22.11.2015 07:00:00

VW-Skandal - Erste Klage gegen Autohändler eingebracht

Im VW-Skandal um manipulierte Abgas-Software hat erstmals ein österreichischer Autobesitzer seinen Händler geklagt. Er stützt sich dabei primär auf Irrtum und fordert sein Geld zurück. "Gerade bei der Marke Volkswagen, die für konservative Seriosität steht, erwartet jeder Käufer ein manipulationsfreies Fahrzeug. Das hat er nicht bekommen", so der Anwalt des Klägers, Michael Poduschka.

Manipulationsfreiheit sei wie Verkehrssicherheit eine stillschweigend vorausgesetzte Eigenschaft, sagte der Rechtsvertreter, der rund 80 VW-Fahrer vertritt, zur APA. Liegen diese Eigenschaften nicht vor, berechtige dies den Kunden, das Geschäft wegen Irrtums anzufechten.

Für den Kläger - er hat im Mai 2014 bei einem oberösterreichischen Autohändler (für knapp 32.000 Euro einen VW Touran gekauft - sei es wichtig gewesen, dass es sich um ein Dieselfahrzeug mit einem geringen Verbrauch handelt. Beim Verkaufsgespräch sei explizit auf die "BlueMotion-Technologie" eingegangen worden. Nach Angaben des Herstellers gewährleistet diese einen niedrigen Spritverbrauch und eine geringe Emission.

"Hätte die klagende Partei gewusst, dass der von ihr angekaufte Volkswagen manipuliert ist, ein Neuwagen nach zwei Jahren umfangreich repariert werden muss und die versprochenen Eigenschaften nicht für die Lebensdauer des Fahrzeuges gewährleistet werden können, hätte sie dieses Fahrzeug nicht erworben", heißt es in der Klage, die diese Woche beim Landesgericht Linz eingebracht wurde.

Der Kläger verlangt, dass der Fahrzeughändler sein Auto zurücknimmt und er Geld zurückbekommt. Da er den Wagen schon eineinhalb Jahre hat, muss er sich ein Benutzungsentgelt abziehen lassen. Das hebe sich aber in den meisten Fällen mit den Zinsen auf, die der Händler zu bezahlen hätte, wenn der Kläger gewinnt, sagt Anwalt Poduschka. Im Irrtumsrecht sind gesetzlich vier Prozent vorgesehen. Zur Berechnung des Benutzungsentgelts gebe es in Deutschland seit Jahren eine relativ unumstrittene Methode; entscheidend ist der Kilometerstand.

In zweiter Linie stützt sich die Klage, die der APA vorliegt, auf Gewährleistung. Die Argumentation: Der Mangel betreffe eine zugesicherte, aber nicht verbesserungsfähige Eigenschaft. Darüber hinaus sei der beklagte Händler "nicht fähig, den Mangel zu beheben, ohne andere wertbildende Eigenschaften wie Verbrauch und Leistung zu verändern". Zudem habe der VW-Konzern mitgeteilt, dass bei 1,6-Liter-Motoren eine "Verbesserung" gerade nicht durch ein "Update im Motormanagement" möglich sei, sondern dass es tief greifende Bauteilveränderungen brauche.

"Abgesehen davon, dass VW bisher nur versichert hat, die Mängel zu beheben, ohne zu sagen, wann und wo, ist außerdem davon auszugehen, dass dies nicht möglich ist, da ansonsten eine Abgasmanipulation von Anbeginn an nicht nichtwendig gewesen wäre", schreibt der Anwalt in der Klage.

Poduschka warnt betroffene Fahrzeughalter "eindringlich" vor der Verjährung ihrer Irrtumsanfechtungsansprüche, wie er zur APA sagte. Bei Irrtum können Ansprüche drei Jahre ab Kauf geltend gemacht werden, bei Gewährleistung sind es zwei Jahre ab Übergabe des Autos.

"Durch die von Volkswagen angebotenen Gespräche und Verbesserungsversuche wird diese Verjährung nicht gehemmt", erklärte der Rechtsvertreter.

Bei einer Irrtumsanfechtung muss der jeweilige Händler, nicht der VW-Konzern in Wolfsburg geklagt werden. Der Händler habe den Irrtum ausgelöst - auch, wenn er das Auto "mit bestem Wissen und Gewissen" verkauft habe, sagte Poduschka. Der Händler könne sich das Geld in der Folge ohnehin von VW zurückholen (Regression). Die Kosten für die Klage indes würden in der Regel von der Rechtsschutzversicherung übernommen.

Poduschka empfiehlt daher auch jenen, die sich an der Sammelaktion des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) angeschlossen haben, parallel ihren Händler zu klagen. Selbst wenn VW, wie vom VKI gefordert, einen Verjährungsverzicht abgibt, würde das die Verjährung etwaiger Irrtums- und Gewährleistungsansprüche gegenüber den Händlern nicht stoppen.

VW in Deutschland auf Schadenersatz zu verklagen, hält Poduschka für nicht so erfolgsversprechend. Da müsste nämlich der Schaden exakt beziffert werden: Wie viel an Wert hat der Wagen aufgrund der manipulierten Software verloren? Dies herauszufinden, sei "schwierig", meint der oberösterreichische Anwalt. Er kündigt weitere Klagen gegen VW-Händler an.

(Schluss) snu/sp

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