Marketing hoch 2 |
26.11.2013 14:09:01
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Vom ewigen Studenten zum Milliardär: „Mister Red Bull“ Dietrich Mateschitz
Brasilien, Sonne, Sieg. So mag es Dietrich Mateschitz. Der vierte Meistertitel in Folge an diesem Sonntag für seinen Fahrer Sebastian Vettel wird auf die Marke Red Bull abfärben, keine Frage. Doch während für den Marketingstrategen scheinbar alles glatt läuft, mehren sich kritische Stimmen am Konzept Red Bull.
Es gab Zeiten, da empfing der Herr mit dem silbergrauen kurzen Haar und der wetterfesten Bräune im Gesicht Journalisten wohlgelaunt in seinem Dosenimperium im österreichischen Fuschl am See. Die Türen zu den Büros standen offen, der heute 69-Jährige ließ sich in Denkerpose liegend auf einem Schreibtisch fotografieren und offenbarte seine tiefe Abneigung gegen Hierarchien in großen Firmen: „Wie ich das gehasst habe, im Grunde bin ich ein Revolutionär.“ Das war einmal.
Inzwischen spricht der Selfmademilliardär, wenn überhaupt, ausschließlich über die Erfolge seines Brausehauses, das im vergangenen Jahr einen Umsatz von fünf Milliarden Euro machte. Die weltweite Expansion in bislang über 160 Länder bezahlt der Chef aus der Firmenkasse: „Keine Bankschulden“, lautet seine Philosophie. Das funktioniert auch dank üppiger Margen: „Wir haben je nach Markt und Marktsegment einen sechs- bis zehnfachen Preisbonus gegenüber Coca-Cola“, erzählte der Marketingmann der Schweizer Zeitschrift „Bilanz“.
Da wundert es nicht, dass der private Kontostand des als charmanter Draufgänger beschriebenen Eheverweigerers stetig steigt. Sein Vermögen wird laut Forbes auf rund 5,5 Milliarden Euro taxiert, er rangiert damit auf Platz 162 der reichsten Menschen weltweit. Allein 2012 bekam der im steirischen Stürztal als Sohn einer alleinerziehenden Grundschullehrerin aufgewachsene Mann 110 Millionen Euro Gewinnausschüttung.
Flugzeuge, Hubschrauber, Prachtvillen, einsame Inseln — der passionierte Hobbypilot liebt es, im großen Stil einzukaufen. Im Hangar-7, direkt neben der Landebahn des Salzburger Flughafens, steht unter anderem eine Douglas DC-6 B, die einst dem jugoslawischen Staatspräsidenten Josip Broz Tito gehörte. In der Südsee besitzt der Multimilliardär das idyllische Eiland Laucala, in Österreich unter anderem das Renaissanceschloss Admontbichl und die ZwölfMillionen-Euro-Residenz Auhof direkt am Wolfgangsee.
Der rasante Aufstieg des Bummelstudenten (20 Semester) begann 1982. Als internationaler Vertriebsmanager des Zahnpastaherstellers Blendax saß er eines Abends an der Bar des Hongkonger Mandarin Oriental. In der „Newsweek“ stieß er auf ein Ranking der größten Steuerzahler Japans. Ganz oben ein gewisser Herr Taisho, Hersteller des Aufputschdrinks Lipovitan. Mateschitz war elektrisiert, sah enormes Potenzial für ein in Europa damals nahezu unbekanntes Segment.
Ein weiterer Zufall: Blendax-Geschäftspartner TC Pharmaceuticals produzierte einen Energydrink unter dem Namen Krating Daeng, auf Englisch: Red Bull. Mateschitz freundete sich mit Eignersohn Chalerm Yoovidhya an, veränderte ein wenig die Rezeptur und startete 1984 zusammen mit Chalerm und dessen Vater Chaleo die internationale Expansion.
Seine gesamten Ersparnisse von damals 350.000 Mark steckte der Unternehmer in die neu gegründete Red Bull GmbH. 49 Prozent hielt Mateschitz, 49 Prozent Chaleo Yoovidhya und zwei Prozent Eignersohn Chalerm, der diese nachträglich als „Puffer“ zwischen den beiden Machtmenschen bezeichnete.
Der Marshallplan des österreichischen Revoluzzers: Konzentration aufs Marketing, alles andere wird ausgelagert. Mit Studienfreund „Hansi“, dem Werber Johannes Kastner, kreierte „Didi“ den Slogan „Red Bull verleiht Flüüügel“ und die Identität des Energydrinks. Die besagt, dass der Mensch Extremes leisten kann, wenn er nur will. Das selbst gewählte Credo eines Mannes, dessen Mutter aufgrund ihrer Strenge von Mitschülern ‚Marterpfahl‘ genannt wurde.
