28.10.2008 11:03:35
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Heribert Müller: "Der Bärenmarkt für Aktien wird weit bis ins nächste Jahrzehnt anhalten"
"Börsenzyklen verlaufen stets in Wellen"
? Herr Müller, Sie analysieren die Märkte mithilfe von Elliott-Wellen. Was ist darunter zu verstehen?
Heribert Müller: Mit dem Wellenprinzip lässt sich das kollektive Verhalten von Marktteilnehmern an frei zugänglichen Märkten interpretieren. Es ist benannt nach dem Buchhalter Ralph Nelson Elliott, der es in den 1930er-Jahren das erste Mal beschrieb. Dieser stellte fest, dass die Börsenzyklen stets in Wellen verlaufen. Bei genauerer Betrachtung lässt sich erkennen, dass jeder Zyklus aus fünf Wellen besteht, die ihrerseits von drei Korrekturwellen unterbrochen werden.
? Welche Zeiträume lassen sich mit dieser Methode bewerten?
Müller: Die betrachtete Zeitspanne kann beliebig lange sein. Die Wellenbewegung lässt sich in kurzen, mittleren und langen Zeiträumen gleichermaßen feststellen.
? Welche Rolle spielen die Fibonacci-Zahlen, also eine Folge von Zahlen, die stets die Summe ihrer Vorgänger sind (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, ...), bei Ihrer Analyse?
Müller: Mithilfe der Fibonacci-Zahlen lassen sich die Wellenbewegungen systematisieren und sie helfen dabei, zu bestimmen, wann Wendepunkte zu erwarten sind.
"An der Börse kommt es zu immer wiederkehrenden Mustern"
? Wie funktioniert das?
Müller: Aus den Fibonacci-Zahlen lässt sich unter anderem der Goldene Schnitt berechnen. Das ist ein Verhältnis, das sich ergibt, wenn man zwei aufeinanderfolgende Fibonacci-Zahlen miteinander teilt. Das Ergebnis ist ein Verhältnis von 1 zu 1,618 oder umgerechnet 61,8 Prozent. Das ist der Goldene Schnitt, eine harmonische Proportion, die sich in der Kunst, der Architektur und insbesondere der Natur wiederfindet.
? Wie hilft der Goldene Schnitt bei der Kursanalyse?
Müller: An der Börse kommt es zu immer wiederkehrenden Mustern. Eines dieser Muster lässt sich mit dem Goldenen Schnitt berechnen. Wenn zum Beispiel Kurskorrekturen in diesem Verhältnis zu den vorangegangenen Gewinnen stehen, deutet das mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Ende einer Welle hin.
? Können Sie ein konkretes Beispiel dafür geben?
Müller: Ja, sogar ein sehr aktuelles. Denken Sie an Freitag, den 10. Oktober, als es zu panikartigen Verkäufen kam. Der Dax fiel auf 4458 Punkte. Damit korrigierte er seinen vorangegangenen Anstieg von März 2003 bis Juli 2007 um genau 61,8 Prozent – was exakt dem Goldenen Schnitt entspricht.
"Voraussichtlich werden die Kurse ab dem 13. März 2009 wieder fallen"
? Was lässt sich daraus für die kommenden Wochen ableiten?
Müller: Wenn dieses Niveau hält, dann hat die Wellenbewegung voraussichtlich einen Wendepunkt erreicht. Ich erwarte, dass sich die Kurse nach dem schwarzen Freitag erst einmal stabilisieren werden. Zumindest bis zum nächsten Wendepunkt um den 13. März 2009.
? Wie kommen Sie auf dieses Datum?
Müller: Dem liegt eine andere Erkenntnis zugrunde: Die Zyklen des DAX dauern oft rund 105 bis 107 Handelstage. Vom 10. Oktober an gerechnet wäre das der 13. März des kommenden Jahres.
? Hat diese Spanne auch etwas mit den Fibonacci-Zahlen zu tun?
Müller: Nein, diese Zahl basiert auf einer bloßen Betrachtung des Aktienmarkts. Immer wieder bewegt er sich in diesem Rhythmus.
? Was passiert im März 2009?
Müller: Voraussichtlich werden die Kurse dann wieder fallen, wenn wir bis dahin eine Erholung gesehen haben.
"Der Bärenmarkt für Aktien wird weit bis ins nächste Jahrzehnt anhalten"
? Wie kommen Sie zu dieser Annahme?
