zwar bloß bei einem Viertel, der Anteil am Gesamtgewinn beträgt jedoch knapp 40 Prozent.

Seit gut drei Jahren versucht der Vorstand, dem Schwund im Bereich Brief entgegenzusteuern. Appels Idee: Was analog verloren geht, wird digital wieder hereingeholt. Weil die Werbesendungen auf Papier weniger wurden, sollten Onlinespezia­listen wie Nugg.ad — ein Experte für auf bestimmte Zielgruppen getrimmte Werbung im Internet — Umsätze aus dem Web bringen.

Zudem führte Appel den E-Postbrief ein, eine Art sichere E-Mail. Verschlüsselung und Identitätsprüfung beim E-Postbrief sollen dafür sorgen, dass Mails ähnlich sicher werden wie die gute alte Post.
Doch der Plan, das Papiergeschäft zu digitalisieren geht bislang nicht auf. Der E-Postbrief kommt beim Nutzer nicht an, zumal das Konstrukt bislang nicht von Behörden genutzt werden darf. Es fehlt die Zulassung für den gesetzlichen Standard.

Ähnlich schwierig sieht es beim Thema Onlinewerbung aus, obwohl die Post inzwischen — dank der zahlreichen Zukäufe — fast die gesamte Leistungspalette abdeckt. Dabei ist das Geschäft eigentlich ein Wachstumsmarkt. Im vergangenen Jahr legte das Segment in Deutschland laut Branchenverband Online Vermarkterkreis (OVK) um 13 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro zu.

So hart das Internet die Post im Geschäft mit Briefen und Werbesendungen trifft, so gut tut ihr das Web beim Paketversand. Denn weil die Deutschen immer mehr über das ­Internet einkaufen, bekommen sie auch immer mehr Pakete. „Die Wachstumsfantasie für die Post stammt nicht aus dem eigentlichen Briefgeschäft, sondern aus dem Paketversand“, fasst Analyst Sebastian Hein vom Bankhaus Lampe zusammen. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz hier bei 3,4 Milliarden Euro. Seit 2009 wächst das Geschäft jährlich um rund zehn Prozent — das dürfte auch so weitergehen.

Rückenwind für Kritiker
Derweil regt sich interner Widerstand gegen die Strategie im Briefgeschäft. Rund 500 Millionen Euro hat die Post in Übernahmen von Firmen gesteckt. Auf einer Vorstandstagung wagten Express-Vorstand Ken Allen und Frachtmanager Roger Crook erstmals offene Kritik. Eine breite Brust können sich beide leisten: Das Logistikgeschäft mit 28 Milliarden Euro Umsatz prosperiert. In Asien und Europa bauen die Bonner ihre Position aus.

Ganz anders Appels Steckenpferde. Zwar ist beim E-Postbrief für dieses Jahr eine Verfünffachung des Umsatzes auf bescheidene 100 Millionen Euro geplant. Die Rückgänge im nationalen Briefgeschäft sind damit aber kaum aufzufangen — laut Experten verliert die Post hier 160 bis 270 Millionen Euro.

Die neueste Idee des Managements: Lebensmittelversandhandel. Die Konzerntochter DHL testet den Versand frischer Waren zunächst im Ruhrgebiet. Das Geschäft erfordert teure Logistik samt funktionierender Kühlketten — und bietet deshalb vergleichsweise geringe Margen. Sorgen um die Konzernprofitabilität muss sich Appel aber noch nicht machen. Analysten erwarten, dass die Bonner ihr Ziel von mindestens 2,7 Milliarden Euro operativem Gewinn in diesem Jahr schaffen. Weil die Deutschen so viele Pakete verschicken, sind auch die Päckchen für Appel drin.

Investor-Info

E-Postbrief
Ungeöffnet zurück

Verschlüsselung und Identitätsprüfung sollen Mails als E-Postbrief sicherer machen. In Kombination mit weiteren Zusatzangeboten soll das Produkt den Briefverkehr digitalisieren. Doch die Nachfrage stagniert. Die Post spricht seit 2010 unverändert von einer Million Privatkunden. Die Zahl der aktiven Nutzer dürfte ­geringer sein. Zudem können Behörden das Produkt wegen einer fehlenden staatlichen Zulassung nicht nutzen. Da sind Konkurrenten wie United Internet mit ihrer DE-Mail auf einem besseren Weg.

Deutsche Post
Pakete und Logistik stark

Die Post kann Umsatzeinbußen im Briefgeschäft nicht ausgleichen. Doch der Versandhandel brummt dank des florierenden E-Commerce. Der Konzern erweitert sein Paketnetz, 20 000 neue Annahmestellen sollen bis 2015 entstehen. Der Konzern profitiert zudem von seiner starken Stellung in der Fracht- und Unternehmenslogistik (Express- und Supply-Chain-Geschäft). In Asi­en sind die Bonner Nummer 1. Konjunktur­abhängiger Titel, vergleichsweise günstig. Attraktiv.

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24.01.25 DHL Group Overweight JP Morgan Chase & Co.
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