Umsatz und Gewinn gestiegen |
23.11.2017 17:52:00
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thyssenkrupp-Aktie legt deutlich zu: Erwartungen übertroffen - vor allem bei Neuaufträgen
Vorstandschef Heinrich Hiesinger wertete die Entwicklung als Bestätigung seiner Strategie, thyssenkrupp zu einem Technologiekonzern umzubauen. "Wir haben beim Auftragseingang den besten Wert seit Beginn der strategischen Weiterentwicklung erreicht. Unsere Wachstums- und Ergebnisziele haben wir übertroffen", erklärte er.
Bis Ende nächsten Jahres will Hiesinger gegen den Widerstand der IG Metall das traditionsreiche europäische Stahlgeschäft abspalten und mit dem des Konkurrenten Tata Steel fusionieren. Im abgelaufenen Geschäftsjahr trennte sich der Konzern bereits komplett vom restlichen amerikanischen Stahlgeschäft. Hohe Abschreibungen bei dessen Verkauf führten wie erwartet dazu, dass der Konzern trotz einer 30-prozentigen Ergebnisverbesserung auf operativer Ebene unter dem Strich einen dreistelligen Millionenverlust verbuchte.
Im neuen Geschäftsjahr will Konzernchef Hiesinger das bereinigte EBIT im fortgeführten Geschäft deutlich auf 1,8 bis 2 Milliarden Euro steigern nach 1,72 Milliarden im abgelaufenen Jahr. Der Überschuss soll wie zuletzt über dem des Vorjahres liegen.
Zur Ergebnisverbesserung im abgelaufenen Jahr trugen maßgeblich das vor der Abspaltung stehende Stahlgeschäft und das Werkstoffgeschäft bei. Beide profitierten von einer Erholung der Preise. Das jeweilige operative Ergebnis legte um 74 sowie 143 Prozent zu. Anhaltend gut lief es im Komponenten- und im Aufzugsgeschäft, wo die Gewinne um 12 und 7 Prozent anzogen. Im Bereich Industrial Solutions mit seinen Großanlagen wirkten sich die schwachen Auftragseingänge der Vorjahre aus und ließen den Gewinn um zwei Drittel einbrechen.
Deutlicher voran als geplant kam thyssenkrupp mit seinem Effizienzprogramm Impact. Der Spareffekt belief sich auf 930 Millionen Euro, das sind 80 Millionen mehr als vorgesehen. Im neuen Jahr soll das Programm mit 750 Millionen Euro positiv zum Ergebnis beitragen.
Die Turbulenzen an den Rohstoffmärkten ließen den Free Cashflow wie erwartet massiv in den negativen Bereich rutschen. thyssenkrupp gelang es dafür die Nettofinanzverschuldung um 1,5 Millarden auf 2 Milliarden Euro zu drücken, unter anderem mit dem Erlös aus dem Verkauf des brasilianischen Stahlwerks CSA.
Seinen Aktionären will thyssenkrupp trotz des Jahresfehlbetrags von 649 Millionen Euro nach Dritten wie im Vorjahr eine Dividende von 15 Cent je Anteilsschein zahlen. Der Umsatz stieg um 9 Prozent auf 43 Milliarden Euro, das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern um 30 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro. Die EBIT-Marge fiel mit 4,4 Prozent um 0,7 Punkte besser aus als im Vorjahr.
Von Factset befragte Analysten hatten im Mittel mit 41,6 Milliarden Euro Umsatz, 1,77 Milliarden Euro EBIT, aber nur 600 Millionen Euro Verlust unter dem Strich gerechnet. Massiv daneben lagen sie beim Auftragseingang. Den hatten sie auf 41 Milliarden Euro geschätzt, tatsächlich verbuchte thyssenkrupp Neuaufträge für 44,3 Milliarden Euro.
Eine Trendwende zeichnet sich im zuletzt schwachen Geschäftsbereich Industrial Solutions ab. Hier stieg der Auftragseingang um fast 90 Prozent und übertraf damit den zuletzt verbuchten Umsatz klar.
thyssenkrupp peilt im 1. Quartal ein Drittel mehr operativen Gewinn an
thyssenkrupp peilt im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres etwa 400 Millionen Euro bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern an. Das geht aus einer am Donnerstag verbreiteten Präsentation des Essener Industriekonzerns hervor. Die Verbesserung soll insbesondere aus dem Aufzugs- und dem Stahlgeschäft kommen. Das Stahlgeschäft dürfte von einem weiter günstigen Marktumfeld profitieren, heißt es dort. Daneben seien operative Verbesserungen zu erwarten. Im Vorjahresquartal hatte der Konzern bereinigt 291 Millionen Euro im fortgeführten operativen Geschäft verdient.
Im Aufzugsgeschäft rechnet der Konzern damit, die Marge um 50 bis 70 Basispunkte steigern zu können, wobei es Gegenwind vom starken Euro gebe. Schwächer soll das Werkstoffgeschäft laufen. Gegenläufig zum positiven Marktumfeld entwickle sich hier der Produktmix. Relativ unverändert zum Vorjahr wird der Gewinn im Komponentengeschäft und Industrielösungen erwartet.
