Konzept nicht verstanden? |
18.07.2022 22:15:00
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Tesla-Aktie aus ESG-Fonds gestrichen: Analystin wirft Musk vor, die ESG-Richtlinien nicht zu verstehen
• Tesla flog im Mai aus bedeutsamen ESG-Fonds wegen Versäumnissen bei Unternehmensführung
• Erfüllung der ESG-Kriterien ist Definitionssache und sorgt oft für Verstimmungen
Elon Musk ist ein Mann, der polarisiert. Einige Tech-Enthusiasten bezeichnen sich selbst stolz als Jünger des Tesla-CEOs und verfolgen seine Aktionen und Meinungen Tritt auf Tritt; andere kritisieren ihn - oder fürchten ihn gar. Rebecca Minguela ist als CEO des Unternehmens für künstliche Intelligenz Clarity in einer ähnlichen Branche wie Musk tätig, nimmt aber eine differenziertere Haltung sein. Sie bestreitet weder Musks Intelligenz noch sein Können - aber macht einen großen Fehler in seinem Denken aus.
Minguela: "Musk denkt, ESG ginge nur über das Klima"
In einem Interview mit "CNBC" Anfang Juli ging Rebeca Minguela auf die "Verwirrung" ein, die rund um die Richtlinien der Klassifizierung ESG (Abkürzung für Environmental, Social, and Governance) herrsche. "Viele Investoren glauben, dass es nur um die Auswirkungen auf das Klima geht", sagte sie. "Nicht nur 'viele Investoren' - sogar Elon Musk hat darüber getwittert", so die Tech-Chefin. Minguela betrachtete eine solche Sichtweise als reduktionistisch - neben Klima (Environmental) sind gleichbedeutend auch soziales Engagement (Social) und die Charakteristika der Unternehmensführung (Governance) wichtige Parameter, an denen sich ein Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit messen lassen muss.
Tesla flog im Mai aus ESG-Fonds raus
Der Hintergrund von Minguelas Kritik: Mitte Mai 2022 wurde der Elektroautohersteller Tesla aus dem ESG-Index von S&P 500-Unternehmengestrichen. Der S&P 500-ESG-Fonds gilt als der größte Nachhaltigkeitsfonds der Welt, weshalb Teslas Rauswurf als größter Elektroautohersteller für zahlreiche Kontroversen sorgte. So konnte die Starinvestorin und Tesla-Anhängerin Cathie Wood die Ausscheidung Teslas aus dem ESG-Fonds keineswegs nachvollziehen, sie bezeichnete die Entscheidung sogar als "lächerlich".Musk pöbelte wegen ESG-Rauswurf auf Twitter
Als Reaktion auf den Rauswurf twitterte Musk, dass ESG "ein Betrug" sei, der "von falschen Kriegern der sozialen Gerechtigkeit als Waffe eingesetzt wurde". Seiner Meinung nach sollte sich die ESG-Analysten vor allem auf die Klimaverträglichkeit von börsennotierten Unternehmen konzentrieren, auf diesem Gebiet sieht er seinen Konzern als führend an. Ganz im Gegenteil zu ExxonMobil, schreibt der Tech-Milliardär im selben Beitrag auf Twitter. Musk könne nicht verstehen, warum "ExxonMobil als einer der zehn besten Unternehmen der Welt im Bereich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) vom S&P 500 eingestuft wurde, während Tesla es nicht auf die Liste geschafft hat. Der Öl- und Gas-Supermajor ist als einer der 'Top-10-Bestandteile nach Indexgewicht' aufgeführt", schreibt Musk in ungläubigem Tonfall.
Tesla kritisiert die ESG-Richtlinien
Nicht nur Musk, sondern auch das Unternehmen Tesla griff die ESG-Richtlinien bereits häufiger scharf an. Im Rahmen des alljährlichen "Impact Report" schrieb der US-Konzern 2021: "Die derzeitigen ESG-Bewertungsmethoden sind grundlegend fehlerhaft. Um den dringend notwendigen Wandel zu erreichen, müssen ESG-Methoden weiterentwickelt werden, um die Auswirkungen in der realen Welt zu messen. Die derzeitige Umwelt-, Sozial- und Governance-Berichterstattung (ESG) misst nicht den Umfang der positiven Auswirkungen auf die Welt", heißt es weiter. "Stattdessen konzentriert sie sich auf die Messung des Dollarwerts von Risiko und Rendite. Einzelne Anleger - die ihr Geld ESG-Fonds großer Investmentinstitute anvertrauen - sind sich vielleicht dessen nicht bewusst, dass sie mit ihrem Geld Aktien von Unternehmen kaufen können, die den Klimawandel verschlimmern, statt ihn zu verbessern."
Minguela: Alleinige Konzentration auf Klima Teil eines "breiteren Problems"
Dieses Statement beweist die Richtigkeit von Menguelas Aussage, dass Tesla hinsichtlich der ESG-Regeln die Klimagerechtigkeit besonders hervorhebt. Tesla sei aber kein Einzelfall, meint die Tech-Expertin. In ihrem Interview mit "CNBC" argumentierte Minguela, dass die Reaktion von Musk auf ein breiteres Problem hinweist, das mit den Ansichten der Menschen darüber zu tun hat, wofür ESG eigentlich steht. "Elon Musk könnte gedacht haben, dass ESG die Klimaauswirkungen misst", sagte sie. "Und deshalb war er besorgt darüber, dass Tesla aus dem ESG-Nachhaltigkeitsindex herausfällt und Exxon in diesem Index ist. Aber das ist ein guter Beweis [dafür] (...), dass Elon Musk nicht versteht, was ESG bedeutet. Und er ist ein unglaublich kluger Mensch, oder? Ich nehme also an, dass, wenn ihm das passiert, das auch vielen anderen Investoren passiert. Deshalb ist es so wichtig, dass sie Instrumente und ein besseres Verständnis dafür haben, was ESG wirklich bedeutet und was die verschiedenen Rahmenwerke zu messen versuchen", unterstreicht Minguela.
ESG-Richtlinien sorgen allgemein für viele Kontroveresen
Insgesamt erscheint es angesichts äußerst unterschiedlicher Meinungen rund um das Thema nachhaltiges Investieren jedoch sehr schwierig, einen Kompromiss über die einzelnen Bestandteile der Definition von "Nachhaltigkeit" zu erzielen. Beispielsweise definiert die regierungsabhängige British Business Bank ESG als "Sammelbegriff für die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt und die Gesellschaft sowie dafür, wie solide und transparent die Leitung in Bezug auf Unternehmensführung, Managergehälter, Audits, interne Kontrollen und Aktionärsrechte ist."
Fakt ist also, dass neben der Klimakomponente auch die soziale Verantwortung und transparente Unternehmensführung eine große Gewichtung haben. So war es neben der fehlenden Low-Carbon-Strategie besonders auch die "problematische Unternehmensführung", mit der die zuständige Kommission den Rauswurf Teslas aus dem Fonds begründete. Ob diese Entscheidung gerechtfertigt war, kann angesichts der Vielschichtigkeit des Nachhaltigkeitsbegriffes nicht allgemeingültig beantwortet werden. Generell werfen Kritiker vielen Unternehmen "Greenwashing" vor, um den Ruf aufzubessern und um einen Platz in den begehrten ESG-Fonds zu erhalten.
Redaktion finanzen.at
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