Ab dem 1. November 26.10.2015 17:35:00

VW beruft früheren Opel-Manager Sedran zum Chefstrategen

Der krisengeschüttelte Autobauer Volkswagen holt im Kampf gegen den Abgas-Skandal weitere externe Hilfe ins Top-Management. Der als Sanierungsmann bekannte frühere Opel-Interimschef Thomas Sedran wird neuer Chefstratege im Konzern, wie die Wolfsburger am Montag mitteilten. Der 51-Jährige wird von November an als "Leiter Konzernstrategie" eine neu geschaffene Position übernehmen, in der er direkt an VW-Konzernchef Matthias Müller berichtet. Derweil brachten Nachrichten von Toyota am Montag einen Dämpfer für die Wolfsburger; Ihr zeitweise gehaltener Titel weltgrößter Autobauer ist wieder weg.

Europas Branchenprimus baut seit Monaten um. Doch der Skandal um millionenfach manipulierte Abgaswerte und der Rücktritt von Müller-Vorgänger Martin Winterkorn geben dem Thema noch mehr Tempo. Sedran soll als Konzernstratege etwa die Abstimmung der neuen Markenfamilien koordinieren oder neue Produkte vorantreiben.

Mitte Oktober hatte sich Volkswagen bereits mit einer anderen Personalie für Aufsehen gesorgt: Daimlers erste Vorstandsfrau Christine Hohmann-Dennhardt geht im Januar zu VW und wird auch dort die erste Frau im Vorstand. Wie zuvor bei den Schwaben bekommt die Ex-Bundesverfassungsrichterin das neue Ressort Integrität und Recht.

Mit Sedran holt der VW-Konzern nun eine weitere Top-Führungskraft von außen. Im Autogeschäft kennt sich Sedran bestens aus: Gut 20 Jahre arbeitete er als Berater für die Autoindustrie. 2012 wurde er Interimschef beim kriselnden Autohersteller Opel und entwarf federführend jene Strategie, mit der Opel wieder Gewinne schreiben soll. Mitte 2013 übernahm Sedran bei der Opel-Mutter General Motors (GM) Verantwortung für die Marken Chevrolet und Cadillac in Europa. In diesem Jahr trennten sich dann die Wege und Sedran heuerte im Herbst bei der Beratung Accenture an - ein kurzes Gastspiel.

Bei Volkswagen warten große Aufgaben auf Sedran. Der Konzern mit den zwölf Fahrzeugbauern unter seinem Dach soll dezentraler arbeiten und seinen Marken und Regionen mehr Macht einräumen, ohne dabei auf die Schlagkraft einer gemeinsamen Arbeitsweise für die zentrale Fragen abzurücken - dazu zählen etwa die verzahnte Forschung und Entwicklung für mehr gleiche Bauteile oder die Forschung zur Elektromobilität.

In der Abgasaffäre hatte VW eingeräumt, millionenfach Dieselwagen mit einer Software ausgestattet zu haben, die den Schadstoffausstoß auf Prüfständen der Behörden manipuliert. Die 8,5 Millionen Diesel, die nun in Europa zur Werkstatt müssen, sind laut Experten für den Kontinent der größte Rückruf überhaupt - und für VW sowieso. Neben VW-Pkw sind Audi, Seat, Skoda und die VW-Nutzfahrzeuge betroffen.

Unterdessen ist seit Montag klar, dass Toyota den Rivalen Volkswagen wieder überholt. Die Japaner verkauften in den ersten neun Monaten dieses Jahres knapp 7,5 Millionen Fahrzeuge. Damit ist der Konzern mit seinen Marken Toyota, Daihatsu und Hino wieder der Autobauer mit dem höchsten Absatz, auch wenn dieser bisher im Jahr 1,5 Prozent fiel. Der VW-Konzern verkaufte im gleichen Zeitraum 7,43 Millionen Fahrzeuge und damit ebenfalls 1,5 Prozent weniger. Darin sind bei VW auch schon die schweren Nutzfahrzeuge von MAN und Scania enthalten.

Im ersten Halbjahr hatte Volkswagen noch mehr Fahrzeuge verkauft als die Japaner. Bei Toyota entwickelten sich vor allem Autos der Tochter Daihatsu zu Ladenhütern. Die weltweiten Verkäufe sanken um 12 Prozent. Lediglich beim Bus- und Lkw-Hersteller Hino ging es mit einem Plus von 1,5 Prozent leicht bergauf. Die Marke Toyota verkaufte 0,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Deutlich stärker ging es für die Pkw-Kernmarke VW bergab, die per September 5 Prozent verlor.

Daher ist Toyota im Wettlauf um den Spitzenplatz der Autohersteller wieder vorn. Der frühere und inzwischen über den Abgas-Skandal gestolperte Konzernboss Winterkorn war seinem Ziel, den Konzern zum weltgrößten Autobauer zu machen, zuletzt zwar näher gekommen. Doch seit dem Abgas-Skandal ist vieles fraglich und das Unternehmen steckt in der tiefsten Krise seiner Geschichte rund 80-jährigen Geschichte.

Doch auch bei Toyota gibt es neue Probleme: Die Japaner gaben vergangene Woche bekannt, dass 6,5 Millionen Autos wegen eines Defekts an elektrischen Fensterhebern in die Werkstätten müssen. Vor vier Jahren hatte ein millionenfacher Rückruf Toyotas Image beschädigt. US-Behörden warfen den Japanern vor, 2009/2010 Rückrufe wegen rutschender Fußmatten und klemmender Pedale verzögert zu haben./loh/DP/jha

WOLFSBURG (dpa-AFX)

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