22.11.2019 14:54:00
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BAWAG/Refco-Prozess geht bis Jänner in Verhandlungspause
Am Nachmittag fasste die Richterin weitere Einvernahmen von Zwettler zusammen, auszugweise wurden seine Aussagen auch wörtlich verlesen. Zwettler wurde im Rahmen der 14 Jahre andauernden Ermittlungen insgesamt 27 Mal einvernommen. Er ist nicht beim Prozess anwesend, da er verhandlungsunfähig ist. In seinen Aussagen bestätigte Zwettler im Grunde die Angaben der weiteren Angeklagten, die in den ersten sieben Verhandlungstagen aussagten.
Ebenfalls auszugsweise verlesen wurde eine Einvernahme aus dem Jahr 2006 des damaligen BAWAG-Aufsichtsratsvorsitzenden Günter Weninger, der bereits verstorben ist. Wesentliche Erkenntnisse brachten seine Aussagen nicht. Weninger sagte unter anderem, er habe von der Kreditvergabe vom Oktober 2005 erstmals am 10. Oktober - also am Tag der eigentlichen Auszahlung - erfahren und sei dann vor allem darum bemüht gewesen, das Geld wieder in die BAWAG zurückzuholen. Zudem sagte Weninger, er habe Zwettler und den anderen für Refco Zuständigen vertraut und daher Entscheidungen rund um den US-Broker nicht hinterfragt.
Die Verlesungen der Aussagen von Zwettler und Weninger wurden heute abgeschlossen. Für den weiteren Prozessverlauf ist noch die Verlesung mehrerer Aussagen von Refco-Managern in den USA geplant. Allerdings wartet das Gericht noch auf die Übersetzungen hierfür. Diese seien bereits in Auftrag gegeben worden und laut der Richterin bis spätestens Anfang Jänner fertig. Die Richter brachten an dieser Stelle außerdem ihren Unmut zum Ausdruck, dass die Staatsanwaltschaft die Unterlagen innerhalb ihrer 14 Jahre andauernden Ermittlungen nicht übersetzen ließ.
Nach der Pause geht es laut derzeitigem Verhandlungsplan am 10. Jänner mit der ersten Runde der Zeugenaussagen weiter. Geladen sind unter anderem ehemalige Vorstandsmitglieder der BAWAG sowie einige damalige Bankmitarbeiter, darunter auch der bereits von Nakowitz im Rahmen seiner Aussage genannte Zeuge H., dessen Einvernahme derzeit aber noch unsicher ist. Der Zeuge lebe laut der Richterin Lena Pipic in der Schweiz und wolle einen Antrag zur Rechtshilfe aus Österreich. Eine Videovernehmung - beispielsweise aus Vorarlberg heraus - wie von der Richterin vorgeschlagen wurde, lehne H. ab. Die Verteidigung erklärte heute, auch mit einer reinen Verlesung der Einvernahmen von H. einverstanden zu sein. Die Staatsanwaltschaft erbat sich diesbezüglich noch etwas Bedenkzeit.
Neben Nakowitz sitzen der ehemalige BAWAG-Vorstand Christian Büttner sowie ein weiterer Ex-BAWAG-Manager auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft legt den Angeklagten zur Last, dass sie im Oktober 2005 einen 350 Mio. Euro schweren, sogenannten "Blitzkredit" an das US-Brokerhaus Refco vergeben hätten - wissentlich, dass der Kredit so nicht hätte vergeben werden dürfen. Die Bonität der Besicherung sowie des Kreditantragstellers sei im Vorfeld nicht ausreichend geprüft worden. Zudem sei laut Anklage fragwürdig gewesen, ob eine ordnungsgemäße Entscheidung im Vorstand zustandegekommen war und ob der Aufsichtsrat hätte miteinbezogen werden müssen oder nicht. Refco meldete nur wenige Tage nach der Kreditvergabe in den USA Konkurs an. Das Geld aus dem Kredit konnte nie wieder zurückgeholt werden.
Im zweiten Anklagepunkt heißt es zudem, die Angeklagten haben Beihilfe zum Betrug des Refco-Chefs Phillip Bennett geleistet. Denn sie hätten dabei geholfen, die Vermögenslage der Refco besser darzustellen als sie ist und so den damaligen Refco-Käufer, das New Yorker Investmenthaus Thomas H. Lee Partners, über die tatsächliche Finanzlage in dem US-Unternehmen getäuscht. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Angeklagten dementierten im Zuge ihrer Befragungen alle Vorwürfe und haben sich für nicht schuldig bekannt. So führte die Verteidigung aus, dass die Angeklagten nicht die Täter, sondern selbst ein Opfer der Refco und ihres ehemaligen Chefs Philipp Bennett, den einer der Verteidiger in seinem Eröffnungsplädoyer als "Meisterbetrüger" bezeichnete, geworden seien.
Die Anklage verkenne den wahren Betrug des Ex-Refco-Chefs Philipp Bennett. Denn dieser habe die BAWAG jahrelang - schon vor dem Einstieg der BAWAG bei der Refco im Jahr 1999 - über die Gewinnsituation bei dem US-Broker getäuscht. Die BAWAG könne daher gar kein Täter oder Mittäter in den von der Anklage dargestellten Punkten sein. Die BAWAG sei immer in dem Glauben gelassen worden, Refco wäre ein gewinnbringendes und sehr erfolgreiches Unternehmen, das keine Eigengeschäfte betreibe und daher mit sehr wenig Risiko behaftet sei. Die beiden fraglichen Kreditvergaben aus den Jahren 2004 und 2005 seien ordnungsgemäß und unter Einhaltung aller Sorgfaltspflichten erfolgt.
(Schluss) bel/gru
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