Erholung |
07.11.2022 15:48:39
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Bayer-Aktie im Blick: Bayer profitiert von starkem Pharmageschäft
DAS IST LOS BEI BAYER:
Nach einigen eher schwierigen Jahren ist Bayer in den vergangenen Quartalen wieder in Tritt gekommen. Das Geschäft mit Agrarprodukten läuft grundsätzlich gut und die Pharmasparte machte große Fortschritte bei neuen Medikamenten sowie in der Medikamenten-Pipeline. So lief der Verkauf des Krebsmittels Nubeqa gut an und das etablierte Augenmedikament Eylea dürfte zuletzt stark zugelegt haben.
Gerade das Pharmageschäft dürfte daher im dritten Quartal ordentlich gewachsen sein, während es in der Agrarsparte Licht und Schatten gegeben haben dürfte - allerdings auch aufgrund saisonaler Effekte. Rückenwind kommt in diesem Jahr mit einem schwachen Euro und einem erholten brasilianischen Real von der Währungsseite.
Auch deshalb hatte Bayer im Sommer nach einem guten ersten Halbjahr die Jahresziele angehoben. Für 2022 steht seither auf Basis der Wechselkurse vom 30. Juni ein Umsatz von insgesamt 50 bis 51 Milliarden Euro auf dem Plan. Davon sollen 26 bis 27 Prozent als bereinigtes operatives Ergebnis hängen bleiben. Damit kalkuliert Bayer mit etwa 13 Milliarden Euro bereinigtem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda).
Bereinigt um Wechselkurseffekte erwartet Bayer 2022 einen Umsatz von 47 bis 48 Milliarden Euro. Dies entspreche einem Plus von etwa acht Prozent, hieß es. Als bereinigtes operativen Ergebnis sollen auf dieser Basis rund 12,5 Milliarden Euro hängen bleiben.
In den kommenden Jahren sollen dann neben etablierten Produkten Agrarneuheiten wie kurzwüchsiger Mais Rückenwind liefern, der bei Stürmen weniger empfindlich ist. Die Pharmasparte punktet aktuell mit neuen Medikamenten wie Nubeqa gegen Prostatakrebs sowie Kerendia bei chronischen Nierenerkrankungen bei Typ-II-Diabetikern. Und auch die Perspektiven für das Milliardenmedikament Eylea haben sich verbessert. Aktuelle Studiendaten machen Hoffnung auf einer Zulassung des Mittels in einer höheren Dosierung bei längeren Pausen zwischen der unangenehmen Spritze ins Auge. Eine Zulassung würde die Wettbewerbsposition von Bayer deutlich stärken, da der Patentschutz für die aktuelle niedrigere Dosierung bei häufigerer Gabe in wenigen Jahren ausläuft.
Mit Blick auf die Medikamenten-Pipeline spielt Asundexian als potenzieller Nachfolger für den Blutgerinnungshemmer Xarelto eine wichtige Rolle, denn das umsatzstärkste Produkt der Leverkusener wird wegen mittelfristig wegfallender Patente perspektivisch weniger erlösen. Zudem arbeitet Bayer an Elinzanetant, einem Mittel gegen Hitzewallungen in den Wechseljahren. Langfristig setzt Bayer auf neuartige Gen- und Zelltherapien für verschiedenste Erkrankungen. In diesem Bereich kauften die Leverkusener in den vergangenen Jahren kräftig zu und gingen auch Kooperationen ein.
Mit Blick auf eine große Baustelle von Bayer hat sich die Lage in puncto US-Rechtsstreitigkeiten bezüglich angeblicher Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat in den letzten Monaten deutlich beruhigt, zumal es auch einige Gerichtserfolge für Bayer gab. Dafür rückte mit der Chemikalie PCB unlängst eine andere Altlast aus der Übernahme des Saatgutkonzerns Monsanto in den Fokus.
So stellte Bayer im Sommer zusätzliche fast 700 Millionen Euro aufgrund von Vergleichsverhandlungen mit dem US-Bundesstaat Oregon wegen angeblicher Umweltverschmutzungen durch das schon seit Jahrzehnten verbotene Umweltgift zurück. Mit einem Vergleich würde der Fall beendet werden, hieß es. Der Konzern ist schon länger mit zahlreichen PCB-Klagen von verschiedenen Seiten konfrontiert. Bayer hatte sich 2020 dann im Streit mit Kommunen geeinigt und mitgeteilt, dafür 650 Millionen Dollar zu zahlen. Im März dieses Jahres genehmigte ein Gericht in Kalifornien die Vereinbarung dann vorläufig.
Daneben gibt es separate Vereinbarungen mit den Generalstaatsanwälten von New Hampshire, New Mexico, Ohio, Washington D.C. und Washington, um hier ähnliche Fälle beizulegen. Klagen wurde aber auch eingereicht von Oregon - hierfür hatte Bayer im zweiten Quartal die neue Rückstellung getätigt - sowie von den Bundesstaaten Pennsylvania und Maryland.
Zu den umweltbezogenen Fällen kommen noch Klagen hinzu von Privatpersonen, die Gesundheitsschäden auf PCB zurückführen. Hier gab es im Oktober eine erneute Niederlage für Bayer, ein Gericht verurteilte den Konzern zur Zahlung von rund 275 Millionen US-Dollar an eine Gruppe von Personen. Bayer will dagegen allerdings in Berufung gehen. So werden solch hohe Strafen in Berufungsverfahren oftmals zumindest deutlich gesenkt.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Im Durchschnitt rechnen Experten laut von Bayer zur Verfügung gestellter Daten für das dritte Quartal mit einem Umsatz von fast 11 Milliarden Euro, nach 9,8 Milliarden vor einem Jahr. Das bereinigte operative Ergebnis dürfte um gut 10 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro gestiegen sein. Mit Blick auf 2022 erwarten die Experten im Durchschnitt ein Umsatzplus von 14,5 Prozent auf 50,5 Milliarden Euro sowie einen Anstieg des bereinigten operativen Gewinns um mehr als ein Fünftel auf 13,5 Milliarden Euro.
