Streik wohl vom Tisch 01.02.2022 16:26:00

Airbus-Aktie stärker: Verhandlungen von Airbus und IG Metall erfolgreich - Beschäftigungssicherung bis Ende 2030

Airbus-Aktie stärker: Verhandlungen von Airbus und IG Metall erfolgreich - Beschäftigungssicherung bis Ende 2030

Das teilten beide Seiten am Dienstagmorgen mit. Damit dürften die von Deutschlands größter Gewerkschaft angedrohten Streiks bei dem Flugzeugbauer vom Tisch sein.

Airbus will die Montage von Flugzeugrümpfen und -strukturen in einem neuen Tochterunternehmen zusammenfassen. Betroffen wären die Airbus-Werke Stade, Teile des Standorts Hamburg sowie die Airbus-Tochter Premium Aerotec mit drei der vier Augsburger Werke und den Standorten Bremen und Nordenham. Zudem will der Flugzeugbauer die Teilefertigung bei Premium Aerotec in Augsburg, im friesischen Varel und in Rumänien an einen Investor verkaufen. Der ursprüngliche Plan, den Umbau bereits Anfang 2022 umzusetzen, wurde angesichts des Widerstandes bei IG Metall und Belegschaft aufgeschoben.

Die Gewerkschaft hatte sich zwar prinzipiell offen für eine Investorenlösung für die Teilefertigung gezeigt, verlangte aber, dass parallel auch ein Verbleib der Teilefertigung im Airbus-Konzern geprüft wird. Zweites großes Konfliktfeld war die Reichweite von Standort- und Beschäftigungszusagen in der Airbus-Strukturmontage. Die Gewerkschaft verlangt eine Perspektive weit bis ins kommende Jahrzehnt, wenn die Produktion eines Nachfolgers der erfolgreichen A320-Familie ansteht. Dahinter steht die Sorge der Gewerkschaft, dass Airbus bei Flugzeugen der nächsten Generation größere Arbeitspakete statt in Deutschland und Europa in Asien fertigen lassen könnte. Airbus plant, bis 2035 ein marktreifes Passagierflugzeug mit Wasserstoffantrieb auf den Markt zu bringen.

Beschäftigungssicherung bei Airbus bis Ende 2030

Die IG Metall hat dem Flugzeugbauer Airbus beim geplanten Umbau der Flugzeugfertigung weitreichende Zugeständnisse abgerungen. Beide Seiten einigten sich in der Nacht zum Dienstag in Hamburg auf ein Paket, das die deutschen Standorte bis Ende 2030 sichert und die Beschäftigten ebenso lange vor betriebsbedingten Kündigungen schützt. Im Gegenzug kann Airbus eine Lösung für die seit Jahren defizitäre Teilefertigung suchen. Zudem kann sich der Branchenprimus - wie zuvor schon in Frankreich - auch in Deutschland industriell neu aufstellen, um sich für die absehbar stark steigende Produktion und den klimaneutralen Umbau des Fliegens zu rüsten.

Vorangegangen war ein zehn Monate währender Konflikt mit sieben Verhandlungsrunden und mehreren Warnstreikserien. Wären die Gespräche gescheitert, hätte die IG Metall eine Urabstimmung über einen Streik eingeleitet. "Nach dem Konflikt geht es jetzt um das Gestalten der Zukunft", sagte der norddeutsche Bezirksleiter und Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Daniel Friedrich nach dem 18-stündigen Verhandlungsmarathon in einem Hotel am Hamburger Flughafen.

Airbus wird nun zum 1. Juli mit halbjähriger Verzögerung die bisher bei verschiedenen Gesellschaften angesiedelte Montage von Flugzeugrümpfen und -strukturen in einem neuen deutschen Tochterunternehmen zusammenfassen. In Frankreich ist eine vergleichbare Struktur mit der neuen Tochter Airbus Atlantic bereits seit Jahresanfang am Start. "Dass wir in Deutschland jetzt auch so weit sind, stärkt den Standort Deutschland, stärkt Airbus und insbesondere die kommerziellen Flugzeugaktivitäten im Airbus-Konzern deutlich", sagte der Airbus-Verhandlungsführer und deutsche Personalchef Lars Immisch.

Die noch namenlose Tochter, intern "ASA" genannt, wird ihren Hauptsitz in Hamburg haben und mehr als 10.000 Mitarbeiter beschäftigen - voraussichtlich mit deutlich steigender Tendenz, denn Airbus hat erhebliche Neueinstellungen angekündigt. Betroffen sind Teile des größten deutschen Airbus-Standortes Hamburg, das Airbus-Werk Stade sowie die Airbus-Tochter Premium Aerotec (PAG) mit den Standorten Bremen und Nordenham.

