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So weit ist die Technik 12.07.2016 12:25:00

BMW, Google, Apple & Co.: Wer liegt beim Thema "Autonomes Fahren" vorn?

Weltweit arbeiten nahezu alle großen und kleinen Fahrzeugbauer an computergestützten Funktionen, die das Autofahren vereinfachen sollen. Das fängt an beim Bordcomputer, der exakt anzeigt, wieviel Sprit noch im Tank ist, und geht weiter bei der Einparkhilfe, die den Fahrer mit Piepsignalen vor einem Aufprall warnt. Die Computerunterstützung endet derzeit noch beim sogenannten teilautonomen Fahren, bei dem Autos in verschiedenen Geschwindigkeitsbereichen den Abstand zum Vordermann halten und "wie von Geister Hand" in der Spur bleiben - dabei muss der (menschliche) Fahrer aber regelmäßig ans Lenkrad greifen. Diese Technik beherrschen unter anderem Volvo XC90, Audi A4, der 7er BMW, die Mercedes S-Klasse von Daimler - und Teslas "Model S".

Autonomes Fahren - Computer übernimmt alle Fahrfunktionen

So wichtig diese Funktionen sind, mit "echtem" autonomem Fahren haben sie noch wenig gemein. Beim autonomen Fahren muss der Fahrer tatsächlich überhaupt nicht mehr eingreifen, das Fahrzeug fährt, lenkt, bremst, wechselt die Spur, blinkt und stoppt völlig automatisch, während der Fahrer zum Beispiel schläft oder einen Film schaut. Und genau dieses ausschließlich computergestützte Fahren steht nach dem tödlichen Tesla-Unfall in der Kritik.

Rückblick: Anfang Mai war ein Tesla "Model S" mit eingeschaltetem "Autopilot"-System ungebremst unter einen Lastwagen-Anhänger gerast, der die Fahrbahn überquert hatte. Der Tesla-Fahrer kam bei dem Aufprall ums Leben. Nachdem der Vorfall vor wenigen Tagen in der Öffentlichkeit bekannt wurde, betonte Tesla, "Autopilot" sei nur ein Fahrassistenz-System und mache die Fahrzeuge nicht zu komplett selbstfahrenden Autos.

Dennoch: Mit "Autopilot" können Fahrer die Hände - zumindest einige Sekunden - vom Lenkrad nehmen und das Auto die Kontrolle übernehmen lassen. Peter Fintl, Experte für Fahrerassistenzsysteme, kritisiert in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" in diesem Zusammenhang Teslas Firmenpolitik: Mit dem Namen "Autopilot" suggeriere Tesla, dass es sich bei dem 'Model S' um ein autonomes Auto handele. Die EU-Kommission denkt nun darüber nach, ob der Einsatz von Fahrassistenz-Systemen in Europa neu geregelt werden sollte.

Spurhalteassistenten, Stauassistenten und intelligente Tempomaten

Deutsche Autobauer sind aus genannten Gründen mit den Entwicklungssprüngen deutlich vorsichtiger. Mit Blick auf den tödlichen Tesla-Unfall betonte zum Beispiel BMW-Chef Harald Krüger: "Sicherheit geht vor!"

Trotz aller vorsichtigen Entwicklungsschritte sind die deutschen Autobauer laut einer Erhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln bei Patenten zum autonomen Fahren Weltspitze. Einen Wettkampf um die Technologieführerschaft in Deutschland liefern sich vor allem BMW, Mercedes und Audi.

Wie leistungsfähig die Technik bereits sein kann, zeigt der 7er BMW: Die Ingenieure schalteten die Informationen einzelner Radarsensoren im Fahrzeug so zusammen, dass ein 360-Grad-Bild der Umgebung entstand. Nun kann der Spurhalteassistent nicht nur das unbeabsichtigte Verlassen der Spur durch versehentliches Gegenlenken verhindern, sondern auch einem Hindernis aktiv ausweichen.

Auch beim Thema Stauassistenten konkurrieren BMW, Audi und Co.. Ihre Systeme geben im stockenden Verkehr Gas, bremsen und lenken mit. Die Stauassistenten orientieren sich dabei unter anderem an Fahrbahnmarkierungen sowie an vorausfahrenden Autos.

Intelligente Tempomaten der deutschen Hersteller erfassen per Kamera oder mit Hilfe von Navigationsdaten das aktuelle Tempolimit und passen die Geschwindigkeit automatisch an. Audis "Effizienzassistent" soll mit dem Wissen über das Tempolimit hinter der nächsten Kurve sogar besonders vorausschauend und spritsparend fahren können. Hundertprozentig zuverlässig sind diese Systeme aber noch nicht: Kameras erkennen Schilder oft nicht richtig und Navigationsdaten können ungenau sein.

Das automatische Abbremsen vor Hindernissen funktioniert heute schon weitgehend sicher. Bei einigen Herstellern, unter anderem bei Volvo, kann die Sensorik sogar Fußgänger oder bestimmte Tiere zuverlässig erfassen und eine Notbremsung einleiten.

Deutsche Autobauer weltweit führend in Sachen autonomes Fahren

Daimler ist der Zukunft bereits sehr nah: Der deutsche Autobauer führte bereits Tests für vollautomatisches Fahren bei seiner E-Klasse im US-Bundesstaat Nevada durch. Mit seinem Concept Car "F 015" erprobt Daimler seit Anfang 2015 unter anderem in San Francisco immer wieder einen eigens entwickelten Autopiloten. Einen Spurwechsel-Assistenten und einen sogenannten "Autobahn-Piloten", der Überholvorgänge bewerkstelligen kann, hat die E-Klasse schon jetzt serienmäßig im Angebot.