Müller: Um das zu beantworten, ist es notwendig, das große Ganze zu betrachten. Zuvorderst steht die Frage, in welchem strategischen Markt wir uns befinden: Bullen- oder Bärenmarkt. Dazu muss man einen Blick auf die langfristige Wellenbewegung werfen.
? Was zeigt dieser Blick?
Müller: Er zeigt, dass wir uns in einem gigantischen Bärenmarkt für Aktien befinden, der 2000 begonnen hat und bis weit ins nächste Jahrzehnt anhalten wird.
? Aber von 2003 bis 2007 befanden wir uns doch nicht in einem Bärenmarkt für Aktien.
Müller: Doch. Denn bei dem Kursanstieg von März 2003 bis Juli 2007 handelte es sich nach meiner Interpretation lediglich um eine Korrektur der langfristigen Abwärtsbewegung. Die Elliott-Wellen zeigen, dass 2000 die Aufwärtsbewegung, die seit 1922 Bestand hatte, zu Ende gegangen ist.
? Ihr Tipp für die Anleger?
Müller: Auch in Bärenmärkten gibt es immer wieder Zwischenrallys. Die müssen Anleger in Trading-Manier nutzen, um Gewinne zu erwirtschaften. Ansonsten bleibt nur, sich auf sichere Anlagen wie Staatsanleihen zurückzuziehen.
IM PROFIL: Heribert Müller
Mit der Heribert Müller Trust AG berät Heribert Müller seit 2000 institutionelle Kunden bei ihrer Finanzplanung. Für Privatkunden berät er den internationalen Rentenfonds SEB Zinsglobal (WKN 847431). Zuvor war er zehn Jahre lang Geschäftsführer und Managing Director bei der Fondstochter von Salomon Brothers. Von 1970 bis 1990 arbeitete er für mehrere Banken und Versicherungen. Müller beschäftigt sich seit 25 Jahren mit Elliott-Wellen. Er sagte Ende 2007 den Rückgang des DAX auf weniger als 7000 Punkte im ersten Quartal 2008, dessen anschließende Erholung und den Absturz auf weniger als 6000 Punkte voraus. Auch beim Öl- und Goldpreis prognostizierte er die Tendenzen zutreffend. Auf der Homepage findet man seine Marktprognosen unter der Rubrik "Marktinterpretationen".
? Herr Müller, Sie analysieren die Märkte mithilfe von Elliott-Wellen. Was ist darunter zu verstehen?
Heribert Müller: Mit dem Wellenprinzip lässt sich das kollektive Verhalten von Marktteilnehmern an frei zugänglichen Märkten interpretieren. Es ist benannt nach dem Buchhalter Ralph Nelson Elliott, der es in den 1930er-Jahren das erste Mal beschrieb. Dieser stellte fest, dass die Börsenzyklen stets in Wellen verlaufen. Bei genauerer Betrachtung lässt sich erkennen, dass jeder Zyklus aus fünf Wellen besteht, die ihrerseits von drei Korrekturwellen unterbrochen werden.
? Welche Zeiträume lassen sich mit dieser Methode bewerten?
Müller: Die betrachtete Zeitspanne kann beliebig lange sein. Die Wellenbewegung lässt sich in kurzen, mittleren und langen Zeiträumen gleichermaßen feststellen.
? Welche Rolle spielen die Fibonacci-Zahlen, also eine Folge von Zahlen, die stets die Summe ihrer Vorgänger sind (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, ...), bei Ihrer Analyse?
Müller: Mithilfe der Fibonacci-Zahlen lassen sich die Wellenbewegungen systematisieren und sie helfen dabei, zu bestimmen, wann Wendepunkte zu erwarten sind.
"An der Börse kommt es zu immer wiederkehrenden Mustern"
? Wie funktioniert das?
Müller: Aus den Fibonacci-Zahlen lässt sich unter anderem der Goldene Schnitt berechnen. Das ist ein Verhältnis, das sich ergibt, wenn man zwei aufeinanderfolgende Fibonacci-Zahlen miteinander teilt. Das Ergebnis ist ein Verhältnis von 1 zu 1,618 oder umgerechnet 61,8 Prozent. Das ist der Goldene Schnitt, eine harmonische Proportion, die sich in der Kunst, der Architektur und insbesondere der Natur wiederfindet.
? Wie hilft der Goldene Schnitt bei der Kursanalyse?
