Glyphosat-Niederlage |
20.11.2023 17:54:00
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Bayer-Aktie rutscht ab: US-Geschworenengericht verurteilt Bayer zu Milliarden-Zahlung - Studie von Hoffnungsträger Asundexian eingestellt
"Das Urteil wird so keinen Bestand haben, wir werden auf jeden Fall Rechtsmittel dagegen einlegen", erklärte Bayer am Sonntag auf Anfrage. Schon allein die Höhe des Strafschadenersatzes verstoße gegen die amerikanische Verfassung. "Im Unterschied zu früheren Verfahren haben die Gerichte in den jüngsten Fällen den Klägern unzulässigerweise erlaubt, die regulatorischen und wissenschaftlichen Fakten falsch darzustellen", hieß es in einer Stellungnahme des Konzerns.
Bayer habe "starke Argumente", um die jüngsten Urteile revidieren zu lassen. Der Konzern habe neun der letzten 13 Gerichtsverfahren gewonnen und den Großteil der Klagen beigelegt. "Wir werden die robuste wissenschaftliche und regulatorische Beweislage weiterhin vor Gericht verteidigen, notfalls in Berufung", erklärte der DAX-Konzern. Bayer zeigte sich weiter von der Sicherheit von Glyphosat überzeugt.
Die Probleme rund um den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup hatte Bayer sich 2018 mit der über 60 Milliarden Dollar teuren Monsanto-Übernahme ins Haus geholt. Im selben Jahr folgte ein erstes Urteil gegen den DAX-Konzern, das in den USA eine Klagewelle in Gang setzte. 2020 hatte Bayer ein milliardenschweres Programm aufgelegt, um den Großteil der Klagen - ohne Haftungseingeständnis - beizulegen.
Einen Großteil der Klagen hat Bayer bereits abgearbeitet. Im Frühjahr hieß es im Zuge der Vorlage der Geschäftszahlen für 2022, dass von inzwischen insgesamt circa 154.000 angemeldeten Ansprüchen rund 109 000 verglichen worden seien oder die Vergleichskriterien nicht erfüllten. Per 31. Dezember 2022 belief sich die Rückstellung von Bayer für Vergleiche bestehender und künftiger Glyphosat-Klagen noch auf 6,4 Milliarden Dollar.
Bayer stoppt Studie mit Hoffnungsträger Asundexian mangels Wirksamkeit
Rückschlag für Bayer: Der Pharma- und Agrarkonzern hat eine Studie für den wichtigsten Medikamentenkandidat in seiner Pipeline von Neuentwicklungen abgebrochen. Gestoppt wurde die Phase-III-Studie (Oceanic-AF) zur Untersuchung von Asundexian im Vergleich zum oralen Antikoagulans Apixaban bei Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfallrisiko, wie Bayer am späten Sonntagabend ad hoc mitteilte. Damit folgt Bayer einer Empfehlung des unabhängigen Data Monitoring Committee (IDMC) im Rahmen der laufenden Studienüberwachung.
Asundexian habe sich im Vergleich zum Kontrollarm der Studie unterlegen gezeigt. Bayer werde die Daten analysieren, um das Ergebnis besser zu verstehen und die Daten veröffentlichen. Die klinische Phase III der Teilstudie Oceanic-Stroke soll dagegen fortzugesetzt werden.
Bayer hat große Hoffnungen in Asundexian gesetzt, das den bisherigen Bestseller Xarelto ab 2026 ersetzen soll. Erst kürzlich waren die laufenden Studien zu dem Präparat um eine zusätzliche Indikation erweitert worden. Nach ersten Daten hatte der neuartige Faktor-XIa-Gerinnungshemmer ein geringeres Blutungsrisiko als das Prüfparat Eliquis (Apixaban) gezeigt. Bayer war zuletzt davon ausgegangen, mit Asundexian jährliche Spitzenumsätze von mehr als 5 Milliarden Euro erzielen zu können, es wäre damit das stärkste Präparat in der Pipeline.
Misserfolge drücken Bayer auf Tief seit 2006
Hiobsbotschaften aus gleich zwei Sparten haben die Aktien von Bayer am Montag auf eine steile Talfahrt geschickt. Der Agarchemie- und Pharmakonzern erhielt nicht nur einen neuen Tiefschlag im Glyphosatstreit in den USA. Schockierender noch ist Analysten zufolge der Abbruch der klinischen Studie mit dem Hoffnungsträger Asundexian.
Die Bayer Papiere sackten zeitweise bis auf 32,60 Euro und damit auf den tiefsten Stand seit Sommer 2006. Zuletzt betrug das Minus 17,96 Prozent auf 34,01 Euro, womit Bayer nach Siemens Energy im bisherigen Jahr 2023 schwächster Wert im 40 Unternehmen umfassenden Leitindex DAX ist.
Am Wochenende war bekannt geworden, dass Bayer in einem seiner noch offenen Glyphosat-Prozesse von einem US-Geschworenengericht zur Zahlung von mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar verurteilt wurde. In der Nacht zum Montag teilte Bayer dann mit, dass die Phase-III-Studie mit Asundexian vorzeitig abgebrochen wurde. Dieses Mittel galt bis dato als Nachfolge-Hoffnung für das Medikament Xarelto. In der Studie wurde Asundexian im Vergleich zu Apixaban bei Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfallrisiko untersucht und letztlich nun eine unterlegene Wirksamkeit festgestellt.
"Der Konzern befindet sich damit in einer äußerst misslichen Lage", konstatierte Jürgen Molnar Kapitalmarktstratege von RoboMarkets. "Einerseits brechen potenzielle Einnahmequellen weg, andererseits gibt es neue potenzielle Kosten." Deshalb rechnet Molnar damit, dass diese Kombination den Aktienkurs auch in den kommenden Wochen noch belasten dürfte.
