Neue Konzernstrategie |
16.06.2016 17:07:45
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Volkswagen kündigt größten Konzernumbau der Geschichte an
Der Analyst Arndt Ellinghorst von Evercore ISI sagte anschließend, Volkswagen wirke entschlossen zu Veränderungen. Die Aktie des Konzerns könne nicht länger als "uninvestierbar" gelten. Aktienhändler reagierten auf die Strategie-Vorstellung gleichwohl gelassen. Ein Marktteilnehmer äußerte im Gespräch mit Dow Jones Newswires grundsätzliche Skepsis gegenüber langfristigen Unternehmensplänen. "Das sind meist hehre Ziele, die selten erreicht werden", sagte er. Der Kurs der Volkswagen-Vorzugsaktie lag am Nachmittag denn auch rund 3 Prozent und damit deutlich stärker als der Dax im Minus.
Volkswagen werde "daran arbeiten, Mobilität neu zu definieren", versprach Konzernchef Müller in Wolfsburg. Das noch zu gründende "Geschäftsfeld" für Mobilitätslösungen bezeichnete er gar als künftige "zweite Säule" des Unternehmens. Der Konzernteil soll laut Müller bald Dienste wie Robotertaxis, Carsharing und Transportlösungen anbieten.
Batterietechnik soll Kernkompetenz werden
Insgesamt plant Volkswagen nach den Worten von Müller, bis zum Jahr 2025 einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag in den Umbau des Konzerns zu investieren. Mit der Summe will Müller auch das Kerngeschäft, den Autobau, stark verändern: Volkswagen werde etwa die Batterietechnologie zu einer Kernkompetenz machen und dafür "alle strategischen Optionen gründlich prüfen", kündigte der Konzernchef an. Durch eine "Elektrifizierungsoffensive" werde Volkswagen zudem in den nächsten neun Jahren "mehr als 30 vollelektrische neue Fahrzeuge auf den Markt bringen".
Der Autokonzern kündigte zudem an, sich verstärkt um selbstfahrende Autos zu bemühen - und etwa Künstliche Intelligenz zu einem Kernthema für sich zu machen. Schon für den Wechsel der Dekade versprach Müller vollautonome Fahrzeuge mit einem von Volkswagen entwickelten Steuerungssystem.
Um das eigene Enwicklungstempo entsprechend zu steigern, plant der Autohersteller laut Müller "künftig stärker auf Zukäufe und Venture-Capital-Investitionen" zu setzen. "Wir geben uns nicht mehr der Illusion hin, alles besser zu können oder alles selbst entwickeln zu müssen", sagte der Konzernchef. Das bedeute einen Paradigmenwechsel, spare aber "viel Zeit und Geld". Eine Partnerschaft kündigte der Konzern auch für die Entwicklung eines Günstig-Autos an. Gespräche mit potenziellen asiatischen Mitstreitern seien in einem "fortgeschrittenen Stadium", sagte Müller.
Sparpotenzial von jährlich 8 Milliarden Euro
Auch darüber hinaus plant Volkswagen den Angaben zufolge deutliche Effizienzverbesserungen zur Finanzierung des Wachstums bei Zukunftsgeschäften. Sowohl die Sachinvestitionen als auch die Ausgaben für Forschung und Entwicklung wollen die Verantwortlichen des Autokonzerns erheblich senken - und damit den Ertrag nach eigenen Angaben "in signifikanter Höhe" steigern. Auf Nachfrage sprach Müller von einem Verbesserungspotenzial um jährlich rund 8 Milliarden Euro.
Vor allem die Marke Volkswagen soll sparen. Der Markenvorstand und der Betriebsrat arbeiteten dazu an einem "Zukunftspakt", sagte Müller. Vorgesehen ist nach den Worten des Konzernchefs auch, die Zahl von derzeit konzernweit rund 340 Modellvarianten zu reduzieren und statt mit bislang zwölf künftig nur noch mit vier Fahrzeugbaukästen zu arbeiten.
Im Mittelpunkt der Sparbemühungen steht zudem das Geschäft mit Komponenten - also Teilen, die viele andere Autohersteller von Zulieferern beziehen. Die Aktivitäten werde Volkswagen konzernweit bündeln, kündigte Müller an. Das gebe dem Geschäft "mehr unternehmerische Freiheit". Mit dem Vorhaben hat sich Müller nach Informationen von Dow Jones Newswires gegen Bedenken der Konzerntochter Audi durchgesetzt. Die dortigen Verantwortlichen verwiesen nach den Angaben von zwei informierten Personen auf die schon seit Jahren vergleichsweise niedrigen Kosten des Audi-Motorenwerks in der ungarischen Stadt Gyor - und warnten davor, dass eine Zusammenlegung der Komponentenwerke den konzerninternen Wettbewerb schwäche.
Details der Strategie kommen bis Jahresende
Müller versprach am Donnerstag zudem Veränderungen an der Unternehmenskultur. "Wir haben ohne Zweifel gravierende Schwächen", sagte er offenkundig auch angesichts des Skandals um manipulierte Abgaswerte. Es habe sich Selbstgefälligkeit "im Laufe der Jahre in unser Denken und Handeln eingeschlichen". Volkswagen werde nun "eine offene, werteorientierte, auf Integrität aufbauende Unternehmenskultur etablieren", sagte Müller zu.
Sowohl der Volkswagen-Betriebsrat als auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) lobten am Donnerstagnachmittag die Pläne. Volkswagen gehe mit seiner künftigen Strategie "die Herausforderungen Digitalisierung und Elektromobilität aktiv an", ließ sich Betriebsratschef Bernd Osterloh in einer Mitteilung zitieren. Er sprach sich ausdrücklich auch für die Zusammenlegung der Teilewerke aus. Dies sei ein "Schritt, um den Komponentenwerken der Marken die gleichen Möglichkeiten zu geben" wie sie ein externer Zulieferer habe. Ministerpräsident Weil sagte, der VW-Vorstand habe "die richtigen Schwerpunkte gesetzt". Sowohl Osterloh als auch Weil hatten über die Strategiepläne zuvor als Mitglieder des Konzernaufsichtsrats beraten.
Weitgehend offen ließ Konzernchef Müller am Donnerstag, ob Volkswagen plant, Konzernteile zu verkaufen. Das Unternehmen werde sein "Marken- und Beteiligungsportfolio in den kommenden Monaten mit Blick darauf prüfen, wo wir es noch optimieren können", sagte er. "Vorentscheidungen oder gar finale Beschlüsse" gebe es dazu nicht. Zwei mit den Überlegungen vertraute Personen sagten Dow Jones Newswires, etwa die MAN Diesel & Turbo genannte MAN-Tochter für große Motoren, der Motorradhersteller Ducati und die MAN-Tochter Renk stünden auf einer Liste von Verkaufskandidaten.
Die Details des Konzernumbaus wollen die Volkswagen-Chefs laut Müller in den nächsten Monaten erarbeiten. Bis zum Ende des Jahres werde der Konzern "das vollständige, auf Marken- und Funktionsbereiche heruntergebrochene und mit konkreten Maßnahmen und Zahlen unterlegte strategische Programm" vorlegen, versprach der Konzernchef.
DJG/hev/bam Dow Jones Newswires
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