IPO-Analyse |
13.10.2024 15:51:00
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Unternehmen vor dem Börsengang: So setzt sich eine IPO-Bewertung zusammen
Börsengänge wecken die Begierde nach schnellem Reichtum
Trotz dieser offensichtlichen Diskrepanz der verfügbaren Information greifen gerade sehr risikofreudige Investoren schon am Tag des Börsengangs nach den neu emittierten Aktien. Für diese bestimmte Art von Anlegern klingen nur wenige Szenarien befriedigender als die Idee, sich möglicherweise am nächsten Facebook, Amazon oder Apple zu beteiligen. Dieser Wunsch nach schnellem Reichtum sorgt dafür, dass einem Börsengang immer eine ganz spezielle Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Wie funktioniert eine effektive IPO-Analyse?
Nur weil ein Bekannter zur Zeichnung der Aktie rät oder der Konzernchef des zur Emission stehenden Unternehmens freundliche Interviews gibt, sollte man nicht investieren. Wie vor jeder anderen Investition auch, gehört es gerade bei einem Börsengang zur Pflicht des Anlegers nach nützlichen Informationen zum Unternehmen zu recherchieren. Denn ein Blick in den Geschäftsbericht, den Jahresabschluss und das Emissionsprospekt können die Gefahr einer möglichen Fehlinvestition merklich verringern.
Eine vernünftige Recherche ist Pflicht
Wer diese fundamentale Vorgehensweise jedoch als unnötig erachtet und trotzdem investiert, ist vielmehr ein Spekulant und weniger ein Investor. Natürlich besteht ein gewisses Problem darin, dass die Unternehmen, welche erstmalig an die Börse gehen, in der Regel keine lange Geschichte der Offenlegung von Abschlüssen haben. Für in Deutschland ansässige Firmen schafft hier jedoch der Bundesanzeiger Abhilfe. Aus der elektronischen Datenbank des amtlichen Verfügungsorgans der Bundesregierung können sämtliche offizielle Veröffentlichungen von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung eingesehen werden.
Die IPO-Bewertung hängt von der Gemütslage des Marktes ab
Wie bei jedem kommerziellen Geschäft hängt auch bei einem Börsengang der Preis pro Aktie von der Nachfrage des Marktes ab. Eine starke Nachfrage nach den Anteilsscheinen des Unternehmens führt folglich also zu einem höheren Aktienkurs. Wie stark die Nachfrage bei einem Börsengang ausfallen kann, hängt dabei immer auch von der allgemeinen Verfassung des Gesamtmarktes ab. So kann es durchaus vorkommen, dass zwei identische Unternehmen aufgrund der Gemütslage des Marktes sehr unterschiedliche IPO-Bewertungen erzielen. So brachten es diverse Dotcom-Firmen auf dem Höhepunkt der Tech-Blase um 2000 auf IPO-Bewertungen, welche sich jeglicher merkantilen Vernunft entzogen, nur weil der damalige Internet-Hype für eine hohe Nachfrage an derartigen Unternehmen sorgte.
Peer Group bietet einen Anhaltspunkt
Vor einem Börsengang sollte man als Investor auch einen Blick auf die Peer Group des Unternehmens werfen. Ein vernünftiger Branchenvergleich kann eine IPO-Bewertung deutlich vereinfachen, da wichtige Bewertungsmultiplikatoren als Vergleichsgrößen herangezogen werden können. Hierbei geht man davon aus, dass die Investoren bereit sind, einen ähnlichen Aufschlag für das neue Unternehmen in der Branche zu zahlen, wie sie das auch schon für ein bestehendes Unternehmen tun. Neben dem Branchenvergleich spielen aber auch die individuellen Wachstumsprognosen des Unternehmens eine wichtige Rolle für die Bemessung des Börsenwertes. Gerade bei jungen dynamischen Unternehmen entsteht ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung durch Wachstum, Diffusion und Expansion.
Das Hauptmotiv eines Börsengangs sollte nämlich gerade darin bestehen, mehr Kapital zu beschaffen, um weiteres Wachstum zu finanzieren. So hängt die IPO-Bewertung auch eng mit den Plänen und Prognosen der zukünftigen Expansionsstrategie des Unternehmens zusammen.
Anleger wertschätzen eine gute Story hinter der Firma
Natürlich spielen die quantitativen Faktoren, welche durch eine fundamentale Unternehmensanalyse ermittelt werden können, eine wesentliche Rolle für die Beurteilung einer Aktie und deren Börsengang. Allerdings sollte man auch die qualitativen Komponenten, welche nicht auf Zahlen und finanziellen Prognosen beruhen, nicht außer Acht lassen. Qualitative Faktoren wie zum Beispiel die Unternehmensgeschichte können je nach Marktlage ebenso aussagekräftig sein, wie die Umsatzprognose des kommenden Jahres. Gerade im Tech-Sektor ist oftmals festzustellen, dass eine gute Story des Unternehmens genügt, um die Investoren kurzfristig zu begeistern.
Aktien-IPOs sind tendenziell zu teuer
Trotz aller möglichen Bewertungsverfahren und Unternehmensgeschichten ist es wichtig, dass IPO-Investoren die Chancen und Risiken ihrer Anlage abschätzen können. Denn es kann durchaus möglich sein, dass die zur Schau gestellten Fähigkeiten des Unternehmens weit über den eigentlichen Marktfähigkeiten des Konzerns liegen. Des Weiteren sollte man sich vor Augen führen, dass Börsengänge mehrheitlich in sogenannten Bullenmärkten durchgeführt werden, also dann stattfinden wenn der Appetit auf Aktien relativ hoch ist. Diese Umstände lassen gerade Value-Investoren vor Börsengängen zurückschrecken. Denn in einem euphorischen Marktumfeld besteht ein größeres Risiko, dass der Hype eines IPO die Fundamentaldaten übertrifft.
IPO-Euphorie kann im Frust enden
Im Grunde unterscheidet sich die Bewertung eines Börsengangs nicht von der Beurteilung eines öffentlichen Unternehmens. Um keine schmerzhaften Buchverluste zu erleiden, sollten Investoren im Vorfeld einer Emission jedoch den Cashflow, die Bilanz und die Rentabilität des Geschäftsmodells in Bezug zu dem erwarteten Ausgabekurs der Aktie setzen. Natürlich ist auch das zukünftige Wachstum des Unternehmens entscheidend für den Preis der Aktie, jedoch sollte man hierbei einen nicht allzu hohen Multiplikator ansetzen. Zu große Wachstumsphantasien im Vorfeld eines Börsengangs können den Anleger im Nachhinein teuer zu stehen kommen. So mahnte auch schon Börsenlegende und Multimilliardär Warren Buffett Investoren zur Vorsicht und sagte: "Man sollte nicht bei einem dummen Spiel mitmachen wollen, nur weil es existiert."
Pierre Bonnet / finanzen.at
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