Autokonzerne im Fokus |
24.10.2018 08:19:42
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VW, Daimler und BMW zwischen Dieselkrise und Zollstreit
DIE LAGE DER UNTERNEHMEN:
Selbst die Affäre um Millionen manipulierte Dieselfahrzeuge konnte VW mit seinen Dutzend Fahrzeugmarken lange nur eine leichte Beule in der Absatzstatistik verpassen. Auch im vergangenen Jahr blieb der Konzern weltgrößter Automobilhersteller. Auch die beiden großen Premiumautobauer Daimler und BMW fuhren weiter Milliardengewinne ein, vor allem weil den Kunden in China die protzigen Luxusmodelle mehr am Herzen lagen als das Image des Dieselantriebs.
Aus den Kratzern im Lack sind aber mittlerweile veritable Reparaturfälle geworden. Daimler schockte seine Anleger schon zweimal mit einer Gewinnwarnung, bei BMW wird voraussichtlich erstmals seit dem Finanzkrisenjahr 2009 die Zielrendite im Kerngeschäft verfehlt.
Auch bei Volkswagen sind die Aussichten nicht mehr so heiter wie noch zu Jahresbeginn. Bei VW steht die Rechnung für die Kosten der Dieselaffäre inklusive der jüngsten Bußgelder der Premiumtochter Audi nun bei mehr als 28 Milliarden Euro. Das zu Jahresbeginn ausgegebene Renditeziel wird nur noch unter Ausklammerung von Sondereffekten erreicht.
Sondereinflüsse gibt es für die Autoindustrie zuhauf. Der Absatzeinbruch bei Dieselmodellen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien liegt schwer im Magen. In deutschen Großstädten gibt es streckenweise Fahrverbote für ältere Diesel, weitere sind gerichtlich angemahnt. Das Kraftfahrzeuggewerbe - also Händler und Werkstätten - warnt vor einem Wertverfall von Leasingrückläufern mit Dieselantrieb.
Die Hersteller setzen angesichts politischen Drucks vor allem auf Umtauschprämien für ältere, besonders dreckige Diesel - das wirkt ihrer Ansicht nach am schnellsten bei der angeordneten Verringerung von Stickoxiden in den Großstädten. Teure Hardwarenachrüstungen wollen sie vermeiden. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) räumte zuletzt ein, die Autobauer nicht darauf verpflichten zu können.
Zu all dem gesellen sich nun auch Probleme in China, dem größten Automarkt der Welt. Seit US-Präsident Donald Trump den Handelsstreit dort vom Zaun gebrochen hat, wirbeln Zölle den Markt durcheinander. Auch Daimler und BMW geraten in Mitleidenschaft, weil sie profitable SUVs aus den USA nach China exportieren. Darüber hinaus sind die chinesischen Autokäufer verunsichert, wie es weitergeht. Das ist Gift für den Kauf teurer Güter wie Autos.
Die Absatzzahlen in China gingen zuletzt zurück - höchst ungewöhnlich für den größten Einzelmarkt der deutschen Autobauer. Auch auf dem US-Markt sind die Zeiten des Wachstums vorbei. Ob die Amerikaner wie angedroht auch Zölle auf Autos aus europäischer Produktion erheben, ist noch nicht endgültig vom Tisch. Und rund um die Häfen am Ärmelkanal mieten die Autobauer Lagerkapazitäten an, um Lieferengpässe im Falle eines harten Brexit abzufedern.
Aktuell sorgt zudem der seit September in der EU gültige Abgas- und Verbrauchsstandard WLTP für hohe Kosten. Der VW-Konzern mit seinen Töchtern rechnet mit einer Milliarde Euro Belastung im zweiten Halbjahr. Die Wolfsburger kommen bei der Vielzahl ihrer Motor-Getriebevarianten mit der Zertifizierung nach dem neuen Standard nicht hinterher, auch weil die Ingenieure lange mit den Auswirkungen der Dieselkrise befasst waren.
