Situation heute ähnlich |
02.05.2017 17:55:00
|
10 Jahre Krise: Finanzexperte sieht aktuelle Parallelen
"2006 war ein von weltweiter Zinsstraffung geprägtes Jahr. Schon 2004 hatte die US-Notenbank als Reaktion auf das solide Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und eine leicht beschleunigte Inflation damit begonnen, die Zinsen zu straffen. Weltweit wuchs das BIP mit einer Rate von im Schnitt 5 Prozent pro Jahr, gemessen in den drei Jahren bis Ende 2006", erläutert Fidelity-Rentenfondsmanager Ian Spreadbury.
Sowohl an den Anleihen- als auch den Aktienmärkten sei damals die Volatilität so niedrig wie selten gewesen, was auch für die Risikoaufschläge (Spreads) von Unternehmensanleihen galt. Aktien tendierten fest. Hochzinsanleihen waren mit einem Ertrag von rund 10 Prozent die festverzinsliche Anlageklasse mit der besten Wertentwicklung - ungeachtet unübersehbarer Anzeichen einer Verschlechterung ihrer Kreditqualität und Sorgen über hohe Aktienrückkäufe und Event-Risiken.
"Zweifellos nehmen die systemischen Risiken wieder zu, und zumindest an den Staatsanleihemärkten scheinen Anleger die Wachstumsrisiken wahrzunehmen", so der Finanzexperte.
Aber es gibt auch Unterschiede zur Situation vor zehn Jahren. So sei etwa das weltweite BIP-Wachstum heute mit rund 3 Prozent deutlich niedriger. Darüber hinaus, und das scheine noch wichtiger zu sein, setze das Nominalwachstum seinen Abwärtstrend fort und bewege sich auf den tiefsten Stand seit den 1930er Jahren zu - all den Billionen an quantitativen Lockerungsmaßnahmen und den ultraniedrigen Zinsen zum Trotz.
Im Gegensatz dazu hätten sich die strukturellen Faktoren verstärkt, die damals die Kreditklemme nach sich zogen: Allen voran die im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt weltweit hohe Verschuldung, die Alterung der Bevölkerung und die Vermögensungleichheit. Tatsächlich habe das Verhältnis von Verschuldung zu BIP weltweit wieder den hohen Stand von 2006 erklommen. Damit sei die Schuldenblase zurück. Lediglich ihre Zusammensetzung sei anders als vor der großen Finanzkrise.
Drittens sei die realisierte wie implizite Volatilität derzeit extrem niedrig. "Im Gegensatz zu 2006/07 haben wir es gegenwärtig aber mit weltweit hohen wirtschaftspolitischen Unsicherheiten zu tun, mit denen die erhebliche Gefahr politischer Fehlentscheidungen einhergeht", so Spreadbury. So könnte der Optimismus rund um die vom neuen US-Präsidenten Donald Trump geschürte Reflation fehl am Platz sein, denn inzwischen zögen die Kreditkonditionen und auch die Zinsen, Hypothekenzinsen eingeschlossen, in den USA wieder an. Zugleich lege der Dollar zu, und die quantitativen Lockerungsprogramme werden gedrosselt.
"Anleger sollten die Risiken an den Märkten zur Kenntnis nehmen und ihre Portfolios breiter aufstellen, statt ausschließlich auf die Rendite zu schauen. Auch wenn es noch eine Weile dauern könnte, bis die Blase platzt, ist Vorsicht immer noch besser als Nachsicht", rät der Anlageexperte.
(Schluss) ggr/tsk
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links: