Toyota mit Vorsprung 02.01.2015 06:34:48

Volkswagen steigert Belegschaft stärker als Umsatz

Deutschlands größter Konzern habe die Belegschaftgröße dieses Jahr spürbar stärker gesteigert als den Umsatz, teilten die Autoexperten der Universität Duisburg-Essen am Dienstag mit. Demnach legte die Mitarbeiterzahl um fast 4 Prozent auf rund 594 000 Menschen zu, der Umsatz aber nur um gut 1 Prozent. Die Erlöse hat die Uni dabei hochgerechnet. Nach neun Monaten lag das Umsatzplus zum Vorjahreszeitraum bei 1,4 Prozent.

"Der Tanker Volkswagen wird mit immer mehr Beschäftigten immer schwerer lenkbar", sagte Ferdinand Dudenhöffer, Chef der Autoexperten an der Hochschule. Weltmarktführer Toyota leiste mit 345 000 Beschäftigten, also nicht einmal 60 Prozent der VW-Belegschaft, denselben Absatz; nämlich rund 10 Millionen Fahrzeuge pro Jahr. Mit 336 300 Euro pro Kopf sei die Arbeitsproduktivität im VW-Konzern 2014 um gut 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. "Das Effizienzproblem im VW-Konzern ist damit 2014 schlechter statt besser geworden", sagte Dudenhöffer.

Volkswagen hatte nach Weihnachten mitgeteilt, per November auf den Rekordwert von 593 631 Mitarbeitern angewachsen zu sein. "Volkswagen ist seit Jahren ein zuverlässiger und kraftvoller Beschäftigungsmotor in Deutschland, in vielen Ländern Europas und darüber hinaus", sagte Personalvorstand Horst Neumann. Die hohe eigene Wertschöpfung, die sogenannte Fertigungstiefe, ist bei Volkswagen immer wieder Thema.

Zuletzt hatte Konzernchef Martin Winterkorn den Finger in die Wunde gelegt und im Sommer vor Führungskräften gesagt, es müsse "dringend" über die heutige Fertigungstiefe gesprochen werden. Er forderte: "Wir müssen uns hier stärker auf Kernkompetenzen für die Mobilität von morgen fokussieren." Das bedeute auch, sich von Themen zu trennen, die Zulieferer profitabler fertigen könnten, sagte der Konzernchef.

Mit seinen fast 600 000 Mitarbeitern, von denen rund die Hälfte (46 Prozent) im Hochlohnland Deutschland arbeitet, gehört der VW-Konzern zu den größten Arbeitgebern der Welt. Zuletzt wuchs die Belegschaft um fast 2000 Stellen jeden Monat. Weltweit gibt es nur ganz wenige Unternehmen, die noch mehr beschäftigen, darunter die Handelskette Walmart und der Elektroriese Foxconn. In der Bilanz für 2013 nannte Volkswagen seine Mitarbeiter einen Garanten für die Zukunftsfähigkeit und einen "Schrittmacher des technologischen Fortschritts".

Bei Volkswagen haben die Arbeitnehmer auch aus historischen Gründen ungewöhnlich starke Mitbestimmungsmacht. So gelten Wirtschaftlichkeit und Beschäftigung als gleichrangige Firmenziele. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh hatte am Dienstag in der "Wolfsburger Allgemeinen Zeitung" angekündigt, dass der Autobauer auch Anfang 2015 wieder Hunderte Leiharbeiter in die Stammbelegschaft übernehmen werde - trotz eines jüngst aufgelegten milliardenschweren Sparprogramms. Osterloh warnte aber, die Übernahmepraxis sei kein Selbstläufer.

Unabhängig von der Frage, ob die große VW-Belegschaft und die damit verbundene große Fertigungstiefe nun eher Stärke oder Nachteil ist, sehen namhafte Branchenanalysten den VW-Konzern weiterhin auf klarem Erfolgskurs. So empfiehlt etwa NordLB-Autofachmann Frank Schwope die VW-Vorzugsaktie weiterhin zum Kauf mit einem Kursziel von 210 Euro - obwohl er ein zentrales Renditeversprechen des jüngsten Sparprogramms "dauerhaft für absolut nicht erreichbar" hält. Derzeit steht das VW-Papier bei rund 180 Euro. Max Warburton vom US-Analysten Bernstein Research hält sogar 260 Euro für das derzeit realistische Potenzial./loh/DP/stk

WOLFSBURG/DUISBURG (dpa-AFX)

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