Chip-Krise 26.04.2021 17:45:00

VW-Aktie gibt nach: Halbleiterknappheit bremst ganze Branche - wohl noch größere Chipprobleme im zweiten Quartal, Porsche will Batteriezellfabrik bauen

VW-Aktie gibt nach: Halbleiterknappheit bremst ganze Branche - wohl noch größere Chipprobleme im zweiten Quartal, Porsche will Batteriezellfabrik bauen

Während der Branchenindex Stoxx Europe 600 Automobiles & Parts zeitweise um 0,2 Prozent nachgab, fielen die seit Mitte März besonders gut gelaufenen Vorzugsaktien von Volkswagen auf den hinteren Plätzen im DAX via XETRA schlussendlich deutlicher um 0,89 Prozent auf 227,45 Euro. Die Probleme mit den Chip-Lieferketten wirken sich in der Branche immer stärker auf die Produktion aus.

Händler sahen in den Aussagen des Chefs der VW-Tochter Seat, Wayne Griffiths, eine weitere Stimmungsbremse. Die VW-Aktie war Mitte März mächtig angezogen wegen der Strategie des Autobauers im Bereich der Elektromobilität. Bei 250 Euro war seither aber immer wieder Schluss, was das Potenzial nach oben betrifft. Mittlerweile liegt der VW-Kurs schon einige Tage unter der 21-Tage-Linie, die bei Charttechnikern ein beliebter kurzfristiger Indikator ist.

VW-Tochter Porsche will Batteriezellfabrik in Tübingen bauen

Der Volkswagen-Konzern kommt mit seinem geplanten Netz aus sechs europäischen Batteriezellfabriken offenbar schnell voran. Die Sportwagentochter Porsche will eine Batteriefabrik für Hochleistungszellen in Tübingen bauen, wie Porsche-Chef Oliver Blume im Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" ("FAS") sagte. "Die Batteriezellen sind eine Kerntechnologie für die deutsche Autoindustrie, die wir auch im eigenen Land haben müssen", sagte Blume.

Zwar werde Porsche auch Batterien vom Volkswagen-Konzern beziehen. "Aber zusätzlich wird es ein Segment für Hochleistungszellen geben", sagte Blume. "Das ist eine Porsche-Domäne. Genauso wie wir Hochleistungs-Verbrennungsmotoren entwickelt haben, wollen wir jetzt bei den Hochleistungsbatterien ganz vorn sein."

Bisher sind die deutschen und europäischen Autobauer für die Zukunft mit einem stark wachsenden Anteil von Elektroautos vor allem auf Zulieferungen asiatischer Batteriezellproduzenten angewiesen. Viele Zulieferer und Autobauer scheuen wegen hoher Investitionskosten den eigenen Einstieg in die Zellfertigung von Batterien, die technische Grundlage für Auto-Akkus.

VW-Chef Herbert Diess hatte Mitte März allerdings die Batteriestrategie des Wolfsburger Autoriesen kräftig ausgeweitet: VW will in Europa bis 2030 insgesamt sechs Batteriezellfabriken hochziehen, um den Bedarf an Akkus zu decken. Eine dieser Fabriken in Salzgitter soll die sogenannte "Einheitszelle" liefern, mit der VW kostensparend seine Massenmodelle ausstatten will. Mit dem schwedischen Batterie-Start-Up-Partner Northvolt ensteht darüber hinaus im nordschwedischen Skellefteå ein Werk für Hochleistungszellen.

Ein weiteres davon ist den Worten Blumes zufolge nun in Tübingen geplant. Damit könnte sich die Stadt in Baden-Württemberg gegen weitere mögliche Kandidaten in Deutschland durchgesetzt haben. Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsratsmitglied Stephan Weil (SPD) hatte etwa ein weiteres Zellwerk in Deutschland gefordert und eine Fabrik an der norddeutschen Küste ins Spiel gebracht. Darüber hinaus werden auch der spanischen VW-Tochter Seat gute Chancen eingeräumt, einen Batteriestandort nach Spanien zu holen. Volkswagen hatte weitere Standorte neben Salzgitter und Skellefteå bisher offengelassen.

