Warum Bitcoin als Wertspeicher in keinem diversifizierten Portfolio fehlen sollte. Jetzt lesen -w-
22.01.2017 09:57:42

Türkisches Parlament stimmt Einführung von Präsidialsystem für Erdogan zu

   ANKARA (AFP)--Das türkische Parlament hat in zweiter Lesung die umstrittene Ausweitung der Machtbefugnisse des Staatsoberhaupts gebilligt. 339 von 550 Abgeordneten stimmten in der Nacht zum Samstag der Änderung von 18 Verfassungsartikeln zu - das waren neun Abgeordnete mehr als die erforderliche Drei-Fünftel-Mehrheit. Damit machten die Parlamentarier den Weg für eine Volksabstimmung über die Verfassungsänderung frei, die im April stattfinden soll.

   Die Verfassungsänderung sieht die Einführung eines Präsidialsystems vor. Das Amt des Regierungschefs soll abgeschafft und dessen Befugnisse auf den Präsidenten übertragen werden. Dafür soll es künftig ein oder zwei Vizepräsidenten geben. Das Staatsoberhaupt soll künftig Minister ernennen und entlassen können, ohne dafür die Zustimmung des Parlaments einholen zu müssen. Der Staatschef soll zudem die Arbeit der Regierung leiten.

   In einer Sitzung, die bis in die frühen Morgenstunden dauerte, nahm das türkische Parlament schließlich die sieben letzten Artikel der geplanten Präsidialverfassung an und stimmte dann noch einmal für das gesamte Verfassungspaket. Es gab 142 Gegenstimmen. Möglich wurde das Ja-Votum durch eine Allianz der islamisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Staatschef Recep Tayyip Erdogan und der mit ihr verbündeten ultrarechten Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP).

   Regierungschef Binali Yildirim von der AKP sagte nach der Abstimmung im Parlament, nun habe das Volk das "letzte Wort" und treffe die "abschließende Entscheidung". Sein Parteifreund, Justizminister Bekir Bozdag, schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter, die "Tür einer neuen Ära in der Geschichte der Türkei" habe sich geöffnet. "Bei einem 'Ja' unserer Nation (bei der Volksabstimmung) wird sich diese Tür vollständig öffnen", fügte er hinzu.

   Erdogan stimmte seine Anhänger in einer Rede in Istanbul auf die nun zu leistende Anstrengung vor dem Referendum ein. "Ich bin überzeugt, dass ihr Tag und Nacht für die Kampagne arbeiten werdet", sagte er.

   Erdogan verfolgt das Projekt eines Präsidialsystems bereits seit seiner Wahl zum Staatschef 2014. Er stellte das Vorhaben jedoch zurück, nachdem seine Partei bei der Parlamentswahl 2015 einen schweren Rückschlag erlitten hatte. Erst nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli 2016 brachte Erdogan seinen Plan wieder in die Diskussion. Im Oktober gewann er dafür auch die Unterstützung des MHP-Vorsitzenden Devlet Bahceli.

   Die Opposition aus kemalistischer Republikanischer Volkspartei (CHP) und der linksliberalen, prokurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP) sieht in der Verfassungsänderung dagegen die Festschreibung einer autoritären Ein-Mann-Herrschaft. Nach dem gescheiterten Putsch wurden Erdogan-Gegner drangsaliert, verfolgt und ins Gefängnis geworfen, kritische Medien im Zuge des regelmäßig verlängerten Ausnahmezustands mundtot gemacht oder geschlossen.

   Türkischen Medienberichten zufolge besteht in Teilen der AKP die Befürchtung, dass die stark auf Erdogan zugeschnittene Verfassungsänderung der Partei am Ende auf die Füße fallen könnte. Denn sollte Erdogan eines Tages nicht mehr da sein und die Opposition das Staatsoberhaupt stellen, könnte sich das Präsidialsystem gegen die AKP wenden. Außerdem haben kurdische AKP-Abgeordnete Vorbehalte gegen das Bündnis mit den Ultranationalisten der MHP.

   Derzeit ist Umfragen zufolge ungewiss, ob es bei dem geplanten Referendum eine Mehrheit für die umstrittene Verfassungsänderung geben wird. AKP und MHP haben für den Fall einer Ablehnung bereits eine vorgezogene Parlamentswahl in Aussicht gestellt.

   Regulär soll die Verfassungsänderung nach der nächsten Parlamentswahl im November 2019 in Kraft treten. Erdogan könnte dann erneut Staatschef werden und möglicherweise bis mindestens 2029 im Amt bleiben. Unter Verfassungsrechtlern ist das allerdings umstritten.

   DJG/brb

   (END) Dow Jones Newswires

   January 22, 2017 03:26 ET (08:26 GMT)- - 03 26 AM EST 01-22-17

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!