Auf Jahressicht erwartet thyssenkrupp Verbesserungen bei Umsatz und Ergebnis in allen Technologiebereichen, während zum Werkstoff- und Stahlgeschäft weniger klare Aussagen getroffen werden. Aktuell sei das Marktumfeld zwar günstig, langfristig aber schlecht abschätzbar. So dürfte sich das Stahlgeschäft, dass der Konzern in ein Joint Venture mit Tata Steel einbringen will, in etwa stabil entwickeln. Im Werkstoffgeschäft dürfte das bereinigte EBIT dagegen sinken.
Beim Sorgenkind Industrial Solutions mit dem Großanlagenbau und den Werften rechnet der Konzern mit einer Ergebnisverbesserung auf Basis signifikant steigender Umsätze. Die Rendite werde allerdings unter dem Zielkorridor bleiben. Im Komponentengeschäft dürfte der Umsatz mittel bis hoch einstellig wachsen, Kosten für den Hochlauf neuer Werke würden die Ergebnisverbesserung teilweise aber aufzehren.
In der Aufzugssparte rechnet der Konzern ebenfalls mit mittel bis hoch einstelligem Wachstum, die Marge von zuletzt 12 Prozent soll dabei um 50 bis 70 Basispunkte steigen.
Die Aktien des Industriekonzerns hatten ihre anfänglichen Verluste im Laufe des Handels abgeschüttelt und waren ins Plus gedreht. Sie notierten zum Börsenschluss im Xetra-Geschäft um 3,95 Prozent fester bei 22,79 Euro an der DAX-Spitze. Allerdings hatten sie jüngst mit einem Minus von mehr als 18 Prozent seit Mitte September auch stark unter Druck gestanden.
thyssenkrupp erwartet bald echte Verhandlungen mit Arbeitnehmern
thyssenkrupp-Arbeitsdirektor Oliver Burkhard ist optimistisch, für die geplante Fusion des Stahlgeschäfts mit Tata Steel eine Verhandlungslösung mit den Arbeitnehmervertretern erzielen zu können. Die Signale deuteten darauf hin, dass schon bald in der gemeinsamen Arbeitsgruppe verhandelt werden könne, möglicherweise schon am Freitag. An diesem Tag findet die fünfte Sitzung dieses Gremiums statt. Bisher sei nur sondiert und informiert worden.
Burkhard wertete die von der IG Metall kürzlich erhobenen 10 Forderungen als Anzeichen dafür, dass die Arbeitnehmerseite an Verhandlungen interessiert sei. Auch thyssenkrupp sei verhandlungsbereit, sagte er. Das schließe auch ein Eingehen auf die Forderungen ein, ließ er durchblicken.
Die Arbeitnehmervertreter hatten den bisherigen Verlauf der Verhandlungen als enttäuschend bezeichnet. Ex-IG-Metall-Chef Detlev Wetzel, der im Aufsichtsrat der Stahlsparte sitzt, drohte am Tag vor der Bilanzvorlage ganz offen in einem Zeitungsinterview damit, dem Joint Venture nicht zuzustimmen. Die Arbeitnehmerseite verlangt unter anderem langfristige Beschäftigungs- und Standortzusagen und befürchtet, dass es bei den in Aussicht gestellten Abbau von 2.000 Arbeitsplätzen nicht bleiben wird.
Konzernchef Heinrich Hiesinger sagte, angestrebt werde eine einvernehmliche Lösung mit den Arbietnehmern. Er verteidigte die geplante Fusion des Stahlgeschäfts trotz des guten Abschneidens der Sparte im zweiten Halbjahr. Das Geschäft sei sehr schwankungsanfällig. Von der Steigerung des bereinigten Betriebsgewinns von etwa 100 Millionen Euro in der ersten Jahreshälfte auf 400 Millionen Euro in der zweiten dürfe man sich nicht blenden lassen.
Die strukturellen Probleme der Branche in Europa mit erheblichen Überkapazitäten im Flachstahl seien geblieben. "Wir sind überzeugt, dass Konsolidierung notwendig ist", sagte er. Nur mit einem Zusammenschluss bekomme der Bereich eine nachhaltige Zukunftsperspektive. Der Zusammenschluss schaffe trotz des unvermeidbaren Abbaus von 2.000 Stellen Sicherheit für einige Zehntausend Mitarbeiter.
Finanzvorstand Guido Kerkhoff trat Befürchtungen entgegen, mit dem Stahl-Joint-Venture komme es zu einer Bad Bank. Das Gemeinschaftsunternehmen sei trotz der Schulden aus Pensionslasten beider Seiten "ganz klar tragfähig".
Bis Ende nächsten Jahres soll das Joint Venture stehen. An diesem Zeitplan hielt Hiesinger fest. Derzeit laufe die Due Diligence. Allerdings gehe beim Zeitplan Sorgfalt vor Schnelligkeit.
FRANKFURT (Dow Jones)/dpa-AFX
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