24.04.2016 20:32:37
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Südwest Presse: LEITARTIKEL · FDP
Ulm (ots) - Zumindest vorläufig ist die FDP dem Parteientod von
der Schippe gesprungen. Zwar müssen die Liberalen bis zur endgültigen
Wiedergeburt auf Bundesebene bei der Wahl 2017 noch eineinhalb Jahre
Durststrecke überwinden. Aber in aktuellen Umfragen sehen sie die
Demoskopen immerhin bei stabilen sieben Prozent. Sie werden wieder
von vielen Wählern positiv zur Kenntnis genommen, nachdem sie es sich
bei ihnen 2013 gründlich verdorben hatten. Dennoch klingt es nach
Übermut, wenn sich die FDP vornimmt, bei der nächsten Bundestagswahl
stärker zu sein als die AfD. Dieses Ziel, das Parteichef Christian
Lindner vor dem Bundesparteitag formulierte, hat er zwar auf dem
Delegiertentreffen in Berlin nicht wiederholt, sehr wohl aber sein
Stellvertreter Wolfgang Kubicki. Die Liberalen seien das Gegenmodell
zur AfD: "Wir wollen Mut machen, keine Angst verbreiten." Damit
grenzt er sie geschickt positiv ab: Da ist eine Partei, die nicht nur
das Erreichte bewahren, sondern zu neuen Ufern aufbrechen will. Die
etwa die Herausforderungen der Digitalisierung als Chance und nicht
als Gefahr begreift. Die nicht auf alles mit Verboten und Gängelung
der Bürger reagiert, sondern mit dem Ruf nach Freiheit, wenn auch in
Grenzen. Jede Partei muss sich ehrgeizige Ziele setzen, sonst kann
sie es gleich lassen, sich um die Gunst der Wähler zu bemühen. Dabei
muss sie allerdings realistisch bleiben. Die FDP hat gut daran getan,
der AfD den rechten Rand nicht abspenstig machen zu wollen, sondern
sich als freiheitliche und europafreundliche Alternative zu
positionieren. In einem geschickten Erneuerungsprozess haben sich die
Liberalen auf die Themenfelder der Zukunft verständigt, die sie
besetzen wollen, von der Offenheit für Fortschritt über die Liebe zur
Freiheit bis zu fairen Spielregeln. Nie wieder auf nur ein Thema
festlegen wie Steuersenkungen, hat Lindner aus der schmerzlichen
Pleite 2013 gelernt. Das war zwar zeitweise das Erfolgsrezept von
Guido Westerwelle, aber letztlich ein Irrweg. Doch wo der heutige
Parteichef inhaltlich einen anderen Weg geht, macht er personell das
gleiche: Die FDP ist ganz auf ihn fixiert. Er ist die FDP. Das ist
zwangsläufig bei einer Partei, die als außerparlamentarische
Opposition versuchen muss, Gehör zu finden. Es birgt aber auch das
Risiko, sich zu schmal aufzustellen. Wenn der Kapitän gravierende
Fehler macht, gerät das Schiff leicht in Seenot. Zu den
gefährlichsten Klippen gehört die Frage nach der
Regierungsbeteiligung. Die FDP wolle sich nie mehr in die Rolle einer
reinen Funktionspartei bringen lassen. "Wir sind eine
Überzeugungspartei", bei diesem Versprechen Lindners fühlt sich
mancher an seinen Vorgänger Philipp Rösler erinnert, der das bei
seinem Amtsantritt auch geschworen hatte, um dann vor der
Bundestagswahl um Leihstimmen zu betteln. Nach den Landtagswahlen
haben die Liberalen in Baden-Württemberg den Lockungen widerstanden,
in eine Ampelkoalition einzusteigen - im Gegensatz zu ihren Kollegen
in Rheinland-Pfalz. Dort sind zwar die Mehrheitsverhältnisse anders.
Aber es muss sich erst noch erweisen, ob die SPD-Ministerpräsidentin
Malu Dreyer der FDP Luft für Erfolge lässt oder sie wie schon die
Grünen an die Wand drückt. Union und SPD bieten der FDP viele
Chancen, sich bei Wählern zu etablieren, die vieles in der
Regierungspolitik für falsch halten, aber nicht einfach einer
Protestpartei wie der AfD nachlaufen wollen. Die größte Gefahr sind
übertriebene Zuversicht und interne Querelen. Übertriebene Zuversicht
wäre gefährlich
OTS: Südwest Presse newsroom: http://www.presseportal.de/nr/59110 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2
Pressekontakt: Südwest Presse Ulrike Sosalla Telefon: 0731/156218
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