BMW will in fünf Jahren ein komplett selbstfahrendes Auto auf den Markt bringen. Zusammen mit dem weltgrößten Chiphersteller Intel und dem israelischen Roboterwagen-Spezialisten Mobileye als Partner entwickele BMW die Technik, um bis 2021 mit der Serienproduktion zu starten, erklärte Konzernchef Krüger vor einigen Tagen.

Generell sind deutsche Luxusautos in Sachen autonomes Fahren führend, das bestätigte schon im vergangenen Jahr der Index "Automatisierte Fahrzeuge" (AV Index). Dieser wurde zusammen von der Strategieberatung Roland Berger und der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen (fka) der RWTH Aachen erhoben. "Die deutschen Premiumhersteller verfügen derzeit über eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung und Absicherung von hochautomatisierten Fahrzeugfunktionen", schreiben die Autoren in ihrer Studie.

Doch branchenfremde Unternehmen machen den etablierten Autobauern inzwischen großen Druck, auch das stellten die Autoren des AV Index klar: In den USA würden "revolutionäre Entwicklungspfade" verfolgt - vor allem bei Google und Apple.

Google und Apple attackieren etablierte Autobauer

Der Internet-Konzern Google, der sich inzwischen in Alphabet umbenannt hat, präsentierte im Mai mit dem Autohersteller FiatChrysler (FCA) einen neuen Partner in Sachen autonomes Fahren. Als erster großer Fahrzeugbauer soll FCA nun Googles Technik für selbstfahrende Fahrzeuge nutzen. Gemeinsam wollen sie 100 "Hybrid-Autos" bauen, die auf dem Chrysler-Minivan "Pacifica" basieren und mit Googles Sensoren und Computern ausgerüstet sind.

Für Google ist das ein Meilenstein. Der Internet-Gigant hatte stets betont, selbst kein Autobauer werden zu wollen. Über Zusammenarbeiten mit "echten" Fahrzeugherstellern sollen Googles Entwicklungen, unter anderem die Technik des autonomen Google-Autos, nun serienreif gemacht werden.

Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Center of Automotive Research (CAR) in Essen, bezeichnet Google als einen der größten Konkurrenten für die Autoindustrie: "Google hat die Fähigkeit, in den nächsten zehn bis 15 Jahren zum dominanten Spieler der Branche zu werden."

Gerüchte und Spekulationen: Apples Auto-Projekt "Titan"

Auch Apple soll an einem Auto arbeiten, das sich ausnahmslos computergestützt fortbewegen kann. Glaubt man der Computerfachzeitschrift "Mac Life", dann fehlen nur noch Kleinigkeiten bis zur Serienreife des Apple-Cars. Der iPhone-Konzern "könnte schon morgen ein eigenes Auto über unsere Straßen rollen" lassen, heißt es auf der Internetseite des Magazins. Doch Apple-Chef Tim Cook sei bislang mit dem Ergebnis nicht zufrieden.

"Mac Life" stützt sich auf einen mehrseitigen Bericht über das Apple-Projekt "Titan" im "Manager Magazin". Das Projekt unterliege höchster Geheimhaltung, selbst potenzielle Partner "erfahren nur das Nötigste", heißt es dort. Angeblich gäbe es im Hintergrund deutlich mehr Verbindungen der deutschen Autobauer mit Apple als öffentlich bekannt.

Spekuliert wird, dass Apple mit dem eigenen Auto bereits 2018 den Marktstart feiern wollte, doch dann wurde der Start angeblich auf 2020 verschoben. Nicht näher genannte Personen, die in dieses Projekt eingebunden sein sollen, bezeichnen das Apple-Auto als "iPhone auf Rädern". Das erste Modell soll für mehr als 100.000 Euro als Fahrzeug der Oberklasse in Konkurrenz zu Teslas "Model S" verkauft werden. Wirklich konkrete und gesicherte Informationen darüber, wie Apples Projekt "Titan" tatsächlich aussieht, gibt es allerdings nicht.

2020 sollen Autos völlig autonom unterwegs sein

Die ausgesuchten Beispiele demonstrieren, wie weit das computergestützte oder teilautonome Fahren bereits vorangeschritten ist. Der Weg zum Auto, das komplett ohne menschliche Unterstützung auskommt, ist allerdings erst am Anfang - wie Teslas "Autopilot"-Unfall auf tragische Weise vorführte.

Der Traum vom "eigenen Taxi", das einen jederzeit voll automatisch an jeden Ort fährt, bleibt Zukunftsmusik. Bis das Auto zum "third place" wird, also neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz zum dritten Raum, in dem auch gearbeitet, kommuniziert und entspannt werden kann, dürften noch einige Jahre vergehen. Über die technischen Hürden hinaus müssen auch noch viele juristische Fragen geklärt werden, unter anderem wer bei einem Unfall haftet.

Der Vorstand des Autozulieferers Bosch rechnet damit, dass Fahrzeuge im Jahr 2020 völlig automatisch von Autobahnauffahrt bis Autobahnabfahrt unterwegs sein könnten. Auch beim DAX-Konzern Continental wird ein rascher Umbruch erwartet: Bereits in fünf Jahren werde ein Auto ohne Autopilot als befremdlich empfunden werden, sagt Managerin Seval Oz.

Dass diese Technik kommt, gilt trotz aller technischen Hürden und trotz des Rückschlags durch den tödlichen Tesla-Unfall als sicher. CAR-Chef Dudenhöffer weiß, warum: "Automatisiertes Fahren ist für die Branche die Wachstumsmaschine der nächsten 15 Jahre."

Von Markus Gentner/Redaktion finanzen.at

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