Kurzfristig bedeutet das höhere Ankäufe. Mit diesen am Morgen veröffentlichten Aussagen hat EZB-Direktor Benoit Coeure für Gewinne bei Staatsanleihen und Verlusten beim Euro gesorgt. Coeure kündigte für die Monate Mai und Juni höhere Ankaufvolumen zum Ausgleich für voraussichtlich niedrigere in den Ferienmonaten Juli und August an. Mit dem starken Preisverfall bei Staatsanleihen haben die zuletzt erhöhten Ankäufe laut Coeure nichts zu tun, obwohl er dessen Tempo als "beunruhigend" bezeichnete. Der Euro gab nach Veröffentlichung der Rede deutlich nach, während Anleihen deutlich höher notierten. Der Euro sank von 1,13 auf unter 1,12 US-Dollar. Der Bund-Future legte von 153,8 auf 154,3 zu.

"Obwohl Coeure lediglich über ein Vorziehen von Käufen gesprochen hat, erhöht sich das Volumen von QE, wenn auch nur für kurze Zeit", sagte Simon Derrick, Devisenanalyst bei BNY Mellon. Seiner Ansicht nach offenbart die EZB ein Maß an Flexibilität, das manche Marktteilnehmer zu der Frage führt, was die EZB noch alles zu tun bereit ist.

Die Zentralbanken des Eurosystems haben ihre Staatsanleihekäufe nach Aussage von Coeure nicht wegen der jüngsten Kursrückgänge erhöht, sondern in Erwartung einer in den Ferienmonaten zu erwartenden niedrigeren Handelsaktivität. Laut Coeure werden die Zentralbanken ihre Ankäufe in den Monaten Mai und Juni hoch halten, um auch dann noch im Durchschnitt auf monatlich 60 Milliarden Euro Ankaufvolumen zu kommen, wenn sie die Ankäufe im Juli und August zurückfährt.

"Wir wissen, dass die Aktivität an den Rentenmärkte einem Saisonmuster folgt, und dass die traditionelle Ferienzeit von Mitte Juli bis August von einer deutlich geringeren Marktliquidität geprägt ist", sagte Coeure laut vorab verbreitetem Redetext bei einer Konferenz in London. Er fügte hinzu: "Das Eurosystem berücksichtigt das in seinem Ankaufprogramm, in dem es Ankäufe etwas in die Monate Mai und Juni vorzieht."

So könne trotz geringerer Ankäufe während der Ferienzeit im Durchschnitt ein monatliches Ankaufvolumen von 60 Milliarden Euro aufrecht erhalten werden. "Sollte es notwendig sein, könnten wir diese Maßnahmen durch erhöhte Ankäufe im September ergänzen, für den eine wieder höhere Liquidität zu erwarten ist", sagte Coeure weiter.

In den ersten beiden Mai-Wochen hatten die Zentralbanken des Eurosystems öffentliche Anleihen für rund 13 Milliarden Euro gekauft. In den Wochen davor waren es rund 10 Milliarden gewesen. Beobachter hatten spekuliert, dass das etwas mit dem gleichzeitig zu beobachtenden Absturz der Anleihenotierungen zu tun haben könnte. Euro-Staatsanleihen hatten innerhalb einiger Tage alle seit Beginn des QE-Programms erzielten Kursgewinne abgegeben. In der Folge waren die Renditen deutlich gestiegen.

Coeure bezeichnete die Kursrückgänge bei Bundesanleihen und anderen Staatsanleihen als "nicht beunruhigend". Sie stellten lediglich eine Korrektur dar, in der auch die Auspreisung besonders pessimistischer Annahmen zu Wachstum und Inflation zum Ausdruck komme. Er fügte aber hinzu: "Mich beunruhigt eher das Tempo dieses Kurswechsels." Es sei eine von mehreren Episoden, die auf eine global höhere Kapitalmarktvolatilität infolge verringerter Liquidität hindeuteten.

Für UBS-Analyst Urs Siegenthaler ist klar: Die "Die EZB begrüßt höhere Renditen, wenn sie Ausdruck realistischerer und optimistischerer Annahmen hinsichtlich Wachstums- und Inflationsausblick sind." Auch an einer verbalen Schwächung des Euro habe die EZB derzeit kein Interesse, wenn es nicht zu einer sehr schnellen Aufwärtsbewegung in Richtung 1,20 Dollar komme. Der EZB-Direktor bekräftige den Willen des EZB-Rats, die Leitzinsen nicht weiter zu senken. Das sei nicht nötig, weil das Ankaufprogramm bereits Wirkungen zeige.

   DJG/hab/jhe

   Dow Jones Newswires

Von Hans Bentzien

FRANKFURT/LONDON (Dow Jones)

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