"Die Flugzeugstruktur wird bei der nächsten Generation von Flugzeugen eine wichtige Rolle spielen", sagte Airbus-Deutschlandchef André Walter. "Deshalb sind wir überzeugt davon, dass wir mit dieser industriellen Neuaufstellung die Möglichkeit schaffen, den Produktionshochlauf zu realisieren und uns sehr gezielt auf den Bau emissionsfreier Flugzeuge bis 2035 vorzubereiten."

Nachdem Airbus die Produktion der Kassenschlager aus der A320-Familie in der Corona-Krise von rund 60 auf 40 Maschinen pro Monat zurückfuhr, soll es bis Sommer 2023 schrittweise auf 65 Maschinen nach oben gehen. Für Mitte des Jahrzehnts sind bis zu 75 Maschinen pro Monat angepeilt. Auf dem Weg zum klimaneutralen Fliegen will Airbus zudem bis 2035 ein Passagierflugzeug mit Wasserstoffantrieb bis zur Marktreife entwickeln.

Angesichts dieser Herausforderungen sprach IG Metall-Bezirksleiter Friedrich von einer "magischen Win-Win-Situation". Airbus bekomme Klarheit für die angestrebte Neuaufstellung. "Auf der anderen Seite haben wir für die Beschäftigten Sicherheit und Perspektive mit diesem Ergebnis verabredet."

Aufgegeben wurde in der letzten Runde der ursprüngliche Plan, auch die Baugruppenfertigung in drei der vier PAG-Werke in Augsburg in die "ASA" aufzunehmen. Diese sollen nun gemeinsam mit der defizitären Teilefertigung im vierten Augsburger PAG-Werk, dem Standort im niedersächsischen Varel und dem rumänischen Standort Brasov an den mittelständischen Autozulieferer Muhr und Bender KG (Mubea) im nordrhein-westfälischen Attendorn verkauft werden. Von Mubea liegt ein nach Airbus-Einschätzung "überzeugendes Angebot" vor. "Das Angebot beinhaltet ein umfangreiches Konzept zur langfristigen Arbeitsplatzsicherung und ermöglicht die Schaffung eines wettbewerbsfähigen deutschen Unternehmens." In der betroffenen Sparte sind nach Angaben von Walter in Deutschland gut 3.000 Menschen beschäftigt.

Der von Airbus bevorzugte Verkauf an einen Investor kann allerdings nur über die Bühne gehen, wenn auch Betriebsräte und IG Metall grünes Licht geben. Klarheit darüber soll bis Ende März gewonnen werden. Mubea mit rund 2,3 Milliarden Euro Umsatz und rund 14.000 Mitarbeitern an weltweit 48 Standorten fertigt Leichtbaukomponenten. Das Unternehmen gehört seit vielen Jahren zu den Airbus-Zulieferern und will einer Mitteilung zufolge mit dem Erwerb der Einzelteilefertigung von Airbus "sein Standbein in der Luftfahrtindustrie nachhaltig ausbauen und stärken". Die Firma zeigte sich überzeugt, gemeinsam mit Gewerkschaft und Arbeitnehmervertretern "eine optimale Lösung für alle Beteiligten erzielen" zu können.

Autozulieferer aus NRW will Teilefertigung von Airbus übernehmen

Der nordrhein-westfälische Autozulieferer Muhr und Bender KG (Mubea) will die defizitäre Einzelteilefertigung des Flugzeugbauers Airbus übernehmen. Seitens des Unternehmens liege ein "überzeugendes Angebot" vor, das die Standorte Augsburg und Varel sowie Brasov in Rumänien umfasse, teilte Airbus am Dienstag in Hamburg mit. "Das Angebot beinhaltet ein umfangreiches Konzept zur langfristigen Arbeitsplatzsicherung und ermöglicht die Schaffung eines wettbewerbsfähigen deutschen Unternehmens." In der betroffenen Sparte sind nach Angaben von Airbus-Deutschlandchef André Walter derzeit gut 3000 Menschen beschäftigt.

Der Verkauf der Teilefertigung, die bislang bei der Airbus-Tochter Premium Aerotec angesiedelt ist, gehört zu den bislang umstrittenen Umbauplänen von Airbus für die zivile Flugzeugfertigung in Deutschland. Dazu haben sich Airbus und IG Metall am Dienstagmorgen nach 18-stündigen Verhandlungen auf ein umfangreiches Paket zur Sicherung von Beschäftigung und Standorten geeinigt.

Dazu gehört, dass der Verkauf nicht gegen den Willen der IG Metall über die Bühne gehen darf. "In den kommenden Wochen werden die Arbeitnehmervertreter das schriftliche Angebot von Mubea in Bezug auf Standorte und Beschäftigte prüfen", heißt es in der Airbus-Mitteilung. "Die endgültige Entscheidung über den Verkauf wird gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern gefällt."

Für die Aktie von Airbus geht es am Dienstag via XETRA zeitweise um 1,68 Prozent aufwärts auf 114,08 Euro.

HAMBURG (dpa-AFX)

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Bildquelle: Airbus Group,Bocman1973 / Shutterstock.com

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