Analyst Richard Vosser von der Bank JPMorgan rechnet mit einem "soliden Quartal und einer Erhöhung der Unternehmensprognose für das nominale Wachstum." So dürfte Bayer wegen des fortgesetzten Rückenwinds von der Währungsseite mit einem Jahresumsatz von 50,5 bis 51,5 Milliarden Euro kalkulieren, bei einer unveränderten Margenprognose würde sich so ein bereinigtes operatives Ergebnis von 13,5 Milliarden Euro ergeben. An den um Wechselkurseffekte bereinigten Zielen dürften die Leverkusener aber festhalten.
Mit Blick auf das Tagesgeschäft dürfte in der Agrarsparte der Rückenwind durch hohe Preise für den Unkrautvernichter Glyphosat durchaus angedauert haben, sagt Vosser. Das dürfte Rückgänge im Geschäft mit Soja- und Maissaat mehr als ausgeglichen haben. So hätten wegen geringerer Anbauflächen die Landwirte mehr Mais-Saatgut zurückgegeben und bei Soja sei der Wettbewerb intensiv. Grundsätzlich ist das dritte Quartal aber ohnehin saisonal bedingt das schwächste für Crop Science, mit großen Schwankungen durch die Saatgutrückläufer, sagte Analyst Andreas Heine vom Investmenthaus Stifel.
In der Pharmasparte dürften laut Vosser ein starkes Wachstum des Augenmedikaments Eylea, des Krebsmedikaments Stivarga sowie eine weiter gute Anlaufphase des Prostatakrebsmittels Nubeqa angetrieben haben. Der wechselkursbereinigte Umsatz mit dem Blutgerinnungshemmer Xarelto dürfte etwas gefallen sein, wegen des Preisdrucks in China durch die volumenbasierte Einkaufspolitik des Landes. Diese zwingt viele Unternehmen nach Ablauf des Patentschutzes zu großen Preisnachlässen, wenn sie überhaupt noch etwas verkaufen wollen.
Ein starkes Wachstum bei Antiallergie und Schmerzmitteln sowie bei Verdauungsförderern sollte zudem in der Sparte rund um rezeptfreie Medikamenten eine andauernde Schwäche bei Nahrungsergänzungsmitteln aufgewogen haben, so der JPMorgan-Experte.
Mit Blick auf die PCB-Rechtsstreitigkeiten sieht Michael Leuchten von der schweizerischen Großbank UBS nichts fundamental Negatives. So gebe es keine Anzeichen einer Klagewelle wie bei Glyphosat. Zudem dürften die in der ersten Gerichtsrunde verhängten Strafen deutlich sinken. Daher sei PCB kein wesentlicher Störfaktor für die Bewertung der Aktien, wenngleich es durchaus die Stimmung der Investoren dämpfen könnte.
Insgesamt trauen Analysten den Bayer-Papieren längerfristig deutliche Kursgewinne zu. Das durchschnittliche Kursziel der 16 von dpa-AFX seit der Vorlage der Halbjahreszahlen erfassten Experten liegt bei knapp 81 Euro. Dabei raten 13 zum Kauf und 3 zum Halten.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die Bayer-Papiere profitieren seit ihrem Zwischentief um die 44 Euro Ende 2021 von den insgesamt besser laufenden Geschäften. Bis Mitte April ging es hoch auf 67,99 Euro. Allerdings konnte sich auch Bayer den allgemeinen Sorgen vieler Anleger hinsichtlich zunehmend trüber Konjunkturperspektiven nicht entziehen: bis Oktober rutschte der Kurs unter die Marke von 47 Euro, bevor er im Zuge der Erholung des Gesamtmarktes bis auf aktuell gut 54 Euro zulegte.
Mit einem Kursplus von rund 15 Prozent ist Bayer damit zweitbester DAX-Wert 2022, während der deutsche Leitindex bislang um fast 15 Prozent fiel.
Der seit 2015 bestehende Abwärtstrend, den die Niederlagen in den Glyphosat-Prozessen ab Mitte 2018 nochmals verschärft hatten, ist gleichwohl nach wie vor nicht gebrochen. Das wäre auf aktueller Basis erst bei Kursen von nachhaltig über dem Bereich um die 70 Euro der Fall.
Seit dem ersten Glyphosat-Urteil gegen Bayer im August 2018 beläuft sich das Kursminus auf fast 42 Prozent, von dem im Frühjahr 2015 erreichten Rekordhoch von rund 146 Euro aus gerechnet ging es um 63 Prozent abwärts. Selbst wenn man die seither gezahlten Dividenden einrechnet, wird das Minus nicht viel kleiner. Der deutsche Leitindex ist in diesem Zeitraum um knapp 10 Prozent gestiegen.
In Sachen Börsenwert ist Bayer mit rund 53 Milliarden Euro knapp in den Top 10 des DAX. Im April 2015 auf Rekord-Kursniveau hatte der Konzern mit einer Marktkapitalisierung von rund 120 Milliarden Euro noch den Spitzenplatz im deutschen Leitindex inne. Damals konnte nur Volkswagen (Volkswagen (VW) vz) dem Bayer-Konzern in Sachen Börsenwert knapp das Wasser reichen. Die Wolfsburger bringen es aktuell auf rund 79 Milliarden Euro Börsenwert. DAX-Spitzenreiter ist der Gaskonzern Linde mit 153 Milliarden Euro.
/mis/mne/he
LEVERKUSEN (dpa-AFX)
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