Preiskrieg 16.03.2020 22:53:00

Goldman Sachs: Talfahrt des Ölpreises könnte noch nicht vorüber sein

Goldman Sachs: Talfahrt des Ölpreises könnte noch nicht vorüber sein

• Preiskrieg hält Ölmarkt weiter in Atem
• Goldman Sachs hält weiteren Einbruch beim Ölpreis für möglich
• Finanzen der Produzenten könnten "Stress-Level" erreichen

Nachdem sich die OPEC und mit ihr verbündete Förderländer wie Russland am vergangen Freitag nicht auf eine Begrenzung der Erdölfördermenge einigen konnten, gingen die Ölpreise in der letzten Woche in einen historischen Sinkflug. Zeitweise hatten sie sogar um etwa ein Drittel nachgegeben und damit den stärksten Tagesrückgang seit dem Golfkrieg im Jahr 1991 erlitten.

Goldman Sachs: Ölpreis könnte auf 20 Dollar fallen

Am Freitag vor dem Preiskrieg kostete ein Barrel Öl (ein historisches Fass mit 159 Litern) der europäischen Nordsee-Sorte Brent sowie der US-Sorte WTI (West Texas Intermediate) noch jeweils über 40 Dollar. Zwischenzeitlich waren es jeweils rund 10 Dollar weniger.

Für die Rohstoffexperten der Investmentbank Goldman Sachs ist die jüngste Entwicklung Anlass, ihre Prognosen anzupassen. Laut "Markets Insider" sehen sie den Brent-Preis im zweiten und dritten Quartal 2020 nur noch bei 30 Dollar je Barrel. Ihre Prognose für den WTI-Preis senkten sie auf 29 Dollar im zweiten und 28 Dollar im dritten Quartal 2020.

Doch damit könnte die Talsohle noch nicht erreicht sein. Infolge des Preiskriegs halte es eine Gruppe von Goldman Sachs-Analysten nämlich für möglich, dass der Preis für Brent-Öl sogar bis in die Nähe von 20 Dollar fallen könnte. Doch die Produzenten könnten damit an ein operatives Stress-Level geraten.

Belastung für Ölproduzenten

Der Preiskrieg habe den Ausblick für den Ölmarkt "völlig verändert", erklärte Goldman Sachs-Analyst Damien Courvalin. Die Zukunftsprognose sei jetzt sogar noch düsterer als im November 2014, als es das letzte Mal zu einem Preiskampf gekommen war.

"Der Ölmarkt sieht sich nun mit zwei sehr unsicheren bärischen Schocks konfrontiert, die ganz klar einen Ausverkauf zum Ergebnis haben", so Courvalin. Solche Preisniveaus würden bei Schiefer- und anderen Produzenten mit hohen Kosten zu "akutem finanziellen Stress und Produktionsrückgängen" führen.

Dazu muss man wissen, dass insbesondere bei vielen amerikanischen Ölanbietern die Förderkosten im internationalen Vergleich relativ hoch liegen. Außerdem sind viele der sogenannten "Fracker" hoch verschuldet, womit fraglich ist, ob sie das finanzielle Durchhaltevermögen besitzen, um eine Phase niedriger Ölpreise durchzustehen.

Neuer Preiskrieg

Vor Kurzem waren Verhandlungen zwischen dem von Saudi-Arabien angeführten OPEC-Kartell und den bisher verbündeten Förderstaaten über eine zusätzliche Begrenzung der Erdölförderung gescheitert. Selbst auf eine Verlängerung der bestehenden Beschränkung konnten sich die Beteiligten nicht einigen. Somit können die Staaten ab April wieder so viel Rohöl aus der Erde holen wie sie wollen.

Saudi-Arabien hat bereits einen starken Anstieg seiner Fördermenge angekündigt. Dies dürfte insbesondere gegen Russland gerichtet sein, das sich geweigert hatte, eine von der OPEC vorgeschlagene Förderkürzung mitzutragen. Auch Russland hat inzwischen angekündigt, seine Förderung steigern zu wollen.

Corona-Virus

Wie von dem Goldman Sachs-Analysten erwähnt, stellt auch die Ausbreitung des Corona-Virus eine Belastung für den Ölpreis dar. Unter anderem aufgrund dieser Pandemie und der befürchteten wirtschaftlichen Folgen hat das OPEC-Kartell seine Nachfrage-Prognose bereits zwei Mal innerhalb eines Monats deutlich gesenkt. Dies drückt auf den Ölpreis.

Wegen des Virus hat US-Präsident Donald Trump inzwischen sogar Reisebeschränkungen angekündigt. Er beabsichtigt, die US-Grenzen für Europäer für eine Dauer von zunächst 30 Tagen zu schließen. Diese Ankündigung trübte die Stimmung an den Finanzmärkten weiter ein, was neben Aktien auch andere riskante Anlageformen wie Rohstoffe belastete.

Redaktion finanzen.at

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