Blume rechnet damit, dass bis Ende des Jahrzehnts 80 Prozent des Porsche-Absatzes auf Fahrzeuge mit elektrischem oder teilelektrischem Antrieb entfallen werden. Der seit 2019 gebaute batterieelektrische Sportwagen Taycan verkauft sich mittlerweile fast so gut wie das Porsche-Traditionsmodell 911 mit Verbrennungsmotor.

Die VW-Edeltöchter Porsche und Audi wollen ihre E-Modelle künftig vor allem auf der eigens für Premiumautos gedachten Elektroplattform PPE bauen, die bei den PS-starken Autos und ihren Akkus unter allem schnelleres Laden und höhere Reichweiten sicherstellen soll. Dazu will der VW-Konzern eine spezielle Hochleistungszelle entwickeln.

Chef von VW-Tochter Seat: Wohl noch größere Chipprobleme im zweiten Quartal

Der Volkswagen-Konzern befürchtet wegen der anhaltenden Flaute bei der Versorgung mit Elektronikchips noch größere Schwierigkeiten im jetzt laufenden Quartal. "Von Zulieferern und auch aus der Volkswagen-Gruppe selbst heraus wird uns gesagt, dass wir im zweiten Quartal vor erheblichen Herausforderungen stehen, wahrscheinlich noch herausfordernder als im ersten Quartal", sagte Seat-Chef Wayne Griffiths im Interview der "Financial Times" ("FT"/Online). Der VW-Konzern hatte bereits davon gesprochen, dass im ersten Quartal rund 100 000 Autos wegen Chipmangels nicht wie geplant hätten produziert werden können - und das sei im Jahresverlauf wohl auch nicht mehr wettzumachen.

Bei der Produktion im Seat-Stammwerk im spanischen Martorell lebe man derzeit "von der Hand in den Mund", so der seit Oktober amtierende Seat-Chef. Erst nach Belieferung von Elektronikbauteilen durch die Hersteller entscheide die VW-Tochter derzeit, welche Modell aktuell gebaut würden. In diesem Jahr sei Flexibilität entscheidend.

In den Werken des VW-Konzerns wird derzeit immer wieder die Produktion von Autos gestört, weil elektronische Bauteile fehlen. So drosselt die VW-Tochter Audi in der kommenden Woche die Produktion im Werk Neckarsulm, auch in der Slowakei gibt es derzeit beim VW-Konzern Probleme.

Viele Autobauer aus Deutschland und dem Rest der Welt haben derzeit mit verzögerter Lieferung von Halbleitern zu kämpfen. Daimler kündigte an, in nächster Zeit womöglich mehr Mitarbeiter als ohnehin bisher geplant in die Kurzarbeit zu schicken. Die Schwaben haben im ersten Quartal vor allem hochpreisigere und lukrativere Modelle beim Bau priorisiert und wollen die Auswirkungen auf die Luxusmodelle wie die S-Klasse auch weiter in Grenzen halten. BMW äußerte sich bisher vergleichsweise entspannt zur Chipflaute. Die Bayern gehen davon aus, sich rechtzeitig mit ausreichenden Liefervereinbarungen eingedeckt zu haben.

