Anklage erhoben |
12.11.2019 16:12:00
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VW-Manager wegen Untreue angeklagt - Volkswagen sieht kein Fehlverhalten bei Betriebsratsvergütung
Im Einzelnen geht es um zwei frühere Vorstandsmitglieder sowie eine ehemalige und eine amtierende leitende Führungskraft. Das Thema beschäftigt den Konzern und die niedersächsische Justiz bereits seit 2016 - Volkswagen dachte, es auch mit Hilfe eines Schiedsverfahrens eigentlich schon zu den Akten legen zu können. Doch die Staatsanwälte sehen das offensichtlich anders und entschlossen sich zur Anklage.
Offiziell liest sich das so: "Den Angeschuldigten wird vorgeworfen, als jeweilige Personalvorstände beziehungsweise Leiter des Personalwesens für die Konzernmarke Volkswagen zwischen Mai 2011 und Mai 2016 mehreren Betriebsratsmitgliedern überhöhte Gehälter und Boni gewährt zu haben." Hierdurch entstand dem Konzern nach Einschätzung der Ermittler ein hoher Schaden - durch die "Überzahlung" seien dem Unternehmen etwas mehr als 5 Millionen Euro entgangen. Die "ungerechtfertigte Vergütung" an Betriebsratschef Bernd Osterloh soll sich demnach dabei allein auf 3,125 Millionen Euro belaufen haben.
VW weist eine Mitverantwortung zurück. Man halte an der Auffassung fest, dass bei der Vergütung einzelner Betriebsratsmitglieder "kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten" festgestellt werden könne, betonte ein Konzernsprecher. Die Anklage richte sich zudem nicht gegen Volkswagen, sondern gegen Einzelpersonen.
Gegen Osterloh laufen gesonderte Ermittlungen wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue. In seinem Fall wurden die Untersuchungen aber vom Hauptverfahren gegen die vier Manager abgetrennt - es geht zudem nicht um einen möglichen eigenen Vorteil. Aus dem Betriebsrat hieß es, es gelte unverändert der Stand, dass Osterloh über seinen Anwalt Akteneinsicht erhalten habe. "Er ist jederzeit bereit, gegenüber den Behörden zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Bisher haben die Ermittler jedoch noch nicht mit Herrn Osterloh sprechen wollen."
Übertarifliche Bezüge von hohen Betriebsratsmitgliedern sind in vielen Firmen nicht präzise festgelegt. Grundsätzliche Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes zur Vergütung gelten auch deshalb als reformbedürftig - so stellt sich die Frage, welche Gehaltskorridore für Leitungsaufgaben genau gelten sollen. Es geht also um allgemeine Rahmenbedingungen, die auch manche Juristen und Gewerkschafter für teils veraltet halten und die die Gehaltsfestsetzung erschweren.
Nach Interpretation der Staatsanwaltschaft wurde im Beispiel VW aber gegen das Betriebsverfassungsgesetz verstoßen - man habe "bewusst eine unzutreffende Vergleichsgruppe zugrundegelegt". "Die Vergleichsgruppen seien dabei so gewählt worden, dass ein höheres Gehalt gerechtfertigt erschien, obgleich die Angeschuldigten gewusst hätten, dass dies tatsächlich nicht der Fall war." Offenbar sei nur die Zugehörigkeit zum Betriebsrat dafür maßgeblich gewesen, vermuten die Ermittler. Darüber hinaus sehen sie einen Konflikt mit dem Aktiengesetz und dem "Deutschen Corporate Governance Kodex".
Als Reaktion auf den Anfangsverdacht und entsprechende Durchsuchungen von Steuerfahndern hatte Volkswagen Ende 2017 die Gehälter führender Belegschaftsvertreter vorerst gedeckelt. Die Konzernspitze wollte angesichts strafrechtlicher Ermittlungen auf Nummer sicher gehen und ihr Leitungspersonal vor weiteren Risiken schützen. "Wir bedauern, dass Mitglieder unseres Betriebsrats und Vertreter des Unternehmens dieser Situation ausgesetzt sind", sagte der damalige Vorstandschef Matthias Müller und kündigte an, eine rechtliche Klärung anzustreben.
Im Mai war bekanntgeworden, dass VW Osterloh und weitere Betriebsräte nach der vorübergehenden Gehaltskürzung wieder übertariflich bezahlt. Arbeitnehmervertreter und Unternehmen hätten vor dem Arbeitsgericht Braunschweig den entsprechenden Vergleich geschlossen, hatte es dazu aus dem Betriebsrat geheißen. Auslöser der Verfahren waren Klagen von Betriebsratsmitgliedern, die von Vergütungskürzungen betroffen waren.
Die Ermittlungen der Staatsanwälte hielten indes an. Zur Einordnung der Rolle Osterlohs in dem Verfahren hatten sie erklärt: "Die im Raum stehenden Vorwürfe sind von untergeordneter Bedeutung und wiegen rechtlich weniger schwer." Der Ausgang der Ermittlungen gegen ihn hänge deshalb auch direkt vom Ergebnis des Hauptverfahrens ab.
/jap/DP/jha
BRAUNSCHWEIG/WOLFSBURG (dpa-AFX)
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