28.05.2015 15:39:46

Zu wenig Kontrolle der Flughafenkontrollen: EU klagt Berlin an

   Von Stefan Lange

   BERLIN/BRÜSSEL (Dow Jones)--Die Bundesregierung steht wegen angeblich mangelhafter Kontrollen der Sicherheitsmaßnahmen an deutschen Flughäfen am Pranger und hat jetzt ein Vertragsverletzungsverfahren mehr zu schultern. Die Europäische Kommission reichte nach eigenen Angaben am Donnerstag eine entsprechende Klage beim Gerichtshof der Europäischen Union ein. "Die Anrufung des Gerichtshofes besagt nicht, dass die deutschen Flughäfen es versäumt hätten, angemessene Sicherheitsmaßnahmen einzuleiten", teilte die Kommission mit. Man sei "lediglich mit der Art und Weise unzufrieden, wie Deutschland die nach EU-Recht vorgeschriebenen Kontrollen durchführt".

   Deutschland hat es demnach versäumt, alle Maßnahmen der Luftsicherheit gemäß den europäischen Rechtsvorschriften regelmäßig zu überprüfen. Es würden zwar Sicherheitsmaßnahmen angewandt, um Straftaten zu verhindern und insbesondere Flughäfen und Flugzeuge vor Terroranschlägen mit Waffen oder Sprengstoff zu schützen, hieß es in Brüssel.

   Von der Kommission vorgenommene Inspektionen hätten aber gezeigt, dass Deutschland die EU-Anforderungen "hinsichtlich der Mindesthäufigkeit und des Umfangs der Kontrollen" nicht erfülle. Deutschland sei folglich nicht in der Lage dafür zu sorgen, dass potenzielle Sicherheitsmängel an allen deutschen Flughäfen zügig erkannt und behoben werden.

   Frankfurt war ein eigener Fall

   Solche Kontrollen seien jedoch notwendig, damit potenzielle Mängel bei der Anwendung der Sicherheitsmaßnahmen rasch festgestellt und korrigiert werden könnten, erklärte die Kommission. Nur so sei gewährleistet, dass Flughäfen, Fluggesellschaften und andere Akteure die gemeinsamen EU-Standards einhielten.

   Nach Angaben des zuständigen Bundesinnenministeriums hat das aktuelle Verfahren nichts mit einem Vorgang von November vergangenen Jahres zu tun. Damals hatte es eine EU-Inspektion der Luftsicherheitskontrollen am Flughafen Frankfurt/Main gegeben. Bei dieser Kontrolle wurden erhebliche Mängel festgestellt, das Ministerium reagierte in Absprache mit der Kommission und dem Flughafen-Betreiber. Es gab unter anderem Nachschulungen der Luftsicherheitsassistenten und zusätzliche Kontrollmaßnahmen.

   Nicht das einzige Verfahren

   Es ist bei weitem nicht das einzige Vertragsverletzungsverfahren, dem sich Deutschland derzeit ausgesetzt sieht. Drei weitere Verfahren sind allein im Bereich Steuern anhängig. Ein anderes Verfahren läuft gegen Deutschland wegen der Einführung des Mindestlohns und dessen Auswirkungen auf ausländische Spediteure. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums waren Ende 2014 gegen Deutschland insgesamt 70 offene Vertragsverletzungsverfahren anhängig. In 2013 leitete die Kommission stolze 761 Vertragsverletzungsverfahren gegen EU-Staaten neu ein, mit den offenen Fällen aus den Vorjahren waren Ende 2013 insgesamt noch 1.300 Verfahren anhängig.

   Die Kommission kann ein solches Verfahren einleiten, wenn sie einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht feststellt. Zunächst wird der betroffene Mitgliedstaat schriftlich aufgefordert, sich innerhalb von zwei Monaten zu äußern. Bringt das keinen Fortschritt, kann die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgeben, die der Mitgliedstaat innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten nachkommen muss. Unterbleibt dies, so kann die Kommission den Gerichtshof anrufen. Dessen Urteil ist für den Mitgliedstaat bindend. Falls der Missetäter auch dem Urteil des Gerichtshofes nicht nachkommt, kann die Kommission ein zweites Mal den Gerichtshof anrufen und ihm vorschlagen, ein Zwangsgeld zu verhängen.

   Deutschland ist da gelassen: Bis heute habe vermieden werden können, "dass finanzielle Sanktionen gegen Deutschland verhängt wurden", heißt es im BMWI.

   (Mitarbeit: Natalia Drozdiak)

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

   DJG/stl/chg

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   May 28, 2015 09:09 ET (13:09 GMT)

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