Großprojekte voraus 04.03.2015 17:30:00

Andritz: Österreicher drehen am großen Rad

von Stefan Riedel, Euro am Sonntag

Der nächste Großauftrag: Dieses Mal geht es um Turbinen und Generatoren für das weltweit erste Gezeitenlagunen-Wasserkraftwerk in der Swansea-Bucht in Wales. 250 Millionen des Auftragsvolumens in Höhe von 400 Millionen Euro hat sich der österreichische Anlagenbauer Andritz gesichert. Das 1852 im gleichnamigen Grazer Vorort gegründete Unternehmen hatte zuvor bereits unter anderem den Zuschlag für die Produktionslinie eines Zellstoffwerks in Finnland erhalten, das seinen gesamten Energiebedarf mit dem Ökorohstoff Holz abdeckt.

Auch Börsianer haben Andritz wiederentdeckt. In den vergangenen vier Monaten hat die Aktie rund 40 Prozent an Wert gewonnen. Das hat mehrere Gründe: Gut angekommen ist, dass der Konzern im Jahresverlauf seine Margen verbessert hat. Das gilt auch für das weiterhin schwierige Geschäft der Umweltsparte Separation mit ihren Zentrifugen und Filterpressen für die Fest-Flüssig-Trennung in der Abfall- und Müllbeseitigung.

Zugleich hat Andritz sein Hauptproblem im Griff, das noch 2013 zum Gewinneinbruch geführt und den Aktienkurs ins Trudeln gebracht hatte. Zwar werden die Rückstellungen für den verzögerten Bau einer Zellstofffabrik in Uruguay noch das Konzernergebnis für 2014 beeinflussen. Firmenkenner gehen aber davon aus, dass damit alle Sonderbelastungen aus diesem Projekt bilanziell verbucht sind. Als Glücksgriff erwies sich dagegen der 600 Millionen Euro schwere Zukauf des schwäbischen Pressenherstellers Schuler im Jahr 2012. Damit erweiterte Andritz das Produktspektrum der Sparte Metals. Deren Geschäft mit Maschinen zur Produktion und Veredelung von Stahl verlief zuvor nur schleppend. Trotzdem war der Deal umstritten. Andritz hole sich das Risiko einer extrem zyklischen Branche ins Portfolio, lautete die Hauptkritik. Im Nachhinein beschert die anhaltend robuste Auftragslage bei Autobauern aus China und Nordamerika dem Bereich Metals eine Art Sonderkonjunktur - und trägt damit wesentlich zur Margen­erholung bei.

Solides Fundament

Bei den Geschäftszahlen für 2014, die Andritz am 5. März präsentieren wird, sollten die eigenen Zielvorgaben erreicht werden, zumal das vierte Quartal traditionell stark ausfällt. Konkret: ein moderates Umsatzwachstum mit einem deutlich höheren Gewinnplus.

In den kommenden Jahren soll die operative Marge von zuletzt 6,9 Prozent wieder auf den langjährigen Durchschnittswert von sieben Prozent steigen. Entscheidend dafür sind neue Großaufträge in allen Segmenten. Bei den Zellstoffwerken entscheidet sich 2015 die Auftragsvergabe für zwei Fabriken in Brasilien. Auch wenn die operative Marge derzeit noch niedrig ist, hat sich der Preisdruck in den vergangenen Monaten etwas gelegt.

Vor allem die Sparten Metals und Separation könnten durch weitere Zukäufe gestärkt werden. Mehr als 60 Firmen hat Andritz in den vergangenen zwei Jahrzehnten akquiriert und integriert. "Die strategische Stoßrichtung bleibt dabei stets gleich. Andritz kauft zu, wenn sich damit die Chance bietet, zu den Top 3 im jeweiligen Marktsegment zu avancieren", erklärt Thomas Neuhold, Analyst bei Kepler Cheuvreux. "Hier hat die Firma die finanzielle Flexibilität, Transaktionen aus dem Cashflow zu finanzieren, ohne sich wegen Kapitalmaßnahmen an die Aktionäre wenden zu müssen."

Dazu ist die Bilanzqualität ein weiterer Pluspunkt des Unternehmens, dessen prägende Figur der seit 1994 als Vorstandsvorsitzender agierende Wolfgang Leitner ist. Investoren schätzen unter anderem den hohen Free Cashflow und die hohe Kapitalrendite, also die Verzinsung auf das eingesetzte Kapital. Diese ermögliche die hohen Dividendenausschüttungen von bis zu 60 Prozent des Konzerngewinns. Und nach dem krassen Einschnitt im Vorjahr können sich die Aktionäre jetzt darauf freuen, dass Andritz mit seinem Hauptaktionär Leitner für 2014 eine kräftige Anhebung vorschlägt. Analysten erwarten eine Dividende von einem Euro je Aktie.

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