VW-Tochter Moia tut sich schwer - Wegen Corona Betrieb unterbrochen

Zwei Jahre nach dem Start des Sammeltaxi-Anbieters Moia in Hamburg tut sich die VW-Tochter wegen der Corona-Pandemie extrem schwer. Nachdem die Elektro-Kleinbusse bereits vor einem Jahr im April und Mai 2020 coronabedingt den Betrieb einstellen mussten, fiel nun auch der zweite Geburtstag ins Wasser. Bereits seit Weihnachten vergangenen Jahres stehen die meisten Fahrzeuge wieder ungenutzt in der Garage. Moia bietet derzeit im Auftrag der Stadt nur Fahrten zwischen 0.00 und 6.00 Uhr als Ersatz für den eingestellten HVV-Nachtbetrieb an. Dabei wurden im April bislang gut 17 000 Fahrgäste befördert, wie eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Eigentlich ist die Volkswagen-Tochter ganz andere Passagierzahlen gewohnt. "Insgesamt haben wir bis zur zweiten coronabedingten Einstellung unseres Services im vergangenen Dezember rund drei Millionen Fahrgäste befördert", sagte die Sprecherin. Moia war am 13. April 2019 zunächst mit 100 Fahrzeugen und einem Servicegebiet von 200 Quadratkilometern an den Start gegangen. Ohne Pandemie würden heute rund 330 Elektro-Kleinbusse rund 320 Quadratkilometer bedienen. Ursprünglich geplant waren bis Ende 2019 sogar rund 500 Fahrzeuge.

"Wir haben unseren regulären Betrieb in Hamburg und Hannover erneut vorübergehend eingestellt und Kurzarbeit angemeldet, um das Unternehmen und die Belegschaft vor den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie schützen", begründete die Sprecherin den neuerlichen Betriebsstopp im Dezember 2020. Die Kurzarbeit gelte für rund 900 Mitarbeiter der Moia Operations Germany GmbH, darunter rund 800 Fahrer. Wie schon im Frühjahr 2020 stocke Moia das Kurzarbeitergeld für die betroffenen Mitarbeiter auf 80 Prozent auf. Betriebsbedingte Kündigungen gebe es nicht.

Das Unternehmen versteht sich als Teil eines Netzwerks, das urbane Mobilität sicherstellt und auch über die App hvv switch buchbar ist. In der App bündelt Hamburg Mobilitätsangebote, von U- und S-Bahnen über Leih-Fahrräder, Mietwagen, Car-Sharing bis hin zu den Sammeltaxis. Der Benutzer soll mit einer einzigen Anwendung in seinem Smartphone den schnellsten und günstigsten Weg finden, ohne dabei ein eigenes Auto zu benötigen.

Moia ist weder Taxi noch Linienbus, sondern etwas dazwischen. Der Kunde, der die entsprechende App installiert hat und mit seiner Kreditkarte registriert ist, gibt seinen Fahrwunsch ein. Die App teilt ihm dann den Preis, den nächstgelegenen Haltepunkt und ein Zeitfenster für die Fahrt mit. Der Kunde wird nicht an der Haustür abgeholt, sondern muss zu einem virtuellen Haltepunkt in höchsten 150 Meter Entfernung gehen. Während der Fahrt können andere Passagiere aus- und zusteigen, die eine ähnliche Strecke zurücklegen wollen.

Chip-Krise: Volkswagen Slovakia stoppt Teil der Produktion

Infolge der weltweiten Knappheit an Mikrochips muss auch der Volkswagen-Standort in der Slowakei seine Produktion einschränken. Ab Donnerstag unterbricht Volkswagen Slovakia im Werk Bratislava die Herstellung seiner SUV-Modelle bis zum Freitag, 7. Mai. Die Kleinwagenproduktion läuft hingegen weiter, wie Firmensprecherin Lucia Kovarovic Makayova am Montag den Medien mitteilte. Schon vor einer Woche hatte sie bestätigt, dass Produktionseinschränkungen kaum zu vermeiden seien. Damals konnte sie aber noch keine Details zu Terminen und betroffenen Modellen nennen.

Der Standort Bratislava nimmt innerhalb des Volkswagen-Konzerns eine Schlüsselposition ein, weil dort Autos von fünf Marken zugleich hergestellt werden und das Werk bei Bedarf in der Lage ist, auch die Produktion anderer internationaler Standorte zu übernehmen. Derzeit bauen die rund 12 000 Mitarbeiter von Volkswagen Slovakia in der Hauptstadt Bratislava und zwei kleineren Standorten unter anderem den VW Touareg und Porsche Cayenne sowie Audi Q7 und Q8 zusammen sowie auch die Modelle Volkswagen Up, Seat Mii und Skoda Citigo.

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BRAUNSCHWEIG (dpa-AFX)

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