Der Tod fliegt mit
Rund eine Milliarde Euro steckt Mateschitz jährlich in Marketingaktivitäten. Neben etablierten Sportarten wie Formel 1, Fußball oder Eishockey sponsert der Energielieferant auch rund 500 Extremsportler. Adrenalinsüchtige Menschen stürzen sich, unterstützt vom selbst ernannten Flügelverleiher, aus Flugzeugen, von Hochhäusern oder Berggipfeln, rasen tollkühn auf Skiern senkrechte Abhänge hinunter oder jagen in speziellen Anzügen mit 300 Stundenkilometern durch die Lüfte. Immer dabei: das Red-Bull-Logo.
Bereits acht Sportler verloren im Zusammenhang mit Red-Bull-Aktivitäten ihr Leben, darunter Basejumper Ueli Gegenschatz und Extremskifahrer Shane McConkey. Dass auch Red Bull das tödliche Berufsrisiko einkalkuliert, zeigt die 20-Sekunden-Verzögerung bei der Liveübertragung des Stratosphärensprungs Felix Baumgartners. Wäre er während seines 36 Kilometer langen Fallschirmsprungs gestorben, hätte man abschalten können.
Todesfälle kommentiert der Unternehmer mit Bedauern und dem Hinweis: „Red Bull unterstützt Menschen bei ihren Lebensträumen.“ Doch tatsächlich scheint es weniger um die Lebensträume anderer zu gehen als vielmehr um den eines besessenen Marketingmanagers.
„Nichts ist riskanter für eine Marke als geringes Interesse“, sagte Mateschitz der Nachrichtenagentur Bloomberg. Um auf allen Kanälen präsent sein zu können, bastelt der Brausemann an einem globalen Medienkonzern.
Die Macht der Medien
Zu Red Bull Media House gehören die Salzburger Heimatzeitschrift „Servus“, das Musiklabel Red Bull Records, der Salzburger Buchverlag Ecowin und der Fernsehsender Servus TV. Die Programmpolitik des mit vorsichtig geschätzten 50 Millionen Euro Budget ausgestatteten Senders ist nicht unumstritten.
Neben Liveübertragungen der Salzburger Opernfestspiele oder einer Dokumentation zum 95. Geburtstag des deutschen Altkanzlers Helmut Schmidt flimmern auch jede Menge Lifestyle- und Extremsport-Events des Dosenimperiums über den Bildschirm.
Eine spannende Story für Servus TV wäre das Gerangel um die Zukunft von Red Bull. Nach dem Tod von Mitgründer Chaleo Yoovidhya vergangenes Jahr wuchsen dem mit 51 Prozent zum Mehrheitsaktionär aufgestiegenen Chalerm Yoovidhya Flüüügel: „Ich habe geholfen, den Drink von null an zu entwickeln“, muckte der 61-Jährige nach 30-jährigem Stillschweigen plötzlich in einem Interview auf. „Manchmal musste ich mein eigenes Geld einsetzen, um die Firma zu stützen.“
Mateschitz kommentierte all dies nicht und agierte vermutlich hinter den Kulissen. Von dem in London lebenden Thai hat man zum Thema Red Bull nichts mehr gehört. Nun tourt der zum Nachfolger auserkorene Mateschitz-Sohn Mark durch die globale Red-Bull-Welt.
Ob Mateschitz tatsächlich mal seinem Filius die Leitung überlässt, ist noch nicht gesagt. Arbeiten müsste der 20-Jährige nicht mehr: Seit seinem 18. Geburtstag gehört ihm die Hälfte von Papas Vermögen.
Der Konzern
Das Reich der Dose ...
Der Energydrink-Hersteller Red Bull hat rund 9.000 Mitarbeiter in 165 Ländern. 100-prozentige Tochter ist Red Bull Media House inklusive der Zeitschrift „Red Bulletin“, der Heimatzeitschrift „Servus“ und des Fernsehsenders Servus TV. Dazu kommen die Formel-1-Teams Red Bull Racing und Scuderia Toro Rosso, das amerikanische Fußballteam Red Bull New York, der Hangar-7 am Flughafen Salzburg mit zahlreichen historischen Flugzeugen, Helikoptern und Formel-1-Wagen, die Flugzeugflotte Flying Bulls sowie Red Bull Air Race, eine Serie von Luftrennen. 2012 erzielte die Red Bull GmbH einen Umsatz von fast fünf Milliarden Euro.
Die Vita
... und sein König
Nach dem Marketingstudium an der Wiener Hochschule für Welthandel, das er erst nach 20 Semestern beendete, arbeitete Mateschitz für
Unilever, Jacobs Suchard und Blendax, bevor er 1984 Red Bull gründete. Sein Privatleben schirmt der aus der ländlichen Steiermark stammende 69-Jährige konsequent ab. Nur so viel ist bekannt: Seine 96-jährige Mutter wohnt mit im Luxusanwesen Maria Alm, derzeit ist er mit der 33-jährigen Touristikexpertin Marion Feichtner liiert. Sein 20-jähriger Sohn Mark stammt aus der Beziehung mit Anita Gerhardter, die heute Geschäftsführerin der von Mateschitz mit 700 Millionen Euro gesponserten Stiftung für Rückenmarksforschung Wings for Life ist.
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