Bitcoin ein Klimakiller? |
30.04.2022 22:23:00
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EU arbeitet wohl weiterhin an einem Verbot für Proof-of-Work beim Bitcoin
• De-facto-Verbot von Bitcoin abgelehnt
• Verbot von Bitcoin-Mining und -Handel weiter auf dem Tisch
Der Bitcoin ist ein Stromfresser, das bemängeln Kritiker schon seit langem. So hat etwa die University of Cambridge ermittelt, dass die Bitcoin-Schürfer inzwischen mehr Energie als die Niederlande verbrauchen, ein Land mit mehr als 17 Millionen Einwohnern. Ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückte dieses Problem spätestens im Mai 2021, als Tesla-CEO Elon Musk nur wenige Wochen nach dem Start ankündigte, dass der Elektroautobauer angesichts des hohen Stromverbrauchs beim Mining Zahlungen mit Bitcoins wieder stoppt.
In der EU hatten deshalb Abgeordnete der Grünen, Sozialdemokraten und Linken ein Verbot von Krypto-Dienstleistungen verlangt, die auf "ökologisch nicht nachhaltigen Konsensmechanismen" beruhen. Dies hätte de facto ein Verbot des von Bitcoin genutzten Konsens- und Schutzverfahrens "Proof of Work" bedeutet. Doch letztlich stimmte eine Mehrheit der Abgeordneten im Ausschuss für Wirtschaft und Währung gegen einen entsprechenden Änderungsantrag von Regeln für Krypto-Dienstleistungen (MiCA). Trotzdem geben sich die Kritiker anscheinend noch nicht geschlagen: "Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen", versicherte der grüne EU-Abgeordnete Rasmus Andresen gegenüber "Netzpolitik.org".
Aufwendiges Bitcoin-Mining
Die Kritik richtet insbesondere gegen die aufwendige Erzeugung des Bitcoin, die auf den Algorithmus Proof-of-Work (PoW) setzt: Die Coins werden dabei nämlich durch die Lösung kryptographischer Aufgaben erzeugt, mit denen sich die weltweit beliebteste Kryptowährung gegen Manipulation schützt. Im Gegenzug für das Bereitstellen ihrer Rechenleistung erhalten die sogenannten "Miner" für jeden erzeugten Block eine bestimmte Menge an ebenfalls neu generierten Bitcoins. Inzwischen sind die Rechenaufgaben beim Mining aber so komplex geworden, dass sie mit dem heimischen PC kaum noch zu bewältigen sind. Deshalb werden dazu riesige, stromfressende Serverfarmen eingesetzt. Doch der dadurch wachsende Stromverbrauch lässt auch die umweltschädlichen CO2-Emissionen steigen, insbesondere dann, wenn fossile Brennstoffe wie Kohle zur Stromerzeugung verwendet werden.
Ethereum, die weltweit zweitgrößte Kryptowährung, arbeitet angesichts dessen bereits an einer Umstellung auf die viel sparsamere Proof-of-Stake-Methode, bei der nicht mehr die Teilnehmer mit den größten Computerressourcen belohnt werden, sondern im Prinzip anteilsmäßig jeder Netzwerk-Teilnehmer. Je mehr Coins man besitzt, umso höher soll dabei die Chance sein, einen neuen Eintrag in der Blockchain zu platzieren und dafür belohnt zu werden. Doch beim Bitcoin ist eine solche Umstellung äußerst unwahrscheinlich, denn seine dezentrale Struktur macht Updates sehr schwierig.
EU arbeitet weiter an Bitcoin-Verbot
Der enorme Energie-Hunger könnte dem Bitcoin aber zum Verhängnis werden. Während das Umweltbewusstsein in den letzten Jahren ohnehin schon zunahm, wird das Problem angesichts der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Explosion der Energiepreise nochmal deutlich drängender. Nun hat "Netzpolitik.org" unter Berufung auf bislang unveröffentlichte Dokumente berichtet, dass sich Regierungsvertreter aus Schweden und Deutschland gemeinsam mit Abgesandten der EU-Kommission hinter verschlossenen Türen intensiv über mögliche Restriktionen bezüglich des Bitcoin austauschten. Die Forderungen reichen dabei bis zu einem Verbot des Minings und Handels mit der Kryptowährung in der EU. Während ersteres kaum Wirkung hätte, da es innerhalb der EU kaum Mining-Aktivitäten gibt, hätte ein Handels-Verbot für Bitcoin große Auswirkungen auf die Krypto-Community.
So zitiert "Netzpolitik.org" beispielhaft aus einem der vorliegenden Dokumente: "Wenn Ethereum in der Lage ist, zu wechseln, könnten wir legitimerweise dasselbe von [Bitcoin] verlangen. Wir müssen andere Krypto-Coins ’schützen‘, die nachhaltig sind. [Wir] sehen keine Notwendigkeit, die Bitcoin-Community zu schützen", sagte ein Teilnehmer eines virtuellen Meetings zwischen schwedischen und EU-Beamten im November 2021.
Im Februar 2022 folgte eine weitere Video-Konferenz der EU-Kommission mit deutscher und schwedischer Beteiligung. Dabei stellte sich heraus, das die Beamten ein Schlüsselargument von Bitcoin-Fans für unglaubwürdig halten, nämlich dass für das Schürfen hauptsächlich "überschüssiger" Strom verwendet werde, wie er etwa entsteht, wenn Wind- oder Solaranlagen mehr produzierten, als das Stromnetz aufnehmen könne. Dies sei jedoch real kaum der Fall, erklärte einer der Gesprächsteilnehmer. Denn "es gibt keine überschüssige Energie."
Zwar wurde das De-facto-Verbot von Bitcoin im März 2022 im Wirtschaftsausschuss abgeschmettert, doch die "Netzpolitik.org" vorliegenden Dokumente ließen darauf schließen, dass ein mögliches Verbot von Mining oder gar Handel von Bitcoin auf dem Tisch liege, glaubt Alex de Vries. "Die Sprache ist ziemlich klar", so der Wirtschaftswissenschaftler von der Universität Amsterdam.
Politik noch zurückhaltend
Zwar finden solche Gespräche bisher nur auf Beamten-Ebene statt, doch lauf "Netzpolitik.org" könnten solche Pläne auch auf politischer Ebene Unterstützung finden. Allerdings ist man dort bisher eher Zögerlich: Laut dem Internetportal legt sich beispielsweise die deutsche Bundesregierung nicht offiziell darauf fest, konkrete Schritte gegen Krypto-Mining zu unternehmen. Und auch die EU-Kommission ließ sich auf Anfrage von "Netzpolitik.org" nichts Konkreteres entlocken. Die Kommission wisse, dass schwedische und deutsche Behörden über ein mögliches Verbot sprächen und werde ihre regelmäßigen Gespräche zu dem Thema mit den Mitgliedsstaaten fortsetzen, erklärte ein Sprecher lediglich.
Doch immerhin ein erster, kleiner Schritt zeichnet sich ab: So hat die EU-Kommission 2021 eine neue Energieeffizienz-Richtlinie vorgeschlagen, wonach die Mitgliedsstaaten Daten über den Energieverbrauch von Rechenzentren sammeln und veröffentlichen müssten. Dies könnte der erste Schritt zu einer Energiekennzeichnung für solche Anlagen sein.
Redaktion finanzen.at
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