Müller: An der Börse kommt es zu immer wiederkehrenden Mustern. Eines dieser Muster lässt sich mit dem Goldenen Schnitt berechnen. Wenn zum Beispiel Kurskorrekturen in diesem Verhältnis zu den vorangegangenen Gewinnen stehen, deutet das mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Ende einer Welle hin.
? Können Sie ein konkretes Beispiel dafür geben?
Müller: Ja, sogar ein sehr aktuelles. Denken Sie an Freitag, den 10. Oktober, als es zu panikartigen Verkäufen kam. Der Dax fiel auf 4458 Punkte. Damit korrigierte er seinen vorangegangenen Anstieg von März 2003 bis Juli 2007 um genau 61,8 Prozent – was exakt dem Goldenen Schnitt entspricht.
"Voraussichtlich werden die Kurse ab dem 13. März 2009 wieder fallen"
? Was lässt sich daraus für die kommenden Wochen ableiten?
Müller: Wenn dieses Niveau hält, dann hat die Wellenbewegung voraussichtlich einen Wendepunkt erreicht. Ich erwarte, dass sich die Kurse nach dem schwarzen Freitag erst einmal stabilisieren werden. Zumindest bis zum nächsten Wendepunkt um den 13. März 2009.
? Wie kommen Sie auf dieses Datum?
Müller: Dem liegt eine andere Erkenntnis zugrunde: Die Zyklen des DAX dauern oft rund 105 bis 107 Handelstage. Vom 10. Oktober an gerechnet wäre das der 13. März des kommenden Jahres.
? Hat diese Spanne auch etwas mit den Fibonacci-Zahlen zu tun?
Müller: Nein, diese Zahl basiert auf einer bloßen Betrachtung des Aktienmarkts. Immer wieder bewegt er sich in diesem Rhythmus.
? Was passiert im März 2009?
Müller: Voraussichtlich werden die Kurse dann wieder fallen, wenn wir bis dahin eine Erholung gesehen haben.
"Der Bärenmarkt für Aktien wird weit bis ins nächste Jahrzehnt anhalten"
? Wie kommen Sie zu dieser Annahme?
Müller: Um das zu beantworten, ist es notwendig, das große Ganze zu betrachten. Zuvorderst steht die Frage, in welchem strategischen Markt wir uns befinden: Bullen- oder Bärenmarkt. Dazu muss man einen Blick auf die langfristige Wellenbewegung werfen.
? Was zeigt dieser Blick?
Müller: Er zeigt, dass wir uns in einem gigantischen Bärenmarkt für Aktien befinden, der 2000 begonnen hat und bis weit ins nächste Jahrzehnt anhalten wird.
? Aber von 2003 bis 2007 befanden wir uns doch nicht in einem Bärenmarkt für Aktien.
Müller: Doch. Denn bei dem Kursanstieg von März 2003 bis Juli 2007 handelte es sich nach meiner Interpretation lediglich um eine Korrektur der langfristigen Abwärtsbewegung. Die Elliott-Wellen zeigen, dass 2000 die Aufwärtsbewegung, die seit 1922 Bestand hatte, zu Ende gegangen ist.
? Ihr Tipp für die Anleger?
Müller: Auch in Bärenmärkten gibt es immer wieder Zwischenrallys. Die müssen Anleger in Trading-Manier nutzen, um Gewinne zu erwirtschaften. Ansonsten bleibt nur, sich auf sichere Anlagen wie Staatsanleihen zurückzuziehen.
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Mit der Heribert Müller Trust AG berät Heribert Müller seit 2000 institutionelle Kunden bei ihrer Finanzplanung. Für Privatkunden berät er den internationalen Rentenfonds SEB Zinsglobal (WKN 847431). Zuvor war er zehn Jahre lang Geschäftsführer und Managing Director bei der Fondstochter von Salomon Brothers. Von 1970 bis 1990 arbeitete er für mehrere Banken und Versicherungen. Müller beschäftigt sich seit 25 Jahren mit Elliott-Wellen. Er sagte Ende 2007 den Rückgang des DAX auf weniger als 7000 Punkte im ersten Quartal 2008, dessen anschließende Erholung und den Absturz auf weniger als 6000 Punkte voraus. Auch beim Öl- und Goldpreis prognostizierte er die Tendenzen zutreffend. Auf der Homepage findet man seine Marktprognosen unter der Rubrik "Marktinterpretationen".
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