Ausblick auf Fed-Sitzung 17.12.2014 17:50:00

US-Notenbank Fed könnte Zinsen früher anheben als gedacht


Am Mittwoch nach Börsenschluss in Europa wird die Fed die Ergebnisse ihrer jüngsten Zinssitzung bekanntgeben. Anleger erhoffen sich von den US-Notenbankern rund um Fed-Präsidentin Janet Yellen endlich klare Hinweise darauf, wann der Leitzins für die USA angehoben wird. Spekuliert wird im Vorfeld der zweitägigen Sitzung, die am Dienstag beginnt, wann dieser Schritt folgen könnte - und ob er schneller kommt als bisher angenommen.

Hebt die Fed die Zinsen sogar noch in diesem Jahr an? Das scheint unwahrscheinlich, aber die US-Notenbank dürfte zumindest die Weichen für eine schnelle Zinserhöhung stellen. Laut verschiedener Medienberichte soll eine entscheidende Passage im Notenbank-Protokoll gestrichen werden. Die Formulierung, der Leitzins solle auch nach Ende des Anleihekaufprogramms einen "beträchtlichen Zeitraum" nahe der Nulllinie bleiben, dürfte bald nicht mehr im Protokoll auftauchen. Die meisten Finanzmarktanalysten rechnen damit, dass die Fed in ihrer letzten Zinssitzung in diesem Jahr "considerable period of time" durch "patient" ersetzen wird.

Der Präsident der New Yorker Notenbank, William C. Dudley, hatte in jüngsten Stellungnahmen die Formulierung "beträchtlicher Zeitraum" auffallend gemieden. Dudley, der zum engsten Kreis um Fed-Chefin Yellen gehören soll, sprach stattdessen davon, dass die Fed mit Zinserhöhungen "geduldig" sein müsse. Eine Entscheidung, ob diese Formulierung tatsächlich geändert wird, ist bisher noch nicht gefallen. Laut einem Bericht des Wall Street Journal gebe es auch zahlreiche Verfechter, diese Passage noch stehen zu lassen.

Fed überdenkt bisherige Pläne zur Zinserhöhung

Die aktuelle Sprachwahl im Fed-Protokoll signalisiert den Finanzmärkten noch, dass die US-Notenbank im kommenden halben Jahr keine Leitzinserhöhungen plant. Nun dürfte die Fed diese Pläne überdenken. Der Grund ist die amerikanische Wirtschaft, die auf Wachstumskurs bleibt: Im Verarbeitenden Gewerbe habe sich die Lage ebenso verbessert wie bei den Dienstleistern, heißt es in einem Bericht der Fed. Im Baugewerbe und am Immobilienmarkt sei es in den vergangenen Monaten ebenfalls bergauf gegangen.

Möglicherweise könnte die Fed deshalb nun Leitzinserhöhungen bereits vor dem Sommer 2015 ins Auge fassen. Über den genauen Zeitpunkt schweigen sich die Notenbanker um Präsidentin Janet Yellen weiter aus und betonen, die geldpolitischen Zügel je nach Konjunkturlage straffen zu wollen. Gerüchte, nach denen die Fed bereits in der letzten Sitzung des laufenden Jahres die Zinsen erhöhen will, scheinen übertrieben.

Ultralockere Geldpolitik in den USA geht zu Ende

Dennoch: Das Ende des Billiggelds rückt näher. Die erste Anhebung der US-Leitzinsen seit der Finanzkrise ist nur noch eine Frage der Zeit. In der Sitzung an diesem Dienstag und Mittwoch geht es vor allem um das Tempo, also wie schnell die Fed den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik vollzieht. "Die Fed wird die Leitzinsen wohl aggressiver anheben als vom Markt erwartet", sagt Ökonom Bernd Weidensteiner von der Commerzbank.

Dudley hatte bereits Anfang November eine Zinsanhebung in den kommenden Monaten ins Spiel gebracht. Eine Normalisierung der Geldpolitik sei eine willkommene Entwicklung, so Dudley. Gleichzeitig hatte der New Yorker Fed-Chef auch vor den Folgen gewarnt: "Die steigenden Leitzinsen werden ohne Zweifel Probleme verursachen." Die Zentralbanken müssten besser auf eine Stabilisierung des Finanzsystems vorbereitet sein, so Dudley.

Für die US-Bank Goldman Sachs kann die Zinsanhebung nicht früh genug kommen: "Wenn die US-Notenbank beabsichtigt, die Normalisierung der US-Geldpolitik schrittweise anzugehen, sollte sie bald damit beginnen", so Andrew Wilson, CEO für die EMEA-Region bei Goldman Sachs Asset Management, im September.

Ölpreis könnte den Zeitrahmen für die Zinsanhebung der Fed beeinflussen

Die Zeichen für eine straffere Geldpolitik in den USA stehen gut: Seit der Bankenkrise 2008 stand die US-Konjunktur nicht mehr so stark da wie zuletzt. Die größte Volkswirtschaft der Welt ist auf dem Weg zu alter wirtschaftlicher Stärke - obwohl es die USA besonders stark getroffen hatte, als vor sechs Jahren die Immobilienblase geplatzt war und unter anderem die US-Großbank Lehman Brothers insolvent ging.

Seit dieser Zeit, seit Ende 2008 also, liegt der Leitzins in den USA kaum über null Prozent. Jetzt scheint es an der Zeit, die Geldpolitik weiter zu straffen und den Leitzins zu erhöhen. Im Oktober hatte die Fed bereits ein milliardenschweres Anleihekaufprogramm eingestellt, mit dem die Konjunktur über Jahre gestützt worden war.

Und die weltweite Konjunktur spielt den US-Notenbankern in die Karten - vor allem der Absturz des Ölpreises: Die billige Energie hält die Inflation niedrig und nimmt der Fed Handlungsdruck. Möglicherweise könnte die weltweit niedrige Inflation eine Zinsanhebung nicht ganz so dringend machen, wie das unter anderem die Experten der US-Großbank Goldman Sachs glauben machen wollen. Dass die Geldpolitik noch weiter gestrafft wird, ist aber klar.


Von Markus Gentner


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