Vor Inkrafttreten wurden Autos mit dem alten Verbrauchstandard entweder mit Rabatt auf den Markt geworfen oder taktisch zugelassen, was die Auslieferungen befeuerte. Nun herrscht Flaute, weil einige Anbieter nicht alle Modelle anbieten können.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Grundsätzlich sind die Analysten - was die kommende Aktienkursentwicklung betrifft - gar nicht so pessimistisch, wie die Probleme vermuten ließen. Bei VW sehen die Finanzexperten die größten Chancen: Bis zum durchschnittlichen Kursziel der von dpa-AFX erfassten Analystenstudien trauen sie den VW-Vorzügen mehr als ein Drittel Kursanstieg zu. Bei Daimler ist es über ein Viertel, bei BMW fast ein Viertel. Immer noch überwiegen auch die Kaufempfehlungen gegenüber den Verkaufsvoten, vor allem bei Volkswagen.
Doch jubilieren mag kaum einer der Branchenexperten. Bei Volkswagens Zwischenbericht zum dritten Quartal rechnen Experten wie Jose Asumendi von JPMorgan oder Horst Schneider von der britischen Investmentbank HSBC mit weiteren bescheidenen Zahlen aus der Branche. Insgesamt seien auch bei VW die Erwartungen noch zu hoch, schrieb Schneider. Vor allem der Ausblick auf das Schlussquartal macht dem Analysten Sorge, auch wenn er für die Aktie generell positiv gestimmt ist - letztlich dürfte VW für seinen Vorstoß bei Elektroautos sowie dem rund laufenden Geschäft bei der Luxustochter Porsche belohnt werden.
Die meiste Fantasie ziehen die Analysten aus Plänen rund um Börsengänge und Abspaltungen - auch wenn sie bisher nur auf Spekulationen fußen wie bei Porsche. VW und Daimler liefern sich ein Wettrennen darum, wer sein Lastwagengeschäft als erster in Teilen an die Börse bringt und damit die zahlungskräftigsten Investoren für sich gewinnt. Bei Daimler würde sich mancher Finanzexperte ohnehin mehr Mut zur klaren Trennung der Geschäfte wünschen, insbesondere die Finanzdienstleistungssparte inklusive der Mobilitätsdienste rund um Carsharing gilt als besonders wertvoll.
Bei BMW sehen die Experten im Schritt der Mehrheitsübernahme am chinesischen Joint Venture BBA etwas positives, "endlich ein paar gute Nachrichten", wie es UBS-Analyst Patrick Hummel ausdrückte. Ob Konzernchef Harald Krüger im Rennen um den ersten Platz im Verkauf von Premiumautos aber schon dieses Jahr den Rückstand auf den Rivalen Mercedes-Benz verkürzen kann, ist nach neun Monaten noch unsicher. 2020 will Krüger seine Stammmarke BMW wieder vor den Stuttgartern sehen.
DAS MACHEN DIE AKTIEN:
Die Bewertung von Autobauern ist in ihrem Kerngeschäft ohnehin nicht die höchste. Große Wachstumssprünge trauen die Investoren den ohnehin schon großen Konzernen nicht zu - es gibt aber auch Ausnahmen wie Tesla, die gemessen an ihrem operativen Ergebnis eher wie Technologiekonzerne bewertet werden.
Freude hatten die Aktionäre in diesem Jahr ohnehin nicht an der Branche. Der europaweite Index Stoxx Europe 600 Automobile & Parts, in dem Hersteller wie Zulieferer Europas zusammengefasst sind, hat von seinem Jahreshoch im Januar gut 30 Prozent eingebüßt. Besser sieht es auch bei den deutschen Autobauern kaum aus: Volkswagen Vorzugsaktien haben vom Jahreshoch aus gesehen mehr als ein Viertel verloren, BMW-Stämme fast genauso deutlich. Daimler-Papiere büßten sogar gut ein Drittel ein./men/zb/jha/
FRANKFURT (dpa-AFX)
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