Auftrags- und Umsatzminus |
31.07.2014 13:14:31
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Siemens leidet unter Vorjahresbelastungen
Die Jahresziele, die sich der Industriekonzern für das im September endende Geschäftsjahr 2013/14 gesetzt hat, sind nach einem ergebnisseitig ordentlichen dritten Quartal zumindest in greifbarer Nähe. Das operative Ergebnis der vier Sektoren legte um 37 Prozent auf 1,74 Milliarden Euro zu, der Nachsteuergewinn stieg auf 1,37 Milliarden Euro nach 1,07 Milliarden Euro ein Jahr zuvor.
Konsequenterweise bestätigte Siemens auch die Jahresziele: Der Umsatz soll nicht fallen, der Gewinn je Aktie soll um mindestens 15 Prozent über den 5,08 Euro des Vorjahres liegen. Nach den ersten neun Monaten liegt das Ergebnis je Aktie bereits bei 4,65 Euro, 20 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum.
Doch die Entwicklung ist etwas verzerrt, buchte der Dax-Konzern im Vorjahreszeitraum doch 418 Millionen Euro an Restrukturierungskosten für sein Sparprogramm Siemens 2014. Auch im zurückliegenden Quartal ist die Bilanz des Dax-Konzerns aber nicht ohne Makel. Die verspätete Anbindung von Windparks in der Nordsee an das Stromnetz belastete im abgelaufenen Quartal mit 128 Millionen Euro das Ergebnis, bei einem Projekt in Großbritannien liefen 27 Millionen Euro Kosten auf.
Es sind die Belastungen, die Siemens-Chef Joe Kaeser, der den Konzern jetzt seit einem Jahr leitet, eigentlich los werden wollte. Am Donnerstag machte er aber wenig Hoffnung auf baldige Besserung, gerade im Energy Sektor, dem Kerngeschäft von Siemens. "Während wir in den meisten Bereichen gute Fortschritte erzielt haben, steht der Energy Sektor vor anhaltenden Herausforderungen in den nächsten Quartalen," sagt Kaeser.
Noch nicht abzusehen sind die Herausforderungen für Siemens, nachdem die EU wegen des Konflikts in der Ukraine Sanktionen gegen Russland verhangen hat. Für Kaeser steht lediglich fest, dass sie die Prognose im laufenden Geschäftsjahr nicht gefährden. Aber das laufende Geschäftsjahr endet schon in acht Wochen. Und was 2015 wird? "Das ist so schwer einschätzbar", meint Kaeser. Siemens macht in Russland pro Jahr rund 2 Milliarden Euro Umsatz, ist also ein wichtiger Markt, hauptsächlich für Züge und Energietechnik. Einige Güter produziert Siemens aber auch im Land selbst, da greifen die Sanktionen nicht.
Gleichzeitig sieht Kaeser den Konflikt in der Ukraine aber auch im Mittleren Osten aber auch als "ein ernstes Risiko für das Wachstum in Europa in der zweiten Hälfte des Kalenderjahrs 2014" und möglicherweise auch noch im kommenden Jahr.
Die EU und die USA machen von Russland unterstützte Separatisten für den Abschuss eine malaysischen Passagiermaschine über der Ostukraine verantwortlich, durch den 298 Menschen den Tod fanden, großteils Niederländer.
Kaeser musste viel Kritik dafür einstecken, dass er Ende März, unmittelbar nach der Annexion der Krim durch Russland, Vladimir Putin im Kreml einen Besuch abstattete. Am Donnerstag schlug Kaeser ob der Ukraine-Krise andere Töne an. "Es sei mehr persönliche Bestürzung als geschäftliche Sorgen. Wir hoffen, dass die Lage nicht weiter eskaliert."
Und dann ist da auch noch der starke Euro: Er hat schon einigen deutschen Unternehmen die Quartalszahlen verhagelt, und auch Siemens spürt ihn. Der Auftragseingang sank um 3 Prozent auf 19,41 Milliarden Euro, der Umsatz ging um 4 Prozent auf 17,92 Milliarden Euro zurück. Der Rückgang ist fast vollständig dem starken Euro gegenüber allen relavanten Währungen außer dem britischen Pfund zuzuschreiben.
Der Effekt wird sich auch noch im laufenden Schlussquartal bemerkbar machen, kündigte Finanzvorstand Ralf Thomas an, allerdings werde sich der Effekt nicht mehr so stark zeigen wie im zurückliegenden Quartal.
Es ist erklärtes Ziel von Siemens, das Verhältnis von neuen Aufträgen zu Umsatz über 1 zu halten. Diese sogenannte Book-to-Bill-Ratio lag im zurückliegenden Quartal bei 1,08. Auch hier ist der Vorjahresvergleich aber erschwert. So buchte Siemens im dritten Quartal des Vorjahres einen 3 Milliarden Euro schweren Auftrag für Regionalzüge aus London. Aufträge dieser Größenordnung fallen nicht in jedem Quartal an. Immerhin noch 1,6 Millarden Euro schwer war aber ein Windpark-Auftrag aus den Niederlanden, der im zurückliegenden Quartal gebucht wurde.
Mit der im Mai angekündigten Vision 2020 will Kaeser das Unternehmen entlang der Wachstumsfelder Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung neu ausrichten will, damit geht auch Bürokratieabbau einher. Geringere Kosten und schnellere Entscheidungsprozesse sollen bis zum Ende des Geschäftsjahres 2015/16 die Stückkosten, also der Gesamtbetrag der zur Erbringung von Gütern und Dienstleistungen notwendig ist, um 1 Milliarde Euro senken.
Aber der damit einhergehende Arbeitsplatzabbau wird im kommenden Geschäftsjahr auch zu Restrukturierungskosten führen. Aber die sollen durch Erlöse aus Verkäufen kompensiert werden, kündigte Kaeser an. Mit der Abspaltung der Hörgeräte-Spalte sei man im Plan - ob die Sparte an die Börse gebracht wird, sei aber noch offen, sagte der Siemens-Chef.
Kontakt zum Autor: archibald.preuschat@wsj.com
DJG/APR/kla
Von Archibald Preuschat
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