Währungsalternative |
15.11.2017 16:41:36
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Können Digitalwährungen wie Bitcoin den Euro und Dollar ersetzen?
Währungsfunktionen unter der Lupe
Grundsätzlich gibt es aus volkswirtschaftlicher Sicht drei Hauptfunktionen von Währungen. Die Zahlungsmittelfunktion: Währungen können gegen Ware und Dienstleistungen eingetauscht werden. Die Funktion als Wertaufbewahrung: Währungen haben einen gewissen Vorsorgeaspekt, unter anderem im Hinblick auf das Rentenalter. Wer Geld spart, mehrt üblicherweise sein Vermögen - auch wenn diese Funktion in Zeiten von Nullzins zumindest anfechtbar ist. Die dritte Funktion einer Währung ist ihr Einsatz als Recheneinheit und Wertmaßstab: Was Waren und Dienstleistungen wert sind, lässt sich auf Basis von Währungen bewerten und ermitteln. Welche dieser Funktionen, die Staatswährungen wie Euro oder Dollar erfüllen, lassen sich auf Digitalwährungen übertragen?
Bereits bei der Zahlungsmittelfunktion versagen Bitcoin & Co. Zwar haben viele Händler die Zahlungsmöglichkeit via Bitcoin inzwischen freigegeben, doch längst nicht jede Ware oder Dienstleistung lässt sich mit Kryptogeld bezahlen. Möglicherweise könnte in naher Zukunft allerdings Bewegung in die Sache kommen, denn bereits seit geraumer Zeit gibt es Gerüchte, dass etwa der Online-Handelsriese Amazon Zahlungen in digitalen Token akzeptieren will. Sollte ein solcher Milliardenkonzern den Weg für Zahlungen mit Bitcoin oder Ethereum frei machen, dürfte dies der Akzeptanz von Kryptowährungen im alltäglichen Zahlungsverkehr einen großen Schub verleihen. Flächendeckende Akzeptanz ist allerdings vorerst nicht zu erwarten - zu groß sind die Risiken insbesondere für kleinere Händler. Die starke Volatiliät macht Bitcoin zudem auch für private Kunden für den Zahlungsverkehr wenig attraktiv.
Auch Wertaufbewahrung ist mit Kryptowährungen schwer umzusetzen. Zwar legte der Wert von Digitalwährungen in den vergangenen Monaten massiv zu, allein für die Leitwährung Bitcoin ging es in den letzten zwölf Monaten um knapp 800 Prozent nach oben. Dabei kam es jedoch zu sehr starken Schwankungen. Bitcoin & Co. zur Altersvorsorge einzusetzen, ist daher kaum zu empfehlen. Zu ungewiss ist, wie viel die Digitalwährung zum Zeitpunkt des Renteneintritts wert sein wird.
Und auch als Recheneinheit und Wertmaßstab taugen Kryptowährungen nur bedingt: Angesichts der enormen Kursschwankungen, die auf Tagessicht im zweistelligen Prozentbereich liegen können, lässt sich der Wert von Waren und Dienstleistungen kaum verlässlich bemessen.
Doch auch wenn Bitcoin & Co. die grundsätzlichen Währungsfunktionen nicht oder nur in geringem Maße erfüllen: Digitalwährungen werden voraussichtlich zu einer echten Konkurrenz für Fiat-Währungen aufsteigen. Denn sie sind eine Alternative für Landeswährungen, allerdings kein Ersatz.
Bitcoin nein, Blockchain ja
Deutliche Relevanz und Akzeptanz dürfte in den kommenden Monaten und Jahren nicht die Digitalwährungen selbst, sondern die dahinterstehende Blockchain-Technologie gewinnen. Dem stimmen auch Wirtschaftsexperten, wie Ben Bernanke zu: Der ehemalige Chef der US-Notenbank Federal Reserve rechnet dem Bitcoin selbst keine allzu großen Überlebenschancen aus: "Bitcoin ist ein Versuch, Fiat-Währung zu ersetzen und damit Regulierungsmaßnahmen und staatliche Kontrolle zu umgehen. Ich glaube nicht, dass das ein Erfolg wird. Regierungen werden alles Nötige tun, um dies zu verhindern", so der Wirtschaftsexperte.
Das Digitalwährungen zugrundeliegende Konzept der Blockchain hingegen habe durchaus Zukunftspotenzial: "Die Fed, die Bank of England und Japan unterstützen diese Systeme sehr, da sie die Zahlungssysteme verbessern werden. Besonders grenzüberschreitende Zahlungstransaktionen könnten durch die Blockchain beschleunigt werden."
Rezessionsgefahr droht
Tatsächlich arbeiten einige Zentralbanken bereits an eigenen Digitalwährungen, die allerdings - anders als Bitcoin & Co. - staatlich kontrolliert werden sollen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht gibt es auch kaum Befürworter einer unregulierten Währung als Ersatz für Staatscoins. Denn einer auf Kryptowährung basierten Wirtschaft droht massive Rezessionsgefahr, da Steuerungsmechanismen wie etwa die Inflationskontrolle, fehlen. Auch eine Ausweitung der Geldmenge, bei Zentralbanken ein probates Mittel, um in Krisenzeiten billiges Geld zu schaffen, wäre dann nicht möglich. Denn Kryptowährungen sind in ihrer Menge begrenzt, von Bitcoins etwa werden maximal 21 Millionen in Umlauf sein. Eine höhere Nachfrage nach Geld könnte mit Bitcoin als Staatswährung nicht bedient werden - der Wert eines jeden einzelnen Token würde entsprechend zwangsläufig steigen, Waren und Dienstleistungen würden hingegen verbilligt werden müssen. Deflation wäre die Folge und würde im schlimmsten Fall eine Wirtschaftskrise nach sich ziehen.
Eher Gold- als Währungsersatz
Dass Kryptowährungen staatlich kontrollierte Währungen wie Euro oder Dollar ersetzen, ist also unwahrscheinlich. Dennoch könnten Digitalwährungen in Zukunft voraussichtlich großen Einfluss ausüben. Allerdings nicht als Zahlungsmittel, sondern als Finanzanlage, das Kapital aus dem Wirtschaftskreislauf zieht. Statt in Gold könnten viele Anleger ihr Kapital in Kryptowährungen umschichten, denn bei beiden ist das Angebot begrenzt. Allerdings hat das Edelmetall den digitalen Token eine wichtige Eigenschaft voraus: Es besitzt einen inneren Wert, allein durch die Nachfrage aus der Industrie, wo es Verwendung findet. Daher nutzen Anleger Gold seit jeher als sicheren Hafen. Zudem schwankt der Goldpreis nicht annähernd so stark, wie die Kurse von Digitalwährungen, was dem Sicherheitsbedürfnis von Anlegern mehr entgegenkommt.
Deutlichere Kurssprünge sind unterdessen bei Kryptowährungsanlagen möglich. Solange das Vertrauen in das Potenzial der digitalen Token gegeben ist, werden sich Anleger finden, die auf den Zug aufspringen und ihr Geld in Kryptowährungen investieren. Entsprechend kann die Rally am Kryptowährungsmarkt auch weitergehen.
Die Tage von Euro, Dollar & Co. sind deswegen aber wohl noch lange nicht gezählt.
Redaktion finanzen.at
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