Beide Ereignisse seien ein finanzieller Rückschlag für Bayer und bedeuteten auch einen weiteren Vertrauensverlust, urteilte DZ-Bank-Analyst Peter Spengler. Allerdings erwartet er, dass die Schadensumme im Glyphosat-Streit - wie in der Vergangenheit - noch "drastisch" reduziert werde. Zum Teil seien die Summen um mehr als 90 Prozent verringert worden, erinnerte er. Den Schaden durch Asundexian kalkuliert er unterdessen mit etwa ein bis zwei Euro je Aktie.
"Die Ankündigung zum Studien-Abbruch ist eine absolute Überraschung", schrieb Emily Field, Analystin bei der britischen Bank Barclays. Die Hoffnung auf einen Erfolg von Asundexian sei im April 2022 der Grund gewesen, warum sie Bayer hochgestuft habe. Da sich diese nun zerschlagen habe, sieht sie erhebliche Herausforderungen für das Pharmageschäft der Leverkusener. Entsprechend stufte sie die Aktie auf "Equal-weight" zurück und stampfte ihr Kursziel von 65 auf 40 Euro ein. Eine tiefere Bewertung sei jetzt angebracht, argumentiert sie und verweist auf Unsicherheiten für den weiteren Weg nach den Patentabläufen von Xarelto und Eylea.
Weitere Experten äußerten sich ähnlich. Analyst Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan sprach von einem "schweren Schlag", da Asundexian Umsatzeinbußen bei Xeralto und Eylea eigentlich hätte kompensieren sollen. Die Herausforderungen für den neuen Konzernchef Bill Anderson würden damit noch größer, schrieb Jefferies-Analyst Charlie Bentley. Die Pipeline sei schwach und Investitionen erforderlich, während Bayer zugleich unter einer hohen Verschuldung leide und weitere Rechtsstreitigkeiten in Sachen Glyphosat den Konzern belasteten.
Jefferies belässt Bayer auf 'Buy'
Das Analysehaus Jefferies hat die Einstufung für Bayer nach einem Studien-Rückschlag mit dem Hoffnungsträger Asundexian zunächst mit einem Kursziel von 60 Euro auf "Buy" belassen. Dies sei ein herber Rückschlag für die Entwicklungs-Pipeline des Chemie- und Pharmakonzerns, der mit seinem Kassenschlager Xarelto vor der "Patentklippe" stehe, schrieb Analyst Charlie Bentley am Montagmorgen. Die Herausforderungen für den neuen Konzernchef würden damit noch größer. Die Pipeline sei schwach und Investitionen seien erforderlich, während die Verschuldung hoch sei. Obendrein sei der Konzern weiter von Rechtsstreitigkeiten geplagt.
Studienabbruch bei Bayer schockt Barclays - zurück auf 'Equal Weight'
Nach dem Abbruch einer weit fortgeschrittenen klinischen Studie zum Pharma-Hoffnungsträger Asundexian sieht die britische Investmentbank Barclays kein großes Kurspotenzial mehr für die Bayer-Aktie (Bayer).
"Die vielversprechenden Aussichten von Asundexian waren der Grund gewesen, dass wir im April 2022 die Bayer-Aktie auf "Overweight" hochgestuft haben", schrieb Analystin Emily Field in einer am Montag vorliegenden Studie. Dass nun allerdings das unabhängige Data Monitoring Committee (IDMC) die vorzeitige Beendigung der Studie Oceanic-AF wegen mangelnder Wirksamkeit empfohlen habe, sei für sie eine "absolute Überraschung". Field stufte die Aktie des Agarchemie- und Pharmaunternehmens daher prompt zurück auf "Equal Weight" und kappte das Kursziel von 65 auf 40 Euro. Angesichts des aktuellen Kurseinbruchs von rund 20 Prozent bedeutet dies noch ein Kurspotenzial von rund ein Fünftel.
Asundexian, inzwischen in der entscheidenden Studienphase III, wurde im Vergleich zum Konkurrenz-Mittel Apixaban bei Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfallrisiko im Rahmen des gesamten Oceanic-Phase-III-Entwicklungsprogramms untersucht und jetzt vorzeitig beendet. Damit aber seien die Hoffnungen zerschlagen worden, dass Asundexian Bayer helfen werde, nach dem Auslaufen der Patente für den Gerinnungshemmer Xarelto und das Augenmittel Eylea wieder auf Wachstumskurs zu kommen, argumentiert Field.
Entsprechend sieht die Barclays-Expertin erhebliche Herausforderungen für das Bayer-Pharmageschäft. Im Januar noch habe Bayer ein Spitzenumsatzpotenzial von mehr als 5 Milliarden Euro für Asundexian prognostiziert, das in entscheidenden Studien sowohl bei Vorhofflimmern (Oceanic-AF) als auch bei Schlaganfall (Oceanic-Stroke) vorangetrieben wurde. Sie selbst habe in ihrem Bewertungsmodell einen Spitzenumsatz von 6,5 Milliarden Euro im Bereich Vorhofflimmern veranschlagt.
Nun aber sei eine tiefere Bewertung wieder angebracht, auch wenn es bei Bayer "eindeutig noch Möglichkeit strategischer Optionen" für das Unternehmen vor dem Kapitalmarkttag am 5. März gebe, schrieb Field.
Eingestuft mit "Equal Weight" rechnen die Analysten von Barclays Capital damit, dass sich die Aktie in den kommenden zwölf Monaten in etwa wie die anderen Titel im beobachteten Sektor entwickeln wird./ck/mne/jha/
Analysierendes Institut Barclays Capital.
JEFFERSON/LONDON (dpa-AFX) / FRANKFURT